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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Ma im
Haus ist Rauchen verboten. Shay und Jackie und ich gingen daher nach draußen,
um unserer Sucht zu frönen, gefolgt von Kevin und Carmel. Wir setzten uns auf
die Stufen vor der Haustür, so wie früher als Kinder, wenn wir nach dem
Abendessen Wassereis aßen und darauf warteten, dass irgendwas Spannendes
passierte. Ich brauchte eine Weile, bis ich merkte, dass ich noch immer auf
irgendetwas wartete - Kinder mit einem Fußball, ein Paar, das sich anschrie,
eine Frau, die herübergeeilt kam, um Teebeutel gegen Tratsch zu tauschen,
irgendwas — und dass nichts passierte. In Nummer 11 kochten zwei langhaarige
Studenten und hörten dabei eine CD von Keane, noch nicht mal besonders laut,
und in Nummer 7 stand Sallie Hearne am Bügelbrett und irgendwer guckte fern.
Mehr passierte wohl heutzutage am Faithful Place nicht.
    Wir hatten
uns instinktiv auf unsere alten Plätze gesetzt: Shay und Carmel rechts und
links auf der obersten Stufe, Kevin und ich unter ihnen, Jackie ganz unten
zwischen uns. Wir hatten unsere persönlichen Gesäßabdrücke in den Stufen hinterlassen.
»Jesses, ist das warm«, sagte Carmel. »Und das im Dezember. Verkehrte Welt.«
    »Globale
Erwärmung«, sagte Kevin. »Hat einer eine Zigarette für mich?«
    Jackie
reichte ihre Packung rauf. »Fang bloß nicht mit der Qualmerei an. Blöde
Angewohnheit.«
    »Nur bei
besonderen Anlässen.«
    Ich ließ
mein Feuerzeug schnippen, und er beugte sich zu mir rüber. Durch die Flamme
warfen seine Wimpern Schatten auf seine Wangen, so dass er eine Sekunde lang
aussah wie ein schlafendes Kind, rosig und unschuldig. Kevin hatte mich
angehimmelt, damals, war mir auf Schritt und Tritt gefolgt. Ich hatte Zippy
Hearne die Nase blutig geschlagen, weil er Kevin die Gummibärchen weggenommen
hatte. Jetzt roch er nach Aftershave.
    »Sallie«,
sagte ich mit einem Nicken in ihre Richtung. »Wie viele Kinder hat sie
eigentlich insgesamt bekommen?«
    Jackie
reckte eine Hand über die Schulter, um ihre Zigaretten von Kevin
zurückzunehmen. »Vierzehn. Mir tut unten rum alles weh, wenn ich bloß dran
denke.« Ich schmunzelte und sah, dass Kevin mich angrinste, als unsere Blicke
sich trafen.
    Nach einem
Moment sagte Carmel zu mir: »Ich hab vier. Darren und Louise und Donna und
Ashley.«
    »Hat
Jackie mir erzählt. Alle Achtung. Wem sehen sie ähnlich?«
    »Louise
schlägt nach mir, die Ärmste. Darren sieht seinem Daddy ähnlich.«
    »Donna ist
Jackie wie aus dem Gesicht geschnitten«, sagte Kevin. »Inklusive Hasenzähne.«
    Jackie gab
ihm einen Klaps. »Klappe, du.«
    »Die
müssen doch schon ziemlich groß sein«, sagte ich.
    »Das
kannst du laut sagen. Darren wird dieses Jahr mit der Schule fertig. Er will
Maschinenbau studieren, am UCD, ob du's glaubst oder nicht.«
    Keiner
fragte nach Holly. Vielleicht hatte ich Jackie unrecht getan, vielleicht konnte
sie ja doch den Mund halten. »Moment«, sagte Carmel und kramte in ihrer
Handtasche. Sie holte ihr Handy heraus, fummelte daran herum und hielt es mir
hin. »Willst du sie mal sehen?«
    Ich ging
die Fotos durch. Vier unscheinbare, sommersprossige Kinder. Trevor, der aussah
wie eh und je, bis auf den Haaransatz, eine Doppelhaushälfte mit Rauputz im
Siebzigerjahrestil in irgendeinem deprimierenden Dubliner Vorort, der mir
nicht mehr einfallen wollte. Carmel war genauso, wie sie es sich immer für sich
erträumt hatte. Nur sehr wenige Menschen können das von sich behaupten. Schön
für sie, auch wenn ihr Traum in mir eher den Wunsch weckte, mir die Gurgel
durchzuschneiden.
    »Scheinen
richtig nette Kinder zu sein«, sagte ich und gab ihr das Handy zurück.
»Glückwunsch, Melly.«
    Ein leises
Luftschnappen über mir. »Melly. Mein Gott ... Das hab ich schon seit Jahren
nicht mehr gehört.«
    In dem
Licht sahen sie wieder wie sie selbst aus. Es tilgte die Falten und die grauen
Strähnen, nahm Kevins Kinnpartie das Plumpe und wischte Jackie das Make-up aus
dem Gesicht, bis wir fünf wieder ganz die Alten waren, frisch und katzenäugig
und ruhelos im Dunkeln, unseren verschiedenen Träumen nachhängend. Würde Sallie
Hearne aus dem Fenster schauen, sähe sie uns: die Mackey-Kinder, alle
beieinander, auf den Stufen vor ihrem Haus. Einen verrückten Moment lang war
ich glücklich, hier zu sein.
    »Aua«, sagte
Carmel und rutschte hin und her. Carmel konnte Stille noch nie gut ertragen.
»Mir tut der Hintern weh. Francis, bist du sicher, dass das stimmt, was du
vorhin gesagt hast? Dass Rosie wiederkommen wollte, um den Koffer

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