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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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erzählen.
Immer. Okay? Auch wenn es etwas ist, was mir nicht gefällt. Es zu verheimlichen
macht alles bloß schlimmer.« Holly setzte den Tisch wieder vorsichtig ins
Puppenhauszimmer, rückte ihn mit einer Fingerspitze zurecht. Ich sagte: »Ich
versuche immer, dir die Wahrheit zu sagen, auch wenn es ein bisschen wehtut.
Das weißt du. Du musst das auch bei mir machen. Abgemacht?«
    Holly
sagte mit dünner, erstickter Stimme zu dem Puppenhaus: »Tut mir leid, Daddy.«
    Ich sagte:
»Das weiß ich, Liebes. Es wird alles gut. Aber denk dran, wenn du das nächste
Mal mit dem Gedanken spielst, mir was zu verheimlichen, okay?«
    Nicken.
»Gut«, sagte ich. »Und jetzt erzähl mir mal, wie du dich mit unserer Familie
verstehst. Hat Nana dir auch schon ihren leckeren Trifle zum Nachtisch
gemacht?«
    Ein
zittriger kleiner Seufzer der Erleichterung. »Ja. Und sie sagt, ich hab schöne
Haare.«
    Heiliger
Strohsack: ein Kompliment. Ich hatte mich voll und ganz darauf eingestellt,
allen möglichen Mäkeleien zu widersprechen, an Hollys Sprechweise, über ihre
Manieren bis hin zur Farbe ihrer Socken, aber anscheinend wurde Ma altersmild.
»Hast du auch. Wie findest du deinen Cousin und deine Cousinen?«
    Holly
zuckte die Achseln und hob einen winzigen Konzertflügel aus dem
Puppenhauswohnzimmer. »Nett.«
    »Wie
nett?«
    »Darren
und Louise reden nicht viel mit mir, weil sie zu groß sind, aber ich und Donna
machen gern unsere Lehrer nach. Einmal haben wir uns kaputtgelacht, bis Nana
gemeint hat, wir sollen leise sein, sonst würde uns die Polizei holen kommen.«
    Was sich
schon ein bisschen eher nach der Ma anhörte, die ich kannte und mied. »Und wie
findest du deine Tante Carmel und Onkel Shay?«
    »Ganz
okay. Tante Carmel ist ein bisschen langweilig, aber wenn Onkel Shay da ist,
hilft er mir bei den Mathehausaufgaben, weil ich ihm erzählt hab, dass Mrs
O'Donnell rumschimpft, wenn man was falsch hat.«
    Und ich
hatte mich darüber gefreut, dass sie endlich richtig gut im Dividieren geworden
war. »Das ist nett von ihm«, sagte ich.
    »Wieso
besuchst du sie nicht?«
    »Das ist
eine lange Geschichte, Häschen. Zu lange für einen Morgen.«
    »Darf ich
trotzdem weiter zu ihnen, auch wenn du nicht hingehst?«
    Ich sagte:
»Wir werden sehen.« Es hörte sich alles richtig idyllisch an, aber Holly
schaute mich noch immer nicht an. Irgendetwas machte ihr zu schaffen, abgesehen
von dem Offensichtlichen. Falls sie meinen Dad in seiner bevorzugten
Gemütsverfassung erlebt hatte, würde es einen heiligen Krieg und womöglich eine
ganz neue Sorgerechtsverhandlung geben. Ich fragte: »Was ist los? Hat dich
einer von ihnen geärgert?«
    Holly fuhr
mit einem Fingernagel über die Tasten des Flügels. Nach einem Augenblick sagte
sie: »Nana und Granddad haben kein Auto.«
    Damit
hatte ich nicht gerechnet. »Nein.«
    »Wieso
nicht?«
    »Sie
brauchen keins.«
    Verständnisloser
Blick. Mir kam der Gedanke, dass Holly noch nie im Leben Leute getroffen hatte,
die kein Auto hatten, ob sie eins brauchten oder nicht. »Wie kommen sie denn irgendwohin?«
    »Zu Fuß
oder mit dem Bus. Die meisten ihrer Freunde wohnen nur ein oder zwei Minuten
weit weg, und die Geschäfte sind gleich um die Ecke. Was sollen sie da mit
einem Auto?«
    Sie dachte
kurz darüber nach. »Wieso wohnen sie nicht in einem ganzen Haus?«
    »Sie haben
immer da gewohnt. Deine Nana ist in der Wohnung zur Welt gekommen. Jeder, der
je versuchen sollte, sie da rauszuholen, tut mir jetzt schon leid.«
    »Wieso
haben sie keinen Computer und nicht mal eine Spülmaschine?«
    »Nicht
jeder hat so was.«
    »Jeder hat
einen Computer.«
    Ich
gestand es mir nur äußerst ungern ein, aber irgendwo im Hinterkopf schwante mir
ganz allmählich, wieso Olivia und Jackie gewollt hatten, dass Holly sah, wo ich
herkam. »Nein«, sagte ich. »Die meisten Menschen auf dieser Welt haben nicht
das Geld, um sich so etwas zu kaufen. Sogar ganz viele Leute hier in Dublin.«
    »Daddy.
Sind Nana und Granddad arm?«
    Ihre
Wangen färbten sich blassrosa, als hätte sie ein unanständiges Wort gesagt.
»Na ja«, sagte ich. »Kommt drauf an, wen du fragst. Sie würden nein sagen. Es
geht ihnen deutlich besser als zu der Zeit, als ich klein war.«
    »Waren sie
da arm?«
    »Ja,
Schätzchen. Wir haben nicht gehungert oder so, aber wir waren ziemlich arm.«
    »Wie arm?«
    »Wir
hatten kein Geld, um in Urlaub zu fahren, und wir mussten sparen, um mal ins
Kino gehen zu können. Ich hab Onkel Shays alte Sachen aufgetragen

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