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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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kaum hörbar, vielleicht zu sich
selbst: »Ach, Frank.« Ihre Finger glitten von meiner Schulter, hinterließen
kleine kalte Stellen, wo sie warm gewesen waren, und ich hörte, wie sich die Tür
mit einem leisen Klicken hinter ihr schloss.
     
    14
     
    ALS OLIVIA MICH mit einem leichten Klopfen an die
Gästezimmertür aus dem Tiefschlaf riss, war ich schlagartig wach und
deprimiert, sogar noch ehe mir die Zusammenhänge wieder einfielen. Ich hatte
viel zu viele Nächte in diesem Zimmer verbracht, damals, als Liv und ich dabei
waren herauszufinden, dass sie keine Lust mehr hatte, mit mir verheiratet zu
sein. Schon durch den Geruch des Raumes, Leere mit einem zarten Hauch Jasmin,
fühle ich mich wund und müde und ungefähr hundert Jahre alt, als wären alle
meine Gelenke bis aufs Mark verschlissen.
    »Frank, es
ist halb acht«, sagte Liv leise durch die Tür. »Ich dachte, es wäre gut, wenn
du mit Holly sprichst, ehe sie zur Schule geht.«
    Ich
schwang die Beine aus dem Bett und rubbelte mir mit beiden Händen durchs
Gesicht. »Danke, Liv. Ich komme.« Ich wollte sie noch fragen, ob sie
irgendwelche Vorschläge hätte, doch ehe ich die Worte rausbringen konnte, hörte
ich ihre Absätze die Treppe runterklappern. Sie wäre ohnehin nicht ins Zimmer
gekommen, vielleicht für den Fall, dass ich sie im Adamskostüm begrüßen würde
und sie zu einem Quickie verführen wollte.
    Ich hatte
schon immer eine Schwäche für starke Frauen, was ein Glück für mich ist, weil
es keine andere Sorte gibt, sobald du über fünfundzwanzig bist. Frauen hauen
mich einfach um. Das, was ihnen alles regelmäßig angetan wird, würde die
meisten Menschen umbringen, aber Frauen verwandeln sich in Stahl und halten
durch. Jeder Mann, der behauptet, nicht auf starke Frauen zu stehen, lügt sich
gehörig was in die Tasche: Er steht nämlich auch auf starke Frauen, nur dass
die, wenn sie wollen, einen Schmollmund ziehen und mit Klein-Mädchen-Stimme
sprechen können, aber am Ende packen sie sich seine Eier in ihr Schminktäschchen.
    Ich
möchte, dass Holly die ganz große Ausnahme wird. Ich möchte, dass sie all das
wird, was mich bei einer Frau zu Tode langweilt, weich wie Pusteblumen und
zerbrechlich wie gesponnenes Glas. Keiner soll mein Kind in Stahl verwandeln.
Als sie geboren wurde, wollte ich losziehen und jemanden für sie töten, nur
damit sie ihr Leben lang ganz genau wissen würde, dass ich nötigenfalls dazu
bereit war. Stattdessen hatte ich ihr eine Familie aufgehalst, die ihr binnen
eines Jahres, nachdem sie sie das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte,
Unehrlichkeit beigebracht und das Herz gebrochen hatte.
    Holly saß
in ihrem Zimmer im Schneidersitz auf dem Boden vor ihrem Puppenhaus, mit dem
Rücken zu mir. »Hallo, Schätzchen«, sagte ich. »Wie fühlst du dich?«
    Achselzucken.
Sie hatte ihre Schuluniform an. In dem marineblauen Blazer sahen ihre
Schultern so schmal aus, dass ich sie mit einer Hand hätte umfassen können.
    »Kann ich
kurz reinkommen?«
    Wieder ein
Achselzucken. Ich schloss die Tür hinter mir und setzte mich auf den Boden
neben sie. Hollys Puppenhaus ist ein Kunstwerk, die genaue Kopie eines großen
viktorianischen Hauses, samt winzigen überladenen Möbeln und winzigen
Jagdszenen an den Wänden und winzigen, sozial benachteiligten Bediensteten. Es
war ein Geschenk von Olivias Eltern. Holly hatte den Esstisch herausgenommen
und polierte ihn wie wild mit einem durchgekaut aussehenden Stück
Küchenpapier.
    »Schätzchen«,
sagte ich, »ich kann gut verstehen, dass du wegen Onkel Kevin ganz verstört
bist. Das bin ich auch.«
    Ihr Kopf
beugte sich noch weiter nach unten. Sie hatte sich selbst Zöpfe gemacht; helle
Haarbüschel sprossen kreuz und quer aus ihnen heraus.
    »Hast du
vielleicht irgendwelche Fragen auf dem Herzen?«
    Das
Polieren wurde langsamer, ein ganz klein wenig. »Mum hat gesagt, er ist aus dem
Fenster gefallen.« Ihre Nase war noch ganz verstopft vom vielen Weinen.
    »Das
stimmt.«
    Ich konnte
sehen, dass sie es sich vorstellte. Ich hätte ihr am liebsten meine Hände auf
den Kopf gelegt und das Bild ausgesperrt. »Hat es weh getan?«
    »Nein,
Kleines. Es ist sehr schnell gegangen. Er hat nicht mal gemerkt, was passiert
ist.«
    »Warum ist
er gefallen?«
    Olivia
hatte ihr wahrscheinlich erzählt, dass es ein Unfall war, aber als Kind mit
einem doppelten Zuhause hat Holly den starken Hang, immer die Gegenprobe zu
machen. Bei den meisten Menschen habe ich keinerlei Skrupel, sie zu belügen,
aber

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