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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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ich denselben Weg
gegangen. Stattdessen bekamen wir eine kirchliche Hochzeit mit allem Drum und
Dran, eine anschließende Feier in einem Schloss auf dem Lande, ein Haus in
Dalkey und Holly.
    »Ich hab
es nie auch nur eine Sekunde bereut«, sagte ich. »Du?«
    Sie
brauchte einen Moment, entweder weil sie überlegte, was ich meinte, oder weil
sie überlegte, was sie antworten sollte. Dann sagte sie: »Nein. Ich auch
nicht.«
    Ich
streckte eine Hand aus und legte sie auf ihre auf ihrem Schoß. Der
Kaschmirpullover war weich und abgetragen, und ich kannte noch immer die Form
ihrer Hand wie die meiner eigenen. Nach einer Weile ging ich ins Wohnzimmer und
holte eine Decke vom Sofa, die ich ihr um die Schultern legte.
    Olivia
sagte, ohne mich anzuschauen: »Sie hat immer wieder nach ihnen gefragt. Und
sie sind ihre Familie, Frank. Familie ist wichtig. Sie hatte das Recht, sie
kennenzulernen.«
    »Und ich
hätte das Recht gehabt, dabei ein Wörtchen mitzureden. Ich bin immer noch ihr
Vater.«
    »Ich weiß.
Ich hätte es dir sagen sollen. Oder deinen Wunsch respektieren sollen. Aber
...« Sie schüttelte den Kopf, an der Sofalehne. Ihre Augen waren geschlossen,
und das Halbdunkel malte Schatten unter sie, wie große Blutergüsse. »Ich
wusste, wenn ich das Thema anspräche, würde es einen Riesenkrach geben. Und
dazu hatte ich nicht die Energie. Deshalb ...«
    »Meine
Familie ist rettungslos verkorkst, Liv«, sagte ich. »Wenn ich anfangen würde,
dir das genauer zu erklären, würde ich kein Ende finden. Ich will nicht, dass
Holly auch so wird.«
    »Holly ist
ein glückliches, ausgeglichenes, gesundes kleines Mädchen. Das weißt du. Es hat
ihr nicht geschadet; sie war gern bei ihnen. Die Sache jetzt ... Das hätte doch
niemand ahnen können.«
    Ich fragte
mich müde, ob das wirklich stimmte. Ich persönlich hätte sogar drauf gewettet,
dass mindestens ein Mitglied meiner Familie ein böses und undurchsichtiges Ende
finden würde, obwohl ich nicht auf Kevin gesetzt hätte. Ich sagte: »Ich muss
dauernd daran denken, wie oft ich sie gefragt hab, was sie so gemacht hat, und
sie hat dann losgelegt, sie und Sarah wären inlinegeskatet oder sie hätten in
der Schule einen Vulkan gebaut. Quietschvergnügt, nie eine Spur verlegen. Ich
wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen, dass sie irgendwas vor mir
verheimlicht. Das macht mich fertig, Liv. Das macht mich richtig fertig.«
    Olivia
wandte mir den Kopf zu. »Es war nicht so schlimm, wie es klingt, Frank.
Ehrlich. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie dich anlügt. Ich hab ihr gesagt,
wir müssten noch ein Weilchen warten, bis wir es dir erzählen könnten, weil du
dich schlimm mit deiner Familie gestritten hättest, und sie hat gesagt: >Wie
bei dem Streit, den ich mal mit Chloe hatte, wo ich die ganze Woche immer
gleich weinen musste, wenn ich bloß an sie gedacht hab.< Sie versteht mehr,
als du denkst.«
    »Ich will
nicht, dass sie mich beschützt. Niemals. Ich will, dass es umgekehrt ist.«
    Irgendetwas
glitt über Olivias Gesicht, etwas leicht Gequältes und leicht Trauriges. Sie
sagte: »Sie wird älter, weißt du. In ein paar Jahren ist sie ein Teenager. Die
Dinge ändern sich.«
    »Ich
weiß«, sagte ich. »Ich weiß.« Ich dachte daran, wie Holly ausgestreckt oben in
ihrem Bett lag, verweint und träumend, und an die Nacht, in der wir sie
gemacht hatten: das leise triumphierende Lachen in Livs Kehle, ihr Haar um
meine Finger gewickelt, der Geschmack von sauberem Sommerschweiß auf ihrer
Schulter.
    Nach
einigen Augenblicken sagte Olivia: »Sie wird über all das reden müssen, morgen
früh. Es wäre leichter, wenn wir beide hier wären. Wenn du im Gästezimmer
schlafen möchtest ...«
    »Danke«,
sagte ich. »Das wäre gut.«
    Sie stand
auf, schüttelte die Decke aus und legte sie sich über den Arm. »Das Bett ist
gemacht.«
    Ich neigte
mein Glas. »Ich trink das noch aus. Danke für den Wein.«
    »Die
Gläser Wein.« In ihrer Stimme lag der traurige Geist eines Lächelns.
    »Für die
auch.«
    Hinter dem
Sofa blieb sie stehen, und ihre Fingerspitzen berührten meine Schulter, so
zaghaft, dass ich sie kaum spürte. Sie sagte: »Das mit Kevin tut mir
schrecklich leid.«
    Ich sagte,
und ich hörte, wie rau meine Stimme klang: »Er war mein kleiner Bruder. Es
spielt keine Rolle, wie er da runterfallen konnte, ich hätte ihn auffangen
müssen.«
    Liv holte
Atem, als ob sie irgendetwas Wichtiges sagen wollte, doch einen Augenblick
später stieß sie einen Seufzer aus. Sie sagte

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