Fremdes Licht
gefesselt,
Jallaludin. Er hatte sich gewehrt, als Dahar und Ischak ihn holen
wollten; der rechte Ärmel seines Tebels war blutgetränkt.
Jetzt stand er ruhig da, mit erhobenem Kopf, und der Abscheu in
Ischaks Gesicht war nichts im Vergleich zu dem Haß in
Jallaludins Zügen.
Dahar fühlte, wie er sich von der Szene absetzte, sie von
außen beobachtete und nichts empfand, was ihn bei der
Ausführung des Plans hätte stören können. Diese
Absonderung war nie von Dauer. Sie war eine Wand, und alle Wände
bekamen Risse. Doch sie würde lange genug halten. Er stand jetzt
abseits und sagte sich: Laß deine Gefühle
beiseite.
»Jetzt«, sagte Belasir.
Die drei Delysier schlüpften mit gezückten Waffen aus
drei verschiedenen Richtungen auf die Lichtung. Sie hatten die
Bäume und den Nieselregen auf ihrer Seite. Dahar bemerkte, wie
Ischak sich beherrschte, ein kaum merkliches eingefleischtes Zucken
der Hand, das abrupt unterdrückt wurde.
»Wir sind gekommen«, sagte Khalid mit einer Stimme, die
schal war vor Abneigung. Dahar musterte die drei Soldaten eingehend:
drei Männer, alle drei stämmige Typen, einer mit
gezücktem Messer, zwei mit schußbereiten Kugelrohren. Was
ihm einiges über ihren Kampfstil verriet. Khalid war Kommandant,
die beiden anderen fungierten wahrscheinlich als Stellvertreter. Der
Krieger in ihm spielte rasch alle möglichen Attacken und
Konterattacken durch; fragte sich, wie Belasir und Ischak reagieren
würden, wie jeder das Beste aus seiner Position machen konnte.
Jallaludin, gefesselt, konnte als Schutzschild dienen; Talot, jung,
unerfahren, ein Unsicherheitsfaktor. Er bewegte sich ein paar
Schritte auf Belasir zu, Schritte, die er im Ernstfall nicht mehr zu
machen brauchte; Khalid, der ihn nicht einmal ansah, zog mit und
glich den Vorteil sofort wieder aus. Khalid war gut.
Belasir sagte: »Wir sind auch gekommen. Da ist der Krieger,
der einen von euch getötet hat.«
Khalid warf einen flüchtigen Blick auf Jallaludin. Irgend
etwas regte sich hinter diesen grauen delysischen Augen, mehr als nur
Argwohn und Feindseligkeit. Er denkt, dachte Dahar, er
reagiert nicht bloß. Er sieht, was er sieht, und denkt
darüber nach, was er gesehen hat.
Und plötzlich erschien ein anderes Gesicht vor seinem
geistigen Auge, auch ein delysisches.
»Steckt eure Waffen weg«, sagte Belasir. »Unsere
Hände sind auch leer.«
Khalid sagte: »Bis jetzt habt Ihr die Bedingungen für
dieses Treffen festgelegt, Kommandantin. Jetzt sind wir an der Reihe.
Wer sagt mir, daß Ihr nicht Eure Krieger im Wald versteckt
habt?«
»Seid ihr mit verbundenen Augen gekommen?«
»Drei Soldaten sehen nicht alles.«
»Auch nicht vier Krieger. Ein Hinterhalt ist eher etwas
für Delysier als für Jeliten.«
»Warum geht Ihr das Risiko ein? Das hier war Eure
Idee.«
Für einen winzigen Augenblick zuckte Belasirs Blick in Dahars
Richtung. Sie erstickte die Regung sofort, und Dahar spürte von
neuem, wie sehr ihr das alles gegen den Strich ging. Khalid war
nichts entgangen. Sein Blick ruhte nachdenklich auf Dahar, ehe er zur
Oberkommandierenden zurückkehrte.
Belasir sagte: »Die Geds wollen, daß in R’Frow
niemand getötet wird. Meine Kader haben den strikten Befehl,
keinen Delysier anzugreifen. Dieser Krieger hat meinen Befehl
mißachtet, und dafür würde ich ihn eigenhändig
töten. Aber Delysia« – sie hob das Kinn, ihre Augen
loderten, ihre Stimme blieb unverändert – »hätte
uns das vielleicht nicht geglaubt. Wie jedermann weiß, kann ein
delysischer Soldat der ihm zugemessenen Strafe entgehen, sofern er
aus einer wohlhabenden Familie stammt.«
Dahar beobachtete Khalid genau: er zeigte keinerlei Reaktion auf
die Kränkung, die in Jela niemand hingenommen hätte. Doch
einer der Männer hinter Khalid verkniff sich ein hämisches
Grinsen. Der leichte Regen wisperte auf dem Felsgestein, mehr ein
Geruch als ein Geräusch.
»Die Geds haben uns zur Waffenruhe verpflichtet«, fuhr
Belasir fort. »Und Jela hat diese Waffenruhe gebrochen.«
Die letzten Worte kamen wie Scherben aus ihrem Mund. »Um dieses
Unrecht wiedergutzumachen, liefern wir euch den Schuldigen
aus.«
»Uns«, sagte Khalid.
»Ja.«
»Und das soll ich glauben?«
Belasir schwieg.
Khalid sagte: »Ich erinnere mich an Schlachten, in denen die
Jeliten ihre eigenen Verwundeten getötet haben, nur damit sie
uns nicht in die Hände fielen. Warum also wollt Ihr uns diesen
Krieger ausliefern?«
»Das habe ich Euch gesagt.«
»So, habt Ihr? Um dieses Unrecht
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