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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard R. Roesch
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Untergebenen oder Vorgesetzten dazu gezwungen wurde. Thomas Schneider schloss die Kinderzimmertür von außen, drehte den Schlüssel um und wählte auf seinem Handy die Eins-Eins-Null.
    »Ich möchte Hauptkommissar Heinze sprechen.«
    »Wer sind Sie?«
    »Thomas Schneider, der Vater von Björn Schneider, der Exmann von Tina Schneider, ermordet am Neunten diesen Monats.«
    »Einen Moment.«
    »Heinze, wer ist da?«
    »Ich habe den Mörder von Tina Schneider gefasst. Hier ist ihr Exmann.«
    »Der Marinesoldat?«
    »Ja.«
    »Ich hoffe, Sie sind nicht durchgedreht.«
    »Nein. – Es ist besser, Sie kommen her. – Keine Gefahr im Verzug, ich wiederhole, keine Gefahr im Verzug.«
    »Verstehe. Ich komme ohne Blaulicht, aber ich warne Sie: Wenn Sie einen Beamten verschaukeln, dann nennt man das intern Beamtenverschauklung. Oder auch Behinderung der Polizeiarbeit. Das ist eine Straftat.«
    »Kommen Sie her. Bringen Sie Handschellen mit«, sagte Thomas Schneider, unterbrach das Gespräch und ging zu seinem Sohn in die Küche. »Komm her, Björn.«
    Vater und Sohn setzten sich auf die Wohnzimmercouch. Björn sah neugierig zu Thomas hinauf, der tief Luft holte, bevor er behutsam sagte: »Egal, was passiert ist, erzähl es mir. Du brauchst keine Scheu zu haben.«
    »Was ist Scheu?«
    »Angst. Also, Björn, was hat der Mann mit dir gemacht?«
    »Nichts.«
    »Komm, erzähl es mir. Ich muss es wissen, bevor die Polizei hier ist. Dann ist es zu spät. – Was hat er mit dir gemacht?«
    »Gar nichts, Papa, wirklich, gar nichts!«
    »Du weißt, dass ich dich beschütze?«
    »Ja.«
    »Darum muss ich wissen, was er mit dir gemacht hat. Es gibt für mich nichts Wichtigeres mehr auf der Welt, als meinen Sohn zu beschützen. – Also?«
    Doch statt einer Antwort rückte der Sohn zum Vater heran, schmiegte sich an ihn, und der Vater konnte nicht anders, als den Arm um sein Kind zu legen, ehe er sich ein wenig entspannte.

XII.
     
    In Deutschland hatte es das bisher nur vier Mal gegeben  – ein Serienkiller, der einfach nicht zu fangen war. Jeden Tag spekulierten die großen Zeitungen, und eine Boulevardzeitung brachte sogar ein Bilderrätsel auf der Titelseite, mit dem man tippen konnte, wo der Meistermörder das nächste Mal zuschlagen würde.
    Das Rätsel hatte die Form einer Deutschlandkarte, in der vierzehn Orte bereits durchgestrichen waren. Jetzt war mit Rostock ein fünfzehnter hinzugekommen.
    Die diesmalige Gewinnsumme von siebentausend Euro mussten sich dreitausend Leser teilen. Dieses Verhältnis war auch der Grund dafür, dass niemand auf Berlin oder Hamburg wettete. Alle suchten sich Gemeinden oder Kleinstädte aus. Deutschland war wie im Wahn.
    Einerseits waren die Menschen erwartungsvoll, andererseits hatten sie eine Mordsangst. Warme Worte kamen fast wöchentlich aus Österreich, wo es bereits mehrere Serienkiller gegeben hatte. Einer von ihnen, Jack Unterweger, hatte nie gestanden, sich aber durch den Knoten verraten, den er im Gefängnis geschlagen hatte, um sich mit der Kordel seiner Jogginghose erwürgen zu können. Diesen komplizierten Knoten hatte Unterweger auch bei neun Prostituierten und einem Mädchen angewandt. Er hatte sie mit ihren eignen Kleidungsstücken erwürgt.
    Der Großvater, bei dem er aufgewachsen war, hatte ihm diesen Knoten beigebracht, während sie zusammen als Wilddiebe durch Österreich streiften. Sie stahlen Vieh, schlachteten es und verkauften die Teile. Sie galten als die letzten Viehdiebe Österreichs.
    Später trieb Jack Unterweger seine weiblichen Opfer mit einer ausziehbaren Stahlrute durch einsame Waldstücke. Sie mussten sich ausziehen, und er trieb sie hin und her, prügelte auf sie ein und erwürgte sie schließlich. Sein Motiv war Frauenhass gewesen, Tobias schüttelte den Kopf, wie konnte man nur aus Hass töten? Hass war doch blind.
    Er legte den Stapel Tageszeitungen weg und sah auf die Anzeige. Vier Flüge waren gestrichen worden, doch seiner zurück nach Düsseldorf sollte planmäßig starten. Tobias saß auf dem Züricher Flughafen, viel zu früh war er von der Berghütte losgegangen. Er hatte die Seilbahn viel früher als geplant erreicht und zu allem Übel auch eine frühere Zugverbindung in die Schweizer Metropole bekommen. Nun saß er schon seit drei Stunden auf dem Flughafengelände und stöberte in den vielen deutschsprachigen Zeitungen, die sich alle mit dem Meistermörder beschäftigten. Doch kein einziger Journalist hatte Neues zu berichten. Der Mob war fasziniert,

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