French, Tana
kam zu mir zurück und verschränkte ihre Finger so fest mit meinen, dass es
weh tat. »Ich tu's ja nicht. Okay? Ich weiß bloß nicht, was ich tun
soll.«
Ich hätte
eine Niere verkauft, wenn mir dadurch die magische Antwort eingefallen wäre.
Stattdessen versuchte ich es mit dem großartigsten Drachentöterangebot, das mir
in den Sinn kam. »Ich geh zu deinem Dad und rede mit ihm. Von Mann zu Mann. Ich
sage ihm, dass ich auf gar keinen Fall Mist bauen werde.«
»Das hab
ich ihm schon gesagt. Hundertmal. Er denkt, dass du mir einen Haufen
Schwachsinn erzählt hast, damit du mir an die Wäsche kannst, und ich dir jedes
Wort geglaubt hab. Denkst du etwa, er wird auf dich hören, wenn er nicht auf
mich hört?«
»Dann muss
ich es ihm eben beweisen. Wenn er erst mal sieht, dass ich dich anständig behandele
—«
»Die Zeit
haben wir nicht! Er sagt, ich muss heute Abend mit dir Schluss machen, sonst
schmeißt er mich raus, und das macht der, garantiert. Es würde meiner Mammy das
Herz brechen, aber das ist dem schnurzegal. Er wird ihr verbieten, mich überhaupt
noch zu sehen, und Gott steh ihr bei, sie wird tun, was er ihr sagt.«
Nach
siebzehn Jahren in meiner Familie war meine Standardlösung für alles, die
Klappe zu halten. Ich sagte: »Dann erzähl ihm einfach, du hättest es gemacht.
Mich abserviert. Muss ja keiner wissen, dass wir immer noch zusammen sind.«
Rosie
erstarrte, und ich sah förmlich, wie sich ihre Gedanken überschlugen. Nach
einem Moment sagte sie: »Für wie lange?«
»Bis uns
was Besseres einfällt, bis dein Dad sich beruhigt hat, ich weiß nicht. Wir
müssen nur lange genug abwarten, irgendwann tut sich schon irgendwas.«
»Kann
sein.« Sie dachte noch immer angestrengt nach, den Kopf über unsere
verschränkten Hände gebeugt. »Denkst du, wir kriegen das hin? Die Leute
zerreißen sich hier doch ständig das Maul ...«
Ich sagte:
»Es wird bestimmt nicht leicht werden. Wir müssen allen erzählen, wir hätten
Schluss gemacht, und wir müssen überzeugend klingen. Wir können nicht zusammen
zur Schulabschlussfeier gehen. Du wirst ständig Angst haben, dass dein Dad
dahinterkommt und dich rausschmeißt.«
»Ist mir
scheißegal. Aber was ist mit dir? Du könntest dir schließlich die
Heimlichtuerei sparen. Dein Dad versucht nicht, eine Nonne aus dir zu machen.
Ist es das wert?«
Ich sagte:
»Was redest du denn da? Ich liebe dich.«
Ich war
geschockt. Ich hatte das noch nie gesagt. Ich wusste, dass ich es nie wieder
sagen würde, nicht wirklich; dass man nur einmal im Leben die Chance dazu
bekam. Meine bekam ich ganz plötzlich und unerwartet an einem nebligen Herbstabend
unter einer Straßenlampe, die gelbe Streifen auf das nasse Pflaster warf,
während Rosies starke, geschmeidige Finger mit meinen verflochten waren.
Rosies
Mund öffnete sich. Sie sagte: »Oh.« Und gleichzeitig stieß sie ein wunderbares,
hilfloses, atemloses Lachen aus.
»Jetzt
weißt du's«, sagte ich.
Sie sagte
mit einem weiteren plötzlichen Beinahe-Lachen: »Na dann, dann ist doch alles in
Ordnung, oder?«
»Ja,
nicht?«
»Ja. Ich
liebe dich auch. Also finden wir auch eine Lösung. Hab ich recht?«
Mir
fehlten die Worte. Mir fiel nichts anderes ein, als sie ganz eng an mich zu
ziehen. Ein alter Mann, der mit seinem Hund Gassi ging, musste um uns herum und
murmelte irgendwas von empörendem Benehmen, aber ich hätte mich nicht von der
Stelle bewegen können, selbst wenn ich gewollt hätte. Rosie drückte ihr Gesicht
fest in meine Halsbeuge. Ich spürte das Flattern ihrer Lider auf meiner Haut,
und dann die Nässe, wo sie gewesen waren. »Wir finden eine«, sagte ich in ihr
warmes Haar, und ich war überzeugt, dass das stimmte, weil wir den höchsten
Trumpf in der Hand hielten, den unverhofften Joker, der alle anderen Karten im
Spiel schlägt. »Wir finden eine Lösung.«
Nachdem
wir bis zur Erschöpfung weitergegangen waren und geredet und geredet hatten,
machten wir uns auf den Rückweg, um mit Sorgfalt den heiklen Plan in die Tat
umzusetzen, alle am Faithful Place von unserer Trennung zu überzeugen. Und
obwohl wir vorsichtshalber eine lange Wartezeit vereinbart hatten, trafen wir
uns später in der Nacht in Nummer 16. Es war uns längst egal, wie gefährlich
der Zeitpunkt war. Wir legten uns zusammen auf die knarrenden Bodendielen, und
Rosie schlang uns Brust an Brust in die weiche blaue Decke, die sie immer
mitbrachte, und in dieser Nacht sagte sie nicht mehr Stopp.
Jener
Abend war einer der Gründe,
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