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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Stufe Eins. Signifikante Daten, Stufe
Eins.«
    ›Stufe Eins‹ bedeutete, das Bibliothekshirn hatte etwas
in Erfahrung gebracht, das den Zentralen Widerspruch modifizierte.
    Die Geds begannen zu laufen.

 
37
     
    SaSa glitt auf die Stadtmauer zu. Auf einmal wurde sie hinten und
vorne von lauter Schüsseln bedrängt; sie fühlte sich
mit lauwarmem Eintopf bekleckert. Der horizontale Schacht wurde
heller, und dann plumpste sie nackt, wie sie war, mitten in einen
sinkenden Haufen aus Geschirr und Nahrung. Rechts und links versanken
die Geschirrberge aus anderen Hallen. Sie spürte, wie die
Schüsseln unter ihr mit dem Wroff verschmolzen, und begann Hals
über Kopf zu kraxeln, bis sie festen Boden unter den
Füßen hatte. Sie blinzelte und hielt sich die Ohren
zu.
    Der Lärm war entsetzlich. An einer Wand kläfften und
jaulten lauter Krihunde. Die Fänge gebleckt, die Mäuler
geifernd, nichts als SaSa und den kleistrigen Eintopf im Sinn, warfen
sie sich immerzu gegen das durchsichtige Wroff ihrer Käfige.
SaSa bebte am ganzen Körper, und sie brauchte lange, bis sie die
Augen wieder öffnen und sich rühren konnte.
    Als sie den kranken Riesen hierhergebracht hatten, war der Raum
längst nicht so groß gewesen; die Wände waren
verschoben worden. SaSa sah sich bestürzt um. Nichts erinnerte
mehr an den alten Raum. Was, wenn das hier ein anderer Raum war
– wenn sie gar nicht zu ihm konnte? Die schwarze Wolke aus purer
Angst wollte sie wieder verschlingen.
    Sie tastete verzweifelt nach diesem anderen Gedanken, und als sie
ihn zu fassen bekam, ließ sie ihn nicht wieder los. Was
großzügig gewährt wird, muß
großzügig erwidert werden.
    Als der Ged und der Kommandant ihn hierhergebracht hatten, da
hatte sie die Krihunde ganz deutlich gerochen. Da waren sie, die
Krihunde! Er mußte hier irgendwo sein…
    Sie drehte sich um; die tobenden Krihunde im Rücken, sah sie
am anderen Ende des Raums lauter niedrige Zwischenwände. Ihre
nackten Füße trugen sie rasch und lautlos über den
trügerischen Boden…
    Die Trennwände bildeten eine Reihe verschieden großer
Kammern. In der ersten stand ein Bodentischchen, darauf ein Wirrwarr
von Sachen, die ohne jede Bedeutung für SaSa waren. In der
nächsten stand wieder ein durchsichtiger Käfig, aber der
hatte lauter kleine Löcher in der Decke; die zwei Jonkils, die
darin hausten, hatten sich ein Nest gebaut, und das Weibchen
plusterte sich auf, als SaSa vorbeikam. Hinter der dritten Trennwand
wuchsen Pflanzen, unter einem Licht, das so hell war, daß SaSa
die Augen zusammenkneifen mußte – so hell wie dreitags in
der Savanne.
    An der nächsten Trennwand nahm sie die Hände vor den
Mund. Dem Krihund, der auf dem Bodentischchen lag, hatte man Bauch
und Kopf aufgeschnitten; er starrte sie aus glänzenden, wilden
Augen an. SaSa stülpte sich der Magen um, aber es gab nichts,
was sie hätte erbrechen können; sie hatte seit zwei Tagen
nichts gegessen.
    Kammer um Kammer nichts als Gedsachen, Quompflanzen und Quomtiere,
Kästen und eiförmige Behälter aus dunklem Wroff, alles
so merkwürdig, daß ihr nichts dazu einfiel.
    Wo?
    Es kam ihr gar nicht in den Sinn, nach ihm zu rufen. Hören
konnte man Krihunde, Ohrfeigen und die dunkle, pelzige Stimme und
sich selbst, wenn man schrie, weil einem jemand abgenommen wurde. Sie
suchte ganz still. Wo war er?
    Sie kam um die nächste Trennwand herum, und da war er.
    Er lag da, wo man ihn hingelegt hatte, rücklings auf dem
ausladenden Bodentisch, die riesigen weißen Hände neben
sich und das weiße Haar nach vorne über die Schultern
gekämmt. Man hatte ihm die Schädeldecke entfernt, bis
hinunter zu den Augenbrauen, und ein Gewebeknäuel quoll aus
seinem Kopf. Keine Spur von Blut. Aber in den Falten und Buchten des
Hirngewebes glommen winzige orangefarbene Lichter, wie Glutreste in
grauweißer Asche.
    SaSa streckte eine Hand aus, aber ihre Finger kamen nicht an ihn
heran, sie stießen überall gegen etwas Durchsichtiges. Das
Durchsichtige fühlte sich kühl an. In einem Wust von Sachen
fand sie ein dunkelgraues vierkantiges Metallstück und schlug
damit aus Leibeskräften auf das Durchsichtige ein; das harte
Metall richtete nicht das geringste aus. Geduldig fahndete sie nach
irgend etwas, auf das sie klettern konnte. Aus der nächsten
Kammer zerrte sie einen Wroffkasten herbei. Aber sie kam auch nicht
von oben her an den Riesen heran; er war ganz und gar eingehüllt
in das Durchsichtige.
    Sie lehnte sich darüber, machte die Arme lang und

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