Fremde Schiffe
Schilden auf sie zu. Ihre Reihe reichte bis an den Horizont.
»Aha, ein ganzes Regiment«, sagte Ansa. Wieder blickte er auf die verwundeten Flüchtlinge herab. Sie konnten die Gefangenen auf die Ersatzcabos laden. Für die Verletzten hatten sie keine Reittiere. Uluk hatte Recht: Sie würden bald sterben.
»Wir dürfen sie nicht länger leiden lassen. Tötet sie!« Messer blitzten auf und die Verwundeten rührten sich nicht mehr. In diesem Augenblick erstarb jeder Skrupel, den Ansa wegen des bevorstehenden Verhörs gehabt hatte.
Sie luden die Insulaner auf die Cabos und galoppierten davon, ehe sie den Gesang der nahenden Armee vernahmen.
Sie ritten bis zum Abend. Die Gefangenen lagen bäuchlings über den Rücken der Tiere. Anfangs ertrugen sie diese Demütigung mit Stolz und Gelassenheit, fanden aber bald heraus, dass es Schlimmeres als verletzte Ehre gab. Noch ehe sie mehr als zwei oder drei Meilen zurückgelegt hatten, war der Druck der harten Wirbelsäulen der Cabos gegen ihre Bäuche unerträglich. Bei jedem Schritt wurden die Köpfe der Männer auf und ab geschleudert und die Gesichter schlugen gegen die schweißbedeckten Flanken der Tiere. Schon bald hörte man lautes Stöhnen.
Uluk lachte schrill. »Das wird sie weich klopfen wie Fleisch, das man unter den Sattel legt. Heute Abend sind sie bereit für das Feuer.« Seine Kameraden stimmten in sein Gelächter ein. Ansa riss sich zusammen. Mitleid war für die Insulaner verschwendet. Einst war das Steppenvolk für seine Foltermethoden berüchtigt gewesen, aber König Hael hatte dem ein Ende bereitet. Seine Anhänger bewunderten ihn so sehr, dass sie willig dem Vergnügen entsagten, ihre Feinde zu quälen. Aber sogar Hael hatte erkannt, dass in Kriegszeiten hin und wieder grausame Methoden angewandt werden mussten, um einem Feind wichtige Informationen zu entlocken.
An jenem Abend wurden Eisen in das Feuer gelegt, auf dem sie ihr Fleisch brieten. Die Gefangenen, nach dem Ritt bereits halb tot, lagen kraftlos daneben und starrten mit schmerzverzerrten Gesichtern auf die glühenden Eisen.
Das Verhör dauerte nicht lange. Ansa stellte den Insulanern nur wenige Fragen und die Banditen erwiesen sich als so geschickt, wie sie behauptet hatten. Die Insulaner waren so schwach, dass keiner von ihnen länger als eine Stunde durchhielt. Ansa ließ sie zu Beginn des Verhörs trennen, damit sie unabhängig voneinander sprachen.
Den zweiten Grund für diese Trennung hatte ihn sein Vater vor langer Zeit gelehrt. Bei einem Verhör musste ein Krieger allein sein. Der Ehrbegriff eines Kriegers verlangte, in Gegenwart seiner Kameraden nicht das Gesicht zu verlieren. Auch ein durchschnittlicher Krieger war zu Heldentaten fähig, um sich nicht vor seinen Gefährten schämen zu müssen. Allein war ein Mann rasch zu zermürben. Das erwies sich auch heute als richtig.
»Es ist schrecklich«, sagte Ansa, der betrübt am Feuer saß und versuchte, den üblen Geschmack im Mund mit saurem Wein fortzuspülen.
»Du bist noch jung, Hauptmann«, versicherte ihm Uluk. »Du gewöhnst dich schnell daran.«
»So habe ich es nicht gemeint«, widersprach Ansa. »Es war notwendig und ich bereue es nicht. Ich rede davon, dass die Insulaner nicht von der Seuche befallen wurden, obwohl so viele ihrer Sklaven umkamen. Ich glaube, die Königin hat sich darauf verlassen, dass sie ebenfalls große Verluste erlitten. Nun, sie hatte keine andere Wahl. Sie musste in den Krieg ziehen.«
»Das stimmt.« Uluk nickte. »Mein Volk überlebte auch. Viele wurden sehr krank, hatten Krämpfe im Bauch und Durchfall, aber nur ganz wenige alte Menschen starben.«
»Seltsam, wie unterschiedlich die verschiedenen Rassen von der Seuche befallen werden«, bemerkte Ansa und sah in die züngelnden Flammen. »Ich bin zur Hälfte Shasinn. Vielleicht blieb ich deshalb verschont.«
»Das ist eine Angelegenheit der Geister«, meinte Uluk. »Du solltest dir darüber nicht den Kopf zerbrechen. Sei froh, dass du noch lebst. Vielleicht bist du der Nächste, der stirbt.«
»Weise Worte. Aber ich habe schlimme Vorahnungen. Und das hat nichts mit Geistern, sondern mit Menschen zu tun.« Er schaute noch lange Zeit ins Feuer.
KAPITEL ACHT
K önigin Larissa fand, dass die Welt wieder in Ordnung war. Niemand hatte sich ihnen bei der Landung entgegengestellt und sie hatten die nördlichen Provinzen von Neva völlig überrascht. Ihre Krieger tobten sich nach Herzenslust aus, während das zweibeinige Festlandvieh in Scharen
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