Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
Vom Netzwerk:
»Wohl kaum ein
Jahrhundertverbrechen. Die Dalys können die Polizei verständigen, wenn sie
wollen, aber eins sag ich euch gleich, ich würde nicht damit rechnen, dass die
für den Fall >Verstopfter Kamin< schwere Geschütze auffahren.«
    »Aber
Rosie, du weißt doch«, sagte Jackie. Sie zupfte an einer Haarsträhne und sah
mich an, große besorgte blaue Augen und Hasenzähne. »Sie wird vermisst. Und das
Zeug da, das ist eine Spur oder ein Beweis oder wie ihr das nennt. Sollten wir
nicht ... ?«
    »Wurde sie
als vermisst gemeldet?«
    Blicke hin
und her: Keiner wusste es. Ich hatte ernsthafte Zweifel. In den Liberties sind
Polizisten wie die Quallen bei Pac-Man: Sie
gehören zum Spiel, aber du gehst ihnen tunlichst aus dem Weg, und du machst
dich erst recht nicht auf die Suche nach ihnen. »Falls nicht«, sagte ich,
während ich den Koffer mit den Fingerspitzen schloss, »ist es jetzt ein
bisschen spät dafür.«
    »Aber«,
sagte Jackie. »Moment mal. Das sieht doch so aus, als ... Du weißt schon. Als
wäre sie damals gar nicht nach England gegangen. Das sieht doch eher so aus,
als hätte jemand sie damals vielleicht ...«
    »Jackie will
sagen«, schaltete Shay sich ein, »dass es ganz so aussieht, als hätte jemand
Rosie umgebracht, sie in einem Abfallsack zur nächsten Müllhalde gekarrt und
dort abgeladen und dann den Koffer in einem Kamin versteckt.«
    »Seamus
Mackey! Gott behüte uns!«, von Ma. Carmel bekreuzigte sich.
    Diese
Möglichkeit war mir auch schon in den Sinn gekommen. »Könnte sein«, sagte ich,
»klar. Sie könnte aber auch von Außerirdischen entführt und aus Versehen in
Kentucky abgesetzt worden sein. Ich persönlich neige zu der einfachsten Erklärung,
nämlich dass sie den Koffer selbst im Kamin versteckt hat, dann aber keine
Gelegenheit mehr hatte, ihn wiederzuholen, und rüber nach England ist ohne
Wäsche zum Wechseln. Aber wenn ihr eine Extraportion Dramatik in eurem Leben
braucht, tut euch keinen Zwang an.«
    »Genau«,
sagte Shay. Mit Shay ist so allerhand nicht in Ordnung, aber blöd ist er
nicht. »Und deshalb benutzt du auch den Mist da« - die Handschuhe, die ich
gerade wieder in meine Jackentasche steckte. »Weil du ja nicht glaubst, dass
wir es hier mit einem Verbrechen zu tun haben.«
    »Reiner
Reflex«, sagte ich und grinste ihn an. »Ein Bulle ist nun mal rund um die Uhr
ein Bulle, falls du verstehst, was ich meine.« Shay stieß einen angewiderten
Laut aus.
    Ma sagte
mit einer gelungenen Mischung aus Grusel, Neid und Blutrünstigkeit: »Theresa
Daly wird durchdrehen. Durchdrehen.«
    Aus einer
Vielzahl von Gründen musste ich zu den Dalys, ehe jemand anderes vor mir da
war. »Ich red mal mit ihr und Mr Daly. Dann werd ich ja sehen, was sie machen
wollen. Wie spät kommen die beiden samstags nach Hause?«
    Shay
zuckte die Achseln. »Kommt drauf an. Manchmal erst nach Mittag, manchmal schon
frühmorgens. Je nachdem, wann Nora sie zurückfahren kann.«
    Das war
ganz schlecht. Ich sah Ma förmlich an, dass sie nur daraufbrannte, sich auf sie
zu stürzen, noch ehe sie den Schlüssel in der Tür hatten. Ich erwog, im Auto
zu übernachten, um sie vorher abzufangen, aber es gab keine Parkmöglichkeit,
von der aus man alles gut im Blick gehabt hätte. Shay beobachtete mich
amüsiert.
    Dann
wuchtete Ma ihren Busen hoch und sagte: »Du kannst hier übernachten, Francis,
wenn du willst. Das Sofa lässt sich noch immer ausziehen.«
    Ich ging
nicht davon aus, dass das Angebot einer Anwandlung purer Herzenswärme ob
unseres Wiedersehens entsprang. Meine Ma hat es gern, wenn du ihr was schuldig
bist. Die Idee behagte mir zwar nicht, aber etwas Besseres fiel mir auch nicht
ein. Sie fügte hinzu: »Es sei denn, du bist dir inzwischen zu fein dazu«, damit
ich bloß nicht dachte, sie würde langsam zartfühlend.
    »Überhaupt
nicht«, sagte ich und grinste Shay breit an. »Das wäre toll. Danke, Ma.«
    »Mammy,
nicht Ma. Ich schätze, du willst dann auch noch frühstücken und so.«
    »Kann ich
auch über Nacht bleiben?«, fragte Kevin völlig unerwartet.
    Ma starrte
ihn mit einem zutiefst misstrauischen Blick an. Er wirkte selbst ebenso
verblüfft wie ich. »Wenns sein muss«, sagte sie schließlich. »Versaut mir bloß
nicht die gute Bettwäsche«, und dann stemmte sie sich vom Sofa hoch und fing
an, Teetassen einzusammeln.
    Shay
lachte, nicht nett. »Friede auf Walton's Mountain«, sagte er und tippte mit der
Schuhspitze gegen den Koffer. »Gerade noch rechtzeitig zu Weihnachten.«
     
    Bei

Weitere Kostenlose Bücher