Fremdes Licht
töten, ja
oder nein?«
Khalids Gesicht verriet nichts. Doch diesmal hatte Dahar nicht den
delysischen Kommandanten beobachtet, sondern die Soldaten hinter ihm.
Als Khalid die Waffen der Geds ins Spiel gebracht hatte, hatte es im
Gesicht des kleineren Mannes gearbeitet; ein leichtes Zucken der
Augenlider, diese rhythmische Bewegung an den Schläfen. Dem Mann
leuchtete ein, was Khalid sagte. Doch als Belasir wutentbrannt
konterte, stand wieder der alte Haß in seinem Gesicht. Und der
andere Soldat, der mit den hellen Augen, hatte nicht mal mit der
Wimper gezuckt. Egal, was Delysia zu gewinnen oder zu verlieren
hatte, er trachtete Jallaludin nach dem Leben. Er wollte Blut
sehen.
Und Khalid hatte weder den einen noch den anderen ganz unter
Kontrolle.
Da lag Khalids Schwäche. Deshalb war er gezwungen gewesen,
sich mit Jela zu treffen und über etwas zu verhandeln, das ihm
zuwider war. Ein delysischer Kommandant war bei seinen Entscheidungen
teilweise auf die Zustimmung seiner Soldaten angewiesen; hätte
Khalid sich von vorneherein geweigert, Jallaludin zu töten,
wäre er Gefahr gelaufen, daß seine Männer es trotzdem
getan hätten, und seine Stellung als Kommandant wäre
unterminiert worden. Also wollte er Belasir solange verhöhnen,
bis sie ihr Angebot zurücknahm und Jallaludin selbst bestrafte;
für seine Männer sollte es so aussehen, als kränke er
eine jelitische Generalin, bloß um dabei zuzusehen, wie sie an
ihrer Wut und Ehre erstickte.
Dahar brauchte nur den Haß dieser beiden Männer bis zu
einem Punkt zu schüren, an dem Khalids Autorität versagte
und auch das Wohl von Delysia keine Rolle mehr spielte. Khalid
verkörperte den Verstand, seine Männer standen für
Rachedurst und Blutgier.
Khalid hatte keine Chance.
Dahar meinte, im Nacken Jallaludins Atem zu spüren. Der Tod
des Kriegers hing in der Luft, klebte am Nieselregen und an jedem
Wort, das Dahar sagen sollte. Provoziere Khalids Männer, und
Jallaludin wird sterben, gleich und hier, im Sprühregen von
R’Frow, im warmen Licht dieser Stadt. Belasir hatte ihm
untersagt zu drängen, zu reden und zu lügen. Er hatte
bereits gelogen.
Um R’Frow nicht zu verlieren…
Keine Gefühle.
»Wer weiß«, wandte Dahar sich direkt an den
Helläugigen, »vielleicht üben Delysier keine
Vergeltung, weil ein delysisches Leben nicht soviel wert ist, nicht
mal das eines Soldaten.«
Khalids Blick schnellte von Belasir zu Dahar.
»Wir haben Genugtuung angeboten«, fuhr Dahar mit
beißendem Spott fort. »In aller Ehrerbietung. Ein Leben
für ein Leben. Aber vielleicht sollten wir uns eines Besseren
besinnen, denn offenbar ist selbst bei euch ein delysisches Leben
nicht soviel wert wie ein jelitisches.«
»Khalid«, sagte der kleinere Soldat.
Flugs nahm Khalid seine Männer beiseite. Dahar höhnte
ihnen hinterher: »Man sagt: Delysia steht für Hinterlist.
Vielleicht sollte es besser heißen: Delysia steht für
Feigheit!«
Unweit von den Jeliten besprach Khalid sich mit seinen
Männern. Leise, hitzige Stimmen. Dahar spitzte die Ohren, konnte
aber nichts verstehen. Belasir starrte ihn an, sagte aber nichts.
Ischak sah ihn mit offenem Haß an. Der jungen Kriegerin traten
fast die Augen aus dem Kopf, sie war gänzlich wehrlos in diesem
Zustand.
Dahar zwang sich zu einem Blick auf Jallaludin. Der Krieger war
leichenblaß geworden, gab aber keinen Laut von sich.
Schade.
Ich will R’Frow nicht verlieren…
Die Soldaten stritten erbittert, aber nicht lange. Khalid, rote
Flecken im rosigen Gesicht, nickte Belasir kurz zu. »Der Tod des
Kriegers für den Tod des Soldaten.«
Khalids Soldaten schlossen auf. Der Kleinere hielt sein Kugelrohr
auf Ischak und Belasir gerichtet, der Helläugige beließ es
bei seinem Messer. Khalid hatte das Kugelrohr weggesteckt und sein
delysisches Messer gezogen – steckte es aber plötzlich
wieder in den Gürtel zurück und zog statt dessen das
Gedmesser. Er trat hinter Jallaludin.
»Nein…«
Es war ein Aufstöhnen: der blutjungen Talot wollte sich das
Kriegerherz im Leib herumdrehen. Ischak funkelte sie an. Khalid
zögerte, scheute kurz davor zurück, einen Gefesselten
meuchlings zu töten, dessen Kommandant dabeistand und tatenlos
zusah…
Dann schlang er mit einer routinierten Bewegung den linken Arm um
Jallaludins Hals, setzte ihm das Messer auf den Leib und stach zu,
wobei er die Klinge aufwärts ins Herz lenkte. Jallaludin wurde
steif, seine Augen traten aus den Höhlen. Khalid drückte
mit dem Arm zu, preßte ihm die
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