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Fremde

Fremde

Titel: Fremde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gardner R. Dozois
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Methoden des Liebens erfand, um ihr Band zu ihm wieder enger zu knüpfen. Farber bemühte sich grimmig, und es gelang ihm, öfter als jemals zuvor in seinem Leben zu kommen. Aber es half nichts. Er dachte immer noch an Liraun, malte sie sich aus, wollte lieber sie. Trotz seines leicht betrunkenen Zustandes merkte er, daß er mit Kathy nur völlig geistesabwesend umgehen konnte. Er stellte sich vor, sie sei Liraun, und dies allein regte seine Begierde an, nicht Kathy.
    Am frühen Abend des nächsten Tages erschien Liraun in Farbers Apartment, schien sich aus der Dunkelheit jenseits der Türschwelle geradezu zu materialisieren. Sie erwähnte ihre Abwesenheit mit keinem Wort, auch nicht die seine am Abend zuvor, ebensowenig wie den Streit, den sie gehabt hatten, wenn es überhaupt einer gewesen war. Nie wieder erwähnte sie ihn. Auch Farber nicht. Er entspannte sich dankbar in der vertrauten Fremdartigkeit ihrer Gesellschaft, die ihm trotzdem das Gefühl vermittelte, wieder zu Hause zu sein. Kathy läutete ungefähr um zehn und klingelte unaufhörlich weiter, bis sich Farber gezwungen sah, ihr zuzurufen, sie solle fortgehen. Auch darüber verlor Liraun kein Wort.
    Sie diskutierten nicht wieder den Plan, miteinander zu leben, doch ein paar Abende später erschien sie mit einem Rucksack voller Sachen und zog ein. Sie brauchte nur fünfzehn Minuten, sich bei ihm niederzulassen. Als Farber sie beobachtete, wie sie in seiner Wohnung umherging und ihre Sachen verstaute, überwältigte ihn ein Gefühl von Erstaunen, das fast an Ehrfurcht grenzte. Eigentlich wußte er überhaupt nichts über sie, nichts über ihr Leben. Und dennoch: Hier war sie – zog zu ihm. Diese Fremde würde tagaus, tagein in seinem Haus leben. Es war unglaublich und wunderbar. Er spürte bereits, als sie das Essen aufsetzte, ungefragt, und sich ruhig niedersetzte, um die tikan zu spielen, wie ihre ordentliche, ruhige, beruhigende Gegenwart sich in der Wohnung verbreitete, in seinen Körper glitt wie abgestrahlte Hitze, seine Hoffnungen auftaute, seine Ängste löste.
    Danach versuchte Farber, eine engere gefühlsmäßige Bindung an Liraun zu vermeiden, und hätte den Begriff Liebe zu jedem Zeitpunkt rasch und nachdrücklich von sich gewiesen. Allerdings war er in Wirklichkeit von ihrer Anwesenheit immer mehr abhängig geworden, besonders jetzt, da er in der terranischen Gemeinde als Außenseiter galt, der von jedem geschnitten wurde. Sie war seine Stütze; sie hielt ihn aufrecht. Sie hielt ihn in Gang. Sie war eine beruhigende Droge, die Einsamkeit und Isolierung dämpfte, das Exil auf einer fremden Welt. Sie half ihm zu vergessen, daß er hier alle Zeit zu den Sternen starren konnte und nicht ein einziges Mal eine Konstellation sehen würde, an die er sich aus Tausenden von Nächten der Kindheit erinnern konnte, als er auf einem Hügel auf der Fränkischen Alb in der Nähe von Treuchlingen geträumt hatte. Machtvoll zog es ihn zu ihrem rätselhaften und bodenlosen Wesen. Ihre Gedanken und ihr Geist waren immer noch unzugänglich für ihn, wie hinter tausend Schichten halbdurchsichtiger, verzerrender Schleier verborgen, und die körperliche Intimität war nur ein Mittel, die erste dieser Schichten aufzudecken. Auch war Farber, der an die aggressiven, selbstsicheren Frauen der Erde gewöhnt gewesen war, durch Lirauns augenscheinliche Unterordnungsbereitschaft entzückt, wenn er sich auch wie die meisten Männer seiner Generation für »emanzipiert« hielt. Dennoch gewöhnte er sich gern und rasch daran, daß sie sich seinem Willen unterordnete, ihm das Essen kochte und ihm in Hunderten von Dingen behilflich war.
    Der nun folgende Monat war möglicherweise der glücklichste, den Farber in seinem bisherigen sanften, jungen Leben verbracht hatte. Sicher war es auch die Periode, in der er die besten Arbeiten produzierte. Während der Wochen des Zusammenlebens mit Liraun malte er einige Stilleben, die später auf der Erde ein bescheidenes Aufsehen erregten, darunter die »Ruhende Frau«, » Alàntene -Nacht«, »Fischer« und das recht bekannte »Esplanade – Blick auf die östliche See«. Er war so zufrieden wie nie zuvor. Er hatte das Vergnügen seiner Arbeit, die er liebte, die Befriedigung, daß die Arbeit gut war, eine vernünftige Vorstellung von künftigem Erfolg – und Liraun. Und so wie die Leute in dem Moment, wo der Wind sich ändert, gern bereit sind, die schmerzhaftesten Lektionen zu vergessen, gewann er auch seinen alten Hochmut, mit dem er von

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