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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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..«
    Dengler wartete.
    »Nein, leider nicht.«
    Sie wischte sich die Tränen aus den Augen.
    »Weißt du, ich habe ihn ganz jung geheiratet.«
    Sie sprach leise weiter: »Heiraten müssen. Ich war noch fast ein Kind. Ich habe viele Jahre für ihn und seine Sippe gestohlen,
     bevor ich mir einen Pass besorgen konnte. Und dann bin ich abgehauen. Und jetzt war er wieder da. Er stand draußen vor dem Basta. Und winkte mit dem Zeigefinger. Komm her oder ich hol dich, hieß das.«
    »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    »Ich wollte ... will dich nicht mit hineinziehen. Leute wie er sind äußerst gefährlich.«
    »Leute? Wie viele sind es?«
    »Ich weiß es nicht. Aber er ist bestimmt nicht allein nach Stuttgart gekommen.«
    »Kennst du die anderen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich werde dich schützen, Olga. Niemand wird dir je etwas zuleide tun.«
    »Genau diese Reaktion habe ich befürchtet. Diese Leute sind gefährlich. Wenn ich dich da hineinziehe, bist du auch gefährdet.«
    »Und auf der Treppe?«
    »Ich habe mich so erschrocken. Ich dachte ...«
    »... er wäre es. Und was will er von dir?«
    »Typen wie er wollen immer das Gleiche. Geld. Geld. Geld. Wahrscheinlich will er mich dazu zwingen, wieder für ihn zu arbeiten.«
    »Zu stehlen?«
    Olga nickte.
    Er stand auf.
    »Niemand wird dich zu irgendetwas zwingen. Du bleibst in den nächsten Tagen in meiner Nähe.«
    Sie sah zu Boden.
    »Olga, ich bin fast erleichtert. Ich dachte, du wolltest mich verlassen.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Dengler spürte, wie sich eine große Welle der Erleichterung in ihm breitmachte.
    »Mit fremden Ehemännern habe ich Erfahrung. Das ist gewissermaßen mein Beruf.«
    Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte sie.
    Endlich.
    Zärtlich küsste er sie.

[ Menü ]
    Routineermittlungen
    Am Morgen frühstückten sie gemeinsam in Brenners Bistro. Dicke Wolken hingen am Himmel, aber immerhin regnete es nicht mehr. Sie bestellten Weißwürste. Dengler trank einen doppelten
     Espresso mit einem Schluck Milch, Olga ein Weißbier.
    Georg versuchte, von Olga eine Beschreibung ihres ehemaligen Mannes zu erhalten, doch ihre Ausführungen waren so ungenau,
     dass er sich kein Bild machen konnte. Auch zeichnen konnte oder wollte sie ihn nicht, und die alten Fotos hatte sie schon
     lange zerrissen. Ihm entging nicht, dass sie sich ständig umschaute, die Passanten genau musterte, die draußen die Brennerstraße
     hinauf- oder hinuntergingen.
    Was immer geschieht, ich werde sie beschützen.
    Einmal zuckte sie zusammen. Sofort folgte Dengler ihrem Blick auf die Straße. Ein groß gewachsener Mann in schwarzer Lederjacke
     und schwarzer Baumwollmütze kam die Straße hoch. Dengler wollte bereits aufstehen, als er Olgas Hand auf seinem Arm spürte.
     Sie schüttelte den Kopf.
    Der Mann ging vorbei, ohne den Blick von der Straße zu wenden.
    Georg berichtete ihr von seinem Besuch in der Charité und bei dem Witwer der Abgeordneten und erzählte, dass Schöllkopf eine
     Geliebte hatte, die ihn bedrängte, das Verhältnis öffentlich zu machen.
    »Das könnte ein Motiv sein, wenn auch ein schwaches«, sagte Dengler.
    »Geh der Sache nach«, sagte sie und nahm seine Hand.
    »Alles wegen dem Heiligen Antonius?«
    »Vielleicht brauchen wir beide seine Hilfe gerade jetzt.«
    Sie gingen zurück nach Hause.
    Als sie die Treppe zum Obergeschoss betrat, sagte Dengler:»Mir wäre es lieber, du würdest bei mir bleiben.«
    Olga nickte. Sie wolle nur ihr Buch holen, sagte sie und sprang die Stufen hinauf in den oberen Stock. Dengler holte aus seinem
     Büro eine dünne Anglerschnur, befestigte das eine Ende am Geländer, das andere wickelte er einmal locker um einen kleinen
     Nagel, den er in die Wand gegenüber drückte. Das zweite Ende führte er unter seiner Tür hindurch und band es an eine leere
     Rotweinflasche. Dann stellte er die Flasche auf ein Metalltablett.
    Sie wird einen Höllenlärm machen, wenn sie umfällt.
    Dann ging er zurück in den Flur, gerade noch rechtzeitig, um Olga die Schnur zu zeigen. Sie stieg vorsichtig darüber, setzte
     sich auf die Couch und las. Er ging in sein Büro. Die Tür ließ er offen.
    * * *
    Er brachte zwei Stunden damit zu, den Bericht über die Neubaubaupläne auf der Halbhöhe und die dazugehörige Rechnung zu schreiben.
     Während der Drucker beides ausspuckte, ließ er sich noch einmal die Pressebilder der toten Abgeordneten anzeigen. Er nahm
     die Szene in sich auf, die tote Frau, ihre zur Faust verkrampfte

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