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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard R. Roesch
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der Couch gelegen! Der Mörder war heimlich gekommen, hatte aber keine Spuren hinterlassen. Ein Zweitschlüssel? Dann hätte er Kontakt mit den Opfern aufnehmen müssen, und wenn er Kontakt aufgenommen hätte, dann wäre er beobachtet worden, denn jeder Kontakt hinterließ eine Spur. Dieser Ermittlungsgrundsatz konnte doch auch hier nicht falsch sein! Er schloss die Tür wieder und schlenderte durch den Raum. In der Bibliothek fanden sich vor allem zum einen französische Bücher und zum anderen Gedichtbände aus aller Welt. Wieder aus purer Neugierde heraus suchte er seinen geliebten Jessenin und freute sich, als er ihn fand. Missmutig rümpfte er dann aber die Nase, denn die Bücher standen nicht in der Rubrik »Russland«, sondern noch immer unter »Sowjetunion«! Frechheit!
    Pawel ging zurück zum Schreibtisch und sah sich den Vitrinenschrank genauer an. Eine Innenbeleuchtung schaltete sich ein, als er eine der Türen öffnete. Der Schrank hatte drei Fächer, die alle mit Büchern vollgestellt waren. Es waren allesamt Bücher eines einzigen Dichters, eines Franzosen: Arthur Rimbaud. Schon ewig tot. Französischsprachig, deutsche Übersetzungen, aber auch spanische und türkische. Dicht an dicht standen die Bücher, Pawel fand nur eine einzige schmale Lücke. Und diese Lücke war es, die ihn stutzig machte. Diese Lücke befand sich mitten in der Reihe. Er drehte sich zu seinem weißen, knisternden Schatten um und fragte, ob jemand etwas aus der Vitrine genommen hatte.
    Der Polizist reichte die Frage per Handy weiter und schüttelte wenig später den Kopf, ehe er fragte: »Warum?«
    »Hier fehlt ein Buch!«
    »Ein Buch?«
    »Ja. Diese Professorin muss eine Assistentin haben. Oder einen Sekretär. Klingeln Sie diese Person aus dem Bett, wir müssen wissen, welches verdammte Buch hier fehlt.«
    »Warum?«
    »Weil das der Fehler ist, den der Meistermörder gemacht hat! Er hat wahrscheinlich zum ersten Mal einen Fehler gemacht! Hier und jetzt! Er hat nichts hiergelassen, aber er hat etwas mitgenommen! Etwas, das ihm persönlich wichtig war, verstehen Sie?«
    »Absolut! Ich verstehe, ihm scheinen Gedichte nicht egal zu sein. – Wie viele Menschen lesen schon Gedichtsammlungen durch? – Laden wir sie alle vor?«
    »Wenn es Gedichte sind! Wir müssen wissen, was hier stand. Vielleicht auch eine Biografie, oder eine Autobiografie, ein Nachschlagewerk, der neuste Thriller, oder …«
    »Schon gut, schon gut, ich hab’ es begriffen. – Sind Sie denn hier oben soweit fertig?«
    Pawel ließ seinen Blick noch einmal schweifen, dann nickte er. Als sie die Treppe wieder hinuntergingen, sagte er: »Das war eine Nachlässigkeit, die ihm unterlaufen ist. Sie müssen Ihre Kollegen in den anderen Städten befragen, ob da auch Bücher fehlen.«
    Der Beamte nickte, während er Pawel vor die Tür brachte. Er sagte: »Ich kümmere mich gleich darum. Sobald Sie hier weg sind. Ich muss eines nach dem anderen machen, sonst mach ich alles zweimal.«
    Das verstand Pawel, er erbat sich noch eine Runde durch den hinteren Garten. Der junge Beamte genehmigte sie neugierig.
    Als Pawel vor der Küchentür stand, rüttelte er am Griff. Die Tür bewegte sich nicht. Pawel rüttelte noch einmal an ihr, als in Fußhöhe eine Scheibe aus dem Rahmen fiel.
    Die beiden Männer sahen sich erstaunt an, hockten sich hin und der Polizist flüsterte vor Aufregung: »Die war nur provisorisch verkittet! Feinsäuberlich. Der hatte keine Eile!«
    »Hier ist er rein und raus«, sagte Pawel. »Der ist nicht so wahnsinnig, wie wir dachten. Der kann pragmatisch vorgehen.«
    »Wir suchen also keinen Psychopaten?«
    »Eher einen Handwerker, würde ich meinen. Zumindest handwerklich begabt. Ich glaube, der spielt uns nur den Psychopaten vor.«
    »Oh Mann, dieses Schwein ist wohl auf allen Feldern begabt! Kein Wunder, dass wir den nicht kriegen.«
    Die Männer erhoben sich wieder, und für Pawel wurde alles immer klarer, auch wenn er es noch nicht auf einen Nenner bringen konnte. Er sagte: »Der Hund ist garantiert tot. Sonst hätte der Meistermörder es nicht bis hierher geschafft.«
    Der junge Beamte nickte: »Er wusste also, dass hier ein Hund war. Er kannte auch den Grundriss des Hauses, der Typ ist mir wirklich unheimlich. Was, verdammt noch einmal, weiß der denn nicht?«
    »Dass er sterblich ist«, sagte Pawel trocken und zog am Tor der Grundstücksgrenze den weißen, dünnen Anzug aus. Er gab ihn dem Beamten zurück, und bevor er sich verabschiedete, sagte

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