Fremde Wasser
den Plan. Machen Sie ein Konzept.«
Monika Reiser schweigt und starrt auf den Schreibtisch. Sie scheint mit sich zu kämpfen. Für einen kleinen Augenblick herrscht
eine gefährliche Stille im Raum. Dann nickt sie. Okay, sagte sie, gebt mir drei Wochen. Alle sind erleichtert.
Sie ist wieder im Boot.
Maßnahme 5: Grundstücke und Immobilien veräußern.
Die Hamburger Wasserwerke gehören zu den größten Grundbesitzern der Stadt. Zwei der Krieger errechnen die genauen Werte noch.
Außerdem besitzen die Wasserwerke umfangreiche landwirtschaftliche Flächen im Nordosten von Hamburg, die sie bewusst an ökologisch
wirtschaftende Landwirte zu einem günstigen Preis verpachtet haben, um sicherzustellen, dass keine Pestizide ins Grundwasser
gelangen. Auch dieses Land wird die VED dann verkaufen, und es wird mit etwas Druck sicher möglich sein, einen Teil davon
in Baugrund umzuwandeln.
Hamburg wird ein riesiges Geschäft.
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Der Witwer
Dengler verließ die Rettungsstelle und wandte sich nach rechts. Er wollte ein wenig nachdenken. In einem gelb angestrichenen
Gebäude erkannte er die Bundesgeschäftsstelle der Grünen. Vor dem Haus war ein großer Fahrradständer angebracht, aber kein
Fahrrad stand darin.
Nach wenigen Schritten, auf der anderen Straßenseite, kam er am Bauministerium vorbei und erinnerte sich an seine Dienstzeit
bei der Sicherungsgruppe Bonn. Damals hieß dieses Ministerium bei den Beamten immer nur das Bundesbestechungsministerium.
Ob die Kollegen in Berlin es wohl auch so nannten?
Wenige Schritte daneben war das Bundeswirtschaftsministerium in einem Bau untergebracht, das ihn an eine alte Kaserne erinnerte.
Ein einsames Taxi stand dort, und Dengler stieg ein.
Auf der Rückfahrt geriet Dengler an einen Taxifahrer, der während der ganzen Fahrt nicht mehr aufhören wollte zu reden. Sein
Lieblingsthema waren die Graffiti in Berlin. Er habe ausgerechnet, dass in Berlin 12 Quadratkilometer mit Graffiti bedeckt
seien. Das müsse man sich mal vorstellen, dreimal so groß wie die Grundfläche der deutschen Hauptstadt. Nur Graffitis. Und
niemand unternehme etwas dagegen. Er würde jedenfalls jeden Sprayer sofort der Polizei melden, wenn er einen sähe. Aber er
sähe nie einen. Manche hielten das ja für Kunst, aber der Schaden für die Volkswirtschaft ... Kein Respekt vor dem Gesetz
... Im Osten hätten Recht und Gesetz noch was gegolten. Jeder hätte doch gewusst, dass Republikflucht strafbar gewesen sei.
Aber dann, wenn sie erwischt worden seien, sei das Gejammer groß gewesen.
Dengler hielt es nicht mehr aus.
Er bat den Fahrer zu halten, zahlte und stieg aus.
Keine Ahnung, wo ich bin.
Ein plötzlicher Regen setzte ein. Ein Lokal lockte mit ›Deutscher Küche‹. Dengler trat ein.
Drinnen war es dunkel. Die einzige Beleuchtung schienen die vier blinkenden Geldautomaten zu spendieren, die neben der Eingangstüre
hingen. Im Halbdunkel sah Dengler einige Tische. Nur zwei waren besetzt. Er setzte sich an einen leeren Tisch.
Eine wuchtige Frau in den Sechzigern mit weißer Schürze knallte wortlos eine Speisekarte vor ihm auf den Tisch. Dengler las
sie. Die deutsche Küche bestand aus Buletten, Currywürsten und paniertem Schnitzel. Er bestellte eine Tasse Kaffee.
Das Handy klingelte. Olga. Sein Puls beschleunigte wie ein Formel-1-Bolide.
»Georg?«
Ihre Stimme klang vorsichtig und zurückhaltend.
»Hmm.«
»Wo bist du?«
»In Berlin. Ich kümmere mich um den Fall, den der Heilige Antonius uns aufgetragen hat.«
Hoffentlich hat sie verstanden. Ich sagte, ›uns‹ aufgetragen hat.
»Das ist gut. Hast du etwas herausgefunden?«
»Eben habe ich mit der Ärztin gesprochen. Sie ist glaubwürdig. Und sie geht von einem normalen Herzinfarkt aus. 800-mal geschieht
das am Tag in Deutschland. Und dann eben auch irgendwann einmal im Bundestag.«
»Du glaubst nicht, dass es ein Verbrechen war?«
»Wahrscheinlich nicht. Ich sehe nirgends ein Motiv.«
Dann atmete er einmal tief durch und fragte: »Olga, was ist los?«
»Ich muss für eine Weile verreisen.«
»Warum hast du dich zurückgezogen? Von mir? Habe ich irgendetwas getan, was ...«
Sie unterbrach ihn.
»Nein. Es hat nichts mit dir zu tun, Georg.«
»Mit was dann?«
»Ich kann nicht darüber reden. Aber ich muss fort.«
»Brauchst du Abstand von mir?«
»Nein, ich sagte doch. Es hat nichts mit dir zu tun.«
»Sondern?«
Sie zögerte.
»Mit meiner Vergangenheit. Es ist ... Ich will
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