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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Mädchen und reckte den Kopf, »da ist es viel wärmer als hier.«
    Die beiden Männer lachten. Dengler stand auf und verabschiedete sich.

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    Videosequenz bellgard4.mpg
    »... absolut albern, wie Auftragskiller im Film dargestellt werden. Dort treten sie auf, als wollten sie mit Gewalt die Polizei
     auf ihre Spur setzen. Zum Beispiel in dem Paten II. Robert de Niro bindet sich ein dickes Handtuch um die Hand, in der er eine Waffe hält. Dann geht er eine Treppe hoch, öffnet
     eine Tür und schießt einem Typen ins Gesicht. Ich meine, so geht's nun wirklich nicht. Oder in dem Spielberg-Film München. Da sprengen die Mossad-Leute gleich ein ganzes Appartment in die Luft. Überall lassen die Kollegen es krachen wie die Verrückten.
     In Nikita oder in Leon, der Profi. Da muss Leon nach der Arbeit noch durch einen Kamin flüchten. In Wirklichkeit geht dieses Geschäft anders. Ich knipse einen
     Schalter aus und niemand merkt es. Über meine Arbeit wird Spielberg keinen Film drehen. Schade eigentlich.
    Der Begriff ist schon Mist. »Killer« – das hat was Brutales an sich. Nichts Kunstfertiges. Nichts Elegantes. Nichts von einem
     spanischen Torero.
    Wahrscheinlich hat der Mord an John F. Kennedy die Filmleute versaut. Ich habe ja meine eigene Meinung über den Kennedymord.
     Aus meiner Perspektive. Aus einer Fachperspektive sozusagen. Ich hab viel darüber gelesen. Angeblich gibt es in den USA dreihundert
     Romane, die sich damit befassen. Einige davon hab ich gelesen. Am besten gefallen hat mir James Ellroy – Ein amerikanischer Albtraum, aber seine These glaub ich nicht. Er meint, die Tat sei ein Gemeinschaftswerk der CIA und der Mafia gewesen, weil sie wütend
     auf JFK waren, der ihnen Kuba nicht, wie versprochen, zurückgeholt hatte. Die vielen schönen Kasinos, die die Mafia dort hatte
     ...
    Wenn es wirklich Leute gewesen wären, die einen nahenZugang zu JFK hatten, dann hätten sie ihn auf meine Weise erlegt. Medizinisch. Unauffällig. Bis heute wüsste niemand, dass
     er ermordet worden ist. Nein, diese brutale, offene Art – das muss jemand von außen gewesen sein. Die neueste These behauptet,
     es sei der kubanische Geheimdienst gewesen. Das glaub ich auch. Als Rache für die Landung an der Schweinebucht oder weil Kennedy
     so oft versucht hat, Castro umzubringen.
    Aber ich komme vom Thema ab. Ich will über meine Arbeit erzählen.
    Nach meinen Ausbildungsjahren hatte ich Zugang zu den medizinischen Forschungen im militärischen Bereich. Und da tat sich
     eine ganze Menge. Am liebsten arbeite ich heute mit einem Mittel, das eigentlich einmal ein Schnupfenpräparat werden sollte,
     aber dann nach den ersten Tests schnell aus dem Verkehr gezogen wurde, weil es innerhalb weniger Stunden zur Bildung von Blutgerinnseln
     führt, die die Herzarterien verstopfen und einen Infarkt herbeiführen. Da die Substanz neu ist, gibt es noch keine Methode,
     sie im Körper nachzuweisen. Die Militärs prüften damals, ob sie schnell feindlichen Soldaten zugeführt werden kann. Ich weiß
     nicht, wie weit sie damit mittlerweile sind. Für meine Arbeit jedenfalls ist die Substanz ideal. Bisher hat sie immer fehlerfrei
     funktioniert.
    Das Schwierigste an meiner Arbeit ist nicht der medizinische, sondern der praktische Teil. Wie verabreiche ich das Mittel
     unauffällig? Hier kommt Ben ins Spiel, der mir alle Türen öffnet. Ich untersuche die hygienischen Gewohnheiten der Person.
     Nimmt sie Tabletten – dann ist es einfach. Ungern mixe ich was in die Zahnpastatube, denn dann muss ich ein zweites Mal hin,
     um die Tube wieder auszutauschen. Wenn ich genau weiß, was das Opfer isst, kann ich auch Lebensmittel nutzen. Aber da bleibt
     ein gewisses Risiko. Trinkt die Person den Rest Wein aus oder schüttet sie ihn weg? Isst sie den Joghurt heute oder morgen
     oder lässt sie ihn vergammeln?Isst jemand anderes aus der Familie den Joghurt? Das sind Risiken, die ich nur ungern eingehe. Man muss jemanden gut kennenlernen,
     bevor man ihn umbringen kann. Es müssen eine Menge Informationen gesammelt werden. Ich muss in die Nähe der Menschen, die
     ich anschließend töte – also in die Wohnung oder ins Büro oder ins Wochenendhaus. Und immer muss ich unsichtbar bleiben. Das
     ist die eigentliche Schwierigkeit in meinem Beruf. Nicht der medizinische Teil. Nicht das Vorbereiten einer Tablette. Das
     unsichtbar Anwesendsein – das ist die Kunst meines Handwerks. Und diese Kunst beherrsche ich perfekt ...«

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