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Fremde

Fremde

Titel: Fremde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gardner R. Dozois
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wichtig, daß du es verstehst!«
    Farber murmelte eine höfliche Zustimmung, ohne auch nur das Geringste zu verstehen. Als sie den Hof verließen – sie noch immer in Hochstimmung, er verwirrt und aufgewühlt –, sah er noch einmal zurück, gerade im rechten Augenblick, um die beiden Tänzer, die unter dem riesigen Kopf gesteckt hatten, darunter hervorkriechen zu sehen, wie Parasiten aus dem zerrissenen und gelähmten Körper ihres Wirtes krabbeln, und Farber bemerkte, daß die Gesichter der Tänzer nicht weniger verschlossen und fremd waren wie die bunten Masken des großen Totems, hinter dem sie gesteckt und mit dem sie umhergegeistert waren, das sie sich bemüht hatten, mit Leben zu erfüllen, einem Leben, das nur für wenige hingebungsvolle, flüchtige und völlig transzendente Sekunden Wirklichkeit geworden war.
     
    Hüfte an Hüfte, dicht aneinandergedrängt wegen der Abendkälte, wanderten sie zurück zur Enklave, während um sie herum schimmernde Pastell-Laternen wie durchscheinende Feuerfliegen in der fremden Nacht aufleuchteten.

5
     
    Ekstase ist vielleicht ein zu gewaltiges Wort im Zusammenhang mit Sex oder auch Liebe, aber diese Nacht war das größte sexuelle Erlebnis, an das Farber sich erinnern konnte, süß, heiß und schön; sie waren abwechselnd zart und heftig, ausschweifend und angenehm melancholisch – und schließlich sanken sie gemeinsam in einen sanften, dunklen Schlaf, wie Zwillinge, die sich in einen Ozean aus Staub und Federn gleiten lassen.
    Als Farber erwachte, war es in der kalten und bitteren Stunde kurz vor der Morgendämmerung. Liraun löste sich gerade leise von ihm, um ihn zu verlassen. Er spürte ihre Weiche und Wärme von seiner Haut fortgleiten, fühlte die kühle Luft an der leeren Stelle, so daß er plötzlich dort nackt war, wo vorher Haut ihn angenehm gekleidet hatte. Farber öffnete die Augen. Er beobachtete ihr Gesicht, leuchtend wie ein Mond in der Dunkelheit, wie es sich über ihn erhob, sich von ihm fortzog, von ihm fortzufallen schien wie ein Raumschiff von einem kreisenden Satelliten auf die bronzene Scheibe des Heimatplaneten zu, wie ein winziger phosphoreszierender Fisch, der in die lebendige Dunkelheit des Meeres fortschwimmt. In ihm schwoll etwas Schmerzhaftes, Komplexes auf, drückte ihm die Kehle zu und brannte hinter den Lidern. Unfreiwillig begann seine Stimme zu reden – sonderbar klangen die Worte durch den stillen Raum –, und er hörte, wie er Liraun bat zu bleiben, bei ihm zu bleiben, mit ihm zu leben, ihn niemals zu verlassen …
    Lirauns Gesicht wurde leer, als sei etwas daraus verschwunden, davongeflogen, wie die Fasanen in die nasse deutsche Nacht geflogen waren. Sie antwortete nicht, wollte nicht. Während er sie anflehte, ihm zu sagen, was nicht in Ordnung sei, zog sie sich an, bewegte sich steif und mechanisch, und ihre sonst flinken Finger fummelten unbeholfen an den Verschlüssen. Das Gesicht blieb kalt und leer wie Wachs. Sie blickte ihn nicht an. Als sie fertig angezogen war, wanderte sie ziellos durch das Apartment, ging erst in die eine, dann in die andere Richtung wie ein gefangenes Tier. Farber war jetzt auf den Beinen, versuchte, sie zu berühren, sie zu halten, doch sie fegte an ihm vorbei, als existiere er gar nicht. Zitternd blieb sie einen Moment lang stehen, die Augen glasig und blind.
    Dann lief sie aus dem Zimmer.
    Die Tür schlug hinter ihr zu, als wäre es endgültig.
    Farber blieb allein in der Dunkelheit stehen, lauschte dem geheimnisvollen Ticken und Summen der Haushaltsgeräte, und langsam kam durch Erstaunen und Schmerz die eisige, reumütige Erkenntnis, daß er immer noch nicht wußte, wie er sie wiederfinden konnte.
     
    An diesem Abend kam Liraun nicht zu ihm. Er blieb die halbe Nacht auf, um auf sie zu warten, döste in seinem Stuhl, zuckte bei jedem Geräusch erwartungsvoll zusammen, durchdachte die letzte Szene noch einmal und noch einmal in dem nutzlosen Versuch herauszufinden, was geschehen war, durchlebte noch einmal einige der letzten gemeinsamen Augenblicke mit einem fast hypnotisch intensiven Erinnerungsvermögen.
    Auch am nächsten Abend blieb Liraun fort.
    Am dritten Abend stürmte Farber aus seinem Apartment, war wütend und verletzt, ging zur Kantine der Co-Op und trank eine unvernünftige Menge. Er hatte auch eine eingehende, tränenreiche Versöhnung mit Kathy und war innerhalb von zwei Stunden wieder in ihrem Apartment und in ihrem Bett. Kathy verbrachte den Rest der Nacht, indem sie exotische

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