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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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unseren Plan
monatelang für sich behalten. Du warst wahrscheinlich ihre beste Freundin, und
sie hätte es nicht mal dir erzählt, wenn sie eine andere Wahl gehabt hätte.
Glaubst du im Ernst, sie hat noch irgendwem sonst ihr Herz ausgeschüttet,
einfach nur so? Nie im Leben. Damit bleibst nur noch du übrig.«
    Ehe ich
den Satz zu Ende gesprochen hatte, war Imelda aus dem Sessel gesprungen und
riss mir die Tasse aus der Hand. »Eine verdammte Frechheit ist das von dir,
hier aufzutauchen und mir so was zu unterstellen - ich hätte dich gar nicht
reinlassen sollen. Dein ganzes Gesülze von wegen, du wolltest eine alte
Freundin besuchen, Freundin, dass ich nicht lache, aushorchen wolltest du
mich, mehr nicht -«
    Sie fegte
in die Küche und knallte die Tassen in die Spüle. Nur ein schlechtes Gewissen
bringt einen dazu, dermaßen heftig aus allen Rohren zu feuern. Ich folgte ihr.
»Und dein Gesülze von wegen, wie gern du Rosie hattest. Wie froh du warst, dass
sie den Absprung geschafft hat. War das auch alles bloß erstunken und erlogen,
Imelda? Ja?«
    »Du hast
ja keine Ahnung, wovon du redest. Für dich ist es einfach, kreuzt hier auf nach
all den Jahren, Mister Großkotz, und kannst dich jederzeit wieder aus dem Staub
machen - ich muss hier leben. Meine
Kinder müssen hier leben.«
    »Sieht es
für dich so aus, als würde ich mich aus dem Staub machen? Ich bin hier, Imelda,
ob es mir gefällt oder nicht. Ich gehe nirgendwohin.«
    »O doch.
Du verlässt auf der Stelle meine Wohnung. Steck dir deine Fragen sonst wohin
und verschwinde.«
    »Sag mir,
mit wem du geredet hast, und du bist mich los.«
    Ich stand
zu dicht vor ihr. Imelda hatte den Rücken gegen den Herd gepresst. Ihre Augen
huschten durch den Raum, auf der Suche nach Fluchtwegen. Als sie sich wieder
auf mich richteten, sah ich blinde Furcht in ihnen aufflammen.
    »Imelda«,
sagte ich, so sanft ich konnte. »Ich werde dich nicht schlagen. Ich stelle dir
bloß eine Frage.«
    Sie sagte:
»Verschwinde.«
    Sie hatte
eine Hand hinter dem Rücken, umklammerte irgendetwas. In dem Moment begriff
ich, dass die Furcht kein Reflex war, kein Vermächtnis von irgendeinem
Scheißkerl, der sie verprügelt hatte. Imelda hatte Angst vor mir.
    Ich sagte:
»Verdammte Scheiße, was glaubst du denn, was ich mit dir machen will?«
    Sie sagte
leise: »Ich bin vor dir gewarnt worden.«
    Ehe ich
wusste, was ich tat, hatte ich schon einen Schritt auf sie zu gemacht. Als ich
sah, wie sie das Brotmesser hob und den Mund öffnete, um zu schreien, nahm ich
Reißaus. Ich war schon unten im Treppenhaus, ehe sie die Fassung zurückgewann,
sich übers Geländer beugte und so laut, dass die Nachbarn es auch ja
mitbekamen, hinter mir herrief: »Und lass dich bloß nie wieder hier blicken!«
Dann knallte ihre Wohnungstür zu.
     
    15
     
    ich ging tiefer in die Liberties hinein, weg von der
Innenstadt. Das gesamte Stadtzentrum wimmelte wie von Lemmingen beim
Weihnachtseinkauf, die sich gegenseitig aus dem Weg rempelten, um für alles,
was ihnen ins Auge fiel, die Kreditkarte zu zücken, je überteuerter, desto
besser, und früher oder später würde mir einer von ihnen einen Vorwand für eine
Schlägerei liefern. Ich kenne einen netten Burschen, der Danny Matches genannt
wird und der mir mal angeboten hat, alles abzufackeln, was meiner Meinung nach
abgefackelt gehört. Ich dachte an Faithful Place, an den gierigen Ausdruck auf
Mrs Cullens Gesicht und die Unsicherheit auf Des Nolans und die Angst auf
Imeldas und erwog ernsthaft, Danny anzurufen.
    Ich ging
weiter und weiter, bis ich den Drang, jeden, der mir zu nahe kam, k.o. zu
schlagen, halbwegs abgelaufen hatte. Die Sträßchen und Gassen sahen so aus wie
die Leute auf Kevins Totenfeier, verzerrte Versionen des Vertrauten, wie ein
Witz, den ich nicht verstand: nagelneue BMWs dicht an dicht vor ehemaligen
Mietshäusern, minderjährige Mütter, die in Designerkinderwagen hineinschrien,
verstaubte Tante-Emma-Läden, aus denen schicke Boutiquen geworden waren. Ich
schaffte es, endlich stehen zu bleiben, vor St. Patrick's Cathedral. Ich setzte
mich eine Weile in den Park, ließ meine Augen auf etwas ruhen, das seit
achthundert Jahren unverändert war, und hörte zu, wie sich Autofahrer
allmählich in potentielle Amokläufer verwandelten, weil der Verkehr in der
abendlichen Rushhour mehr und mehr zum Erliegen kam.
    Ich saß
noch immer dort und rauchte sehr viel mehr, als Holly lieb gewesen wäre, als
mein Handy piepte. Die SMS war von dem guten

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