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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Niemand.
    Er sieht der Limousine Kieslows nach, die sich in den Ring einfädelt und deren Rücklichter er bald nicht mehr von denen der
     anderen Autos unterscheiden kann. Hamburg. Er schließt die Augen und sieht im Geiste Dr. Landmann vor sich, der ihn zum Vorstandsvorsitzenden
     ernennt. In diesem Augenblick wird mir sogar der Mundgeruch desAufsichtsratsvorsitzenden wie Cool Water von Davidoff vorkommen, denkt er und geht zurück zu seinen Kriegern, die sich bereits die ersten Cohibas angesteckt haben.
    Die Hamburger Wasserwerke sind die ältesten öffentlichen Wasserversorger Europas. Gemessen an der Zahl der Kunden, ist es
     der drittgrößte Wasserversorger nach den Berliner Wasserbetrieben und dem Konkurrenten Gelsenwasser, der jedoch kein geschlossenes
     Versorgungsgebiet besitzt, sondern sich sein kleines Imperium aus verschiedenen Wasserwerken zusammengekauft hat. Das Leitungsnetz
     Hamburgs ist in einem vorbildlichen Zustand. Kaum Lecks im Leitungssystem. Nur vier Prozent des Wassers versickern. Ein exzellent
     geführtes Unternehmen.
    Crommschröder kennt die Maßnahmen in- und auswendig, die die VED nach der Übernahme des Unternehmens durchführen wird.
    Maßnahme 1: Sofortiger Stopp aller Investitionen in das Leitungsnetz.
    Die Krieger haben errechnet, dass ein Notfalldienst ausreichen wird, das Leitungsnetz aufrechtzuhalten. Wenn nichts mehr an
     den Rohren gemacht wird, müsste die Qualität des jetzigen Systems ausreichen, das Netz 15 Jahre lang stabil zu halten. Dadurch
     könnte man über 400 Stellen einsparen und einen dreistelligen Millionenbetrag für den VED einfahren. Vielleicht gelingt es
     allein durch diese Maßnahme, den Kaufpreis zu erwirtschaften.
    Maßnahme 2: Einstellung der Forschung, der Labore und der gesamten wissenschaftlichen Infrastruktur.
    Die Hamburger Wasserwerke befolgen das Minimierungsgebot der Trinkwasserverordnung. Dieses Gebot besagt, dass Wasserwerke
     verpflichtet sind, die bestmögliche Wasserqualität herzustellen–und Schadstoffe ständig zu minimieren. Die Hausjuristen der
     VED liefern Crommschröder schon bald eine juristische Handreichung, in der sie die Schlupflöcher dieser Verordnung aufzeigen.
     Falls der Coup gelingtund die VED die Hamburger Wasserwerke übernimmt, wird es in Hamburg kein Minimierungsgebot mehr geben.
    Maßnahme 3: Erhöhung der Wassergebühren.
    Trotz der ständigen Verbesserung der Wasserqualität haben die Hamburger Wasserwerke den Preis seit vielen Jahren gehalten.
     Wenn sich nach einer gewissen Übergangszeit die Gemüter beruhigt haben, wird die VED die Wasserpreise konstant erhöhen. Da
     es in Berlin gelungen ist, den Wasserpreis nach der Privatisierung um 15 Prozent zu erhöhen, sieht die Planung der Task Force Elbe im wohlhabenderen Hamburg eine Erhöhung um 30 Prozent vor, gestreckt auf zwei Jahre. Kurt Berger, sein engster Mitarbeiter,
     hält sogar eine Steigerung um 40 Prozent für durchsetzbar.
    Maßnahme 4: Umstellung auf Elbwasser.
    Das Hamburger Wasser kommt nicht wie früher aus der Elbe. Stattdessen fördern 480 Brunnen jährlich 120 Millionen Kubikmeter
     Wasser zum Teil aus sehr tiefen Wasserleitern, wo sich die vielfältigen Beeinträchtigungen der Wasserqualität noch nicht auswirken.
     Kurt Berger warf als Erster die Frage auf: Wenn die Londoner Wasser aus der Themse trinken und die Berliner Wasser aus Spree,
     Havel und dem Tegler See, wenn also die Bewohner dieser beiden Millionenstädte zum großen Teil von uns erstklassig wiederaufbereitetes
     Abwasser trinken – warum sollen die Hamburger dann nicht auch Elbwasser trinken?
    Crommschröder leuchtet die Idee sofort ein. Sie werden es, sagt er und löst damit eine Welle von Heiterkeit unter seinen Kriegern
     aus. Drei von ihnen machen sich sofort an die Arbeit. Durch die Umstellung auf die Nutzung von Oberflächenwasser der Elbe
     und die Einstellung der Tiefenbrunnen würde der Konzern nahezu eine Milliarde Euro Gewinn einstreichen können. Allein Monika
     Reiser, die einzige Frau im Team und zuständig für strategische Öffentlichkeitsarbeit, trägt Bedenken vor. Die Hamburger seien
     sehr stolz auf ihr Wasser, sagt sie. Seit 1964 werde aus Qualitätsgründen keinOberflächenwasser mehr verwendet, und die Wiedereinführung von Elbwasser werde möglicherweise als Rückschritt empfunden. Außerdem
     seien viele Grundstücke hoch mit Schadstoffen belastet. Allein die Deponie Georgswerder ...
    Crommschröder unterbricht sie: »Das ist Ihr Job. Sie verkaufen

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