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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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sich mies deswegen. Sie konnte nicht mal zu Rosie
rübersehen, die sich mit Mandy und Julie über irgendwas kaputtlachte. Noch
zweiundzwanzig Jahre später brannten ihr die Wangen, als sie darüber redete.
Sie hatte es trotzdem getan.
    Es war so
eine jämmerliche kleine Geschichte, eine Bagatelle, etwas, worüber sich
pubertierende Mädchen öfter mal streiten und was sie gleich wieder vergessen.
Sie hatte uns zu dieser Woche und in dieses Zimmer gebracht.
    »Eins würd
mich interessieren«, sagte ich. »Hat er dich anschließend wenigstens noch
schnell durchgebumst?«
    Imelda sah
mich nicht an, aber die roten Flecken wurden dunkler. »Sehr schön. Wo du dir
schon die ganze Arbeit gemacht und Rosie und mich ans Messer geliefert hast,
wäre ich schwer enttäuscht, wenn du nichts davon gehabt hättest. So sind zwar
zwei Menschen gestorben und eine Menge Leben in die Brüche gegangen, aber,
Mensch, du hast wenigstens deinen Fick gekriegt.«
    Sie sagte
mit dünner, verzerrter Stimme: »Du meinst ...? Weil ich das Shay erzählt habe?
Deshalb ist Rosie gestorben?«
    »Du bist
ein verdammtes Genie.«
    »Francis.
Hat ...?« Imelda erbebte am ganzen Körper, wie ein verstörtes Pferd. »Hat Shay
... ?«
    »Hab ich
das gesagt?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Gut
erkannt. Jetzt pass auf, Imelda: Wenn du die Sache rumerzählst, wenn du sie
auch nur einer Menschenseele verrätst, dann wirst du das den Rest deines
Lebens bereuen. Du hast alles getan, um den Namen von einem meiner Brüder in
den Dreck zu ziehen. Ich werde nicht zulassen, dass du das auch noch dem
anderen antust.«
    »Ich sag
keinem was. Ich schwöre es, Francis.«
    »Das gilt
auch für deine Töchter. Nur für den Fall, dass Verpfeifen in der Familie
liegt.« Sie zuckte zusammen. »Du hast nie mit Shay geredet, und ich war nie
hier. Ist das klar?«
    »Ja.
Francis ... es tut mir leid. Gott, es tut mir so leid. Ich hätte nicht im Traum
gedacht ...«
    Ich sagte:
»Gott, was hast du getan.« Das war das Einzige, was mir über die Lippen kam.
»Großer Gott, Imelda. Was hast du getan.« Als ich sie allein ließ, starrte sie
auf Asche und zersplittertes Glas und ins Nichts.
     
    19
     
    DIESE NACHT DAUERTE LANG. Fast hätte ich meine reizende
Freundin von der Kriminaltechnik angerufen, aber ich dachte mir, dass nur
wenige Dinge einem unbeschwerten Nümmerchen mehr im Wege stehen als eine
Partnerin, die allzu genau weiß, wie deine Exfreundin gestorben ist. Ich erwog,
in einen Pub zu gehen, aber das würde nichts bringen, solange ich nicht
vorhatte, mich ins Koma zu saufen, und diese Idee wiederum erschien mir
ausgesprochen kontraproduktiv. Ich spielte sogar lange mit dem Gedanken, Olivia
anzurufen und zu fragen, ob ich zu ihr kommen könnte, sah aber schließlich
davon ab, da ich ihre Geduld in dieser Woche wahrscheinlich schon genug
strapaziert hatte. Schließlich landete ich im Ned Kelly auf der
O'Connell Street, wo ich im Hinterzimmer mit drei Russen, die kaum Englisch
konnten, aber auch so verstanden, wenn ein Mann in Not war, bis zur Sperrstunde
eine Partie Billard nach der anderen spielte. Anschließend ging ich nach Hause
und saß dann kettenrauchend auf dem Balkon, bis mir fast der Hintern abfror,
woraufhin ich reinging und mir, bis es hell genug wurde, um zu frühstücken, in
der Glotze durchgeknallte weiße Jungs anschaute, die sich in irgendeiner
Realityshow Rapper-Handzeichen gaben. Alle paar Minuten versuchte ich, den
mentalen Schalter fest genug umzulegen, so dass ich nicht Rosies Gesicht sah
oder Kevins oder Shays.
    Es war
nicht der erwachsene Kev, den ich die ganze Zeit vor mir sah; es war der Junge
mit dem klebrigen Gesicht, der so lange mit mir auf einer Matratze geschlafen
hatte, dass ich noch immer spüren konnte, wie er im Winter seine kalten Füße
wärmesuchend zwischen meine Schienbeine schob. Er war mit Abstand der
Hübscheste von uns gewesen, ein pausbäckiger blonder Engel wie aus einer
Werbung für Kindernahrung. Carmel und ihre Freundinnen schleppten ihn gerne
herum wie eine Stoffpuppe, zogen ihn an, fütterten ihn mit Süßigkeiten und
übten für ihre zukünftige Mutterrolle. Er lag mit einem breiten glücklichen
Grinsen in ihren Puppenwagen und genoss die Aufmerksamkeit. Schon in dem Alter
hatte unser Kev Erfolg bei Frauen gehabt. Ich hoffte, irgendwer hatte seinen
zahlreichen Freundinnen schonend beigebracht, dass er nicht mehr zu Besuch
kommen würde.
    Und die
Rosie, die mir ständig in den Sinn kam, glühte nicht vor lauter erster

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