Fremde Schiffe
Steppenkrieger sind von ihren Tieren so unzertrennlich, dass wir sie als eine Kreatur ansehen. Dennoch sind es zwei und jede hat ihre eigenen Bedürfnisse.«
»Weiter.«
»Vor der Eroberung des Festlands gab es auf den Inseln keine Cabos, daher sehen wir sie nicht so wie unsere Kaggas. Aber während meiner Zeit in Chiwa besaß ich eine ganze Herde Cabos und benutzte sie oft.«
»Damals ist eine gute Reiterin aus dir geworden«, meinte Gasam. Er ritt ungern und zog es vor, sich auf eigenen Füßen fortzubewegen.
»Ich lernte, dass man sehr viel Weideland braucht, um Cabos zu halten. Wenn sie sich nicht wohlfühlen, sind sie während eines Feldzugs zu nichts nütze.«
»Wie viel Weideland?«
»Mehr als ein erwachsenes Kagga, ungefähr eineinhalbmal so viel.«
»Wirklich? Dabei sind sie kleiner als Kaggas.« Das Gespräch über Vieh fesselte Gasam, denn in alten Zeiten hatten sich die Shasinn um nichts anderes als ihre Herden und Kämpfe gekümmert.
»Aber wer verlangt von einem Kagga, dass es Tag für Tag, Meile um Meile rennt?«
»Stimmt.«
»Es sind elegante Tiere und die edelsten sind so gut gepflegt, dass sie beinahe zierlich wirken. Dennoch arbeitet kein anderes Tier so hart wie sie. Denk doch mal nach: Wenn der Reiter in den Krieg zieht, muss das Cabo sein Gewicht und den Sattel, die Waffen und die Ausrüstung tragen. Trotzdem soll es so schnell laufen, als renne es frei über die Steppe. Sein Hunger ist unglaublich. Um ihn zu stillen, braucht es Flächen, von denen wir nur träumen können.«
»Und was willst du damit sagen?« Gasams Verstand arbeitete langsam, aber er besaß die Ausdauer aller guten Hirten und folgte ihren Ausführungen aufmerksam.
Lächelnd beugte sie sich vor. »Geliebter, deine Armee besteht nur aus Männern und welches Tier ist so zäh wie der Mensch? Männer können bei jedem Wetter überall hingehen und mit wenig Nahrung und Wasser weite Strecken zurücklegen. Haels Truppen sind von ihren Cabos abhängig. Es gibt große Gebiete, die sie mangels Gras meiden müssen. Sie können auch nicht das ganze Jahr über reiten.«
Sie wurde immer aufgeregter. »Ich habe eingehend über die beiden großen Feldzüge Haels im Westen nachgedacht. Jedes Mal wartete er bis zur Regenzeit. Endlich weiß ich, warum! Er konnte nirgendwohin, ehe das Gras hoch genug stand, um die Cabos zu ernähren. Geliebter, von nun an planen wir unsere Feldzüge sehr sorgfältig, dann haben wir nie mehr etwas von ihm zu befürchten.«
Lange Zeit schwieg er und starrte in die Wellen. Dann lächelte er nachdenklich. »Ja. Ja, ich glaube, du hast Recht. Aber was machen wir in den Monaten, in denen das Gras wächst? Ihm bleibt mindestens die Hälfte eines Jahres für seine Feldzüge.«
»In dieser Zeit müssen wir in Städten leben. Ich weiß, es verletzt unseren Stolz und passt nicht zu uns, aber es muss sein. Diese mit Pfeilen bewaffneten Krieger können keine befestigte Stadt stürmen. Wenn wir während der Trockenzeit kämpfen, müssen wir zum Schluss eine große Stadt erobern und mit Beute und Vorräten füllen. Von den Mauern aus lachen wir die Steppenkrieger aus. Sie können nicht lange bleiben, denn wenn das Gras im Umkreis verzehrt ist, müssen sie abziehen.«
»Wir könnten es abmähen, ehe sie eintreffen«, sagte Gasam, der sich immer mehr für ihren Plan erwärmte. »Auch wenn mich der Gedanke schmerzt: Wir könnten es sogar abbrennen.«
»Wenn es nötig ist«, stimmte sie zu in dem Wissen, dass er ihrem Rat folgen würde.
Sein Blick verdüsterte sich. »Vielleicht ist es die einzige Möglichkeit, aber es wird nicht leicht sein, meine Krieger bei Laune zu halten, wenn sie sich hinter Mauern ducken müssen.«
»Es ist nicht für immer«, antwortete sie. »Höchstens für einen oder zwei Feldzüge. Mehr halten die Steppenkrieger nicht aus. Zwei nutzlose Unternehmungen und sie folgen Hael nie wieder. Wenn er noch lebt.«
»Er lebt noch«, erklärte Gasam bestimmt. »Ich würde spüren, wenn er tot wäre.«
Tagelang segelten sie entlang der Küste und folgten dem Vormarsch der Armee. Hinter der Seeschlange segelte eine Anzahl Frachter, die Beute und Vorräte transportierten. Sie legten regelmäßig an kleineren, von den Truppen eroberten Häfen an und nahmen weitere Ladung an Bord, damit die Krieger stets gut versorgt wurden. Andere Frachter segelten zwischen den Inseln und dem Festland hin und her, um immer neue Insulaner an Land zu bringen.
Eines Morgens war die Seeschlange der Armee ein Stück
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