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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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aufregen.«
    »Nana und
deine Tanten und alle deine Cousinen und dein Cousin. Die werden alle ganz
durcheinander sein. Keiner wird wissen, was los ist. Und manche werden dir
nicht mal glauben. Es wird einen heiligen Krieg geben.« Wieder eine ominöse
Pause. »Holly, Schätzchen. Willst du das etwa?«
    »Nein ...«
    »Natürlich
nicht. Du möchtest jeden Sonntag herkommen und schöne Nachmittage mit uns allen
verbringen, nicht? Du möchtest, dass deine Nana dir zum Geburtstag eine Biskuittorte
backt, genau wie sie das für Louise gemacht hat, und dass Darren dir
Gitarrespielen beibringt, wenn deine Hände groß genug dafür sind.« Die Worte
glitten über sie hinweg, weich und verführerisch, umhüllten sie und ließen sie
nicht mehr los. »Du möchtest doch, dass wir hier alle zusammen sind.
Spaziergänge machen. Essen kochen. Lachen. Oder?«
    »Ja. Wie
eine richtige Familie.«
    »Genau.
Und in einer richtigen Familie hilft man sich gegenseitig. Dafür sind Familien
da.«
    Holly, die
gute kleine Mackey, tat das Natürlichste von der Welt. Sie sagte, und es war
noch immer bloß ein winziger Laut, aber schon unterlegt mit einer neuen Art von
Gewissheit: »Ich erzähl's keinem.«
    »Nicht mal
deinem Dad?«
    »Ja. Nicht
mal dem.«
    »Braves
Mädchen«, sagte Shay so sanft und beruhigend, dass die Dunkelheit vor mir kochend
rot wurde. »Braves Mädchen. Du bist meine liebste kleine Nichte, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Das wird
unser ganz besonderes Geheimnis. Versprichst du mir das?«
    Ich malte
mir mehrere Möglichkeiten aus, jemanden umzubringen, ohne Spuren zu
hinterlassen. Dann, ehe Holly es ihm versprechen konnte, holte ich tief Luft
und stieß die Tür auf.
    Sie gaben
ein hübsches Bild ab. Shays Wohnung war sauber und spartanisch, fast soldatisch
ordentlich: abgenutzte Dielen, verblasste olivgrüne Vorhänge, ein paar
beliebige unscheinbare Möbel, kahle weiße Wände. Ich wusste von Jackie, dass er
seit sechzehn Jahren hier wohnte, seit die verrückte Mrs Field gestorben war
und die Wohnung frei wurde, aber es sah noch immer aus wie in einem Übergangsquartier.
Er hätte innerhalb von zwei Stunden packen und ausziehen können, ohne eine
Spur zu hinterlassen.
    Er saß mit
Holly an einem kleinen Holztisch. Ihre Bücher lagen aufgeschlagen vor ihnen,
und sie sahen aus wie ein altes Gemälde: Vater und Tochter in ihrer Dachkammer,
in egal welchem Jahrhundert, gemeinsam in irgendeine geheimnisvolle Geschichte
vertieft. Im Lichtkegel einer Stehlampe strahlten sie wie Juwelen in dem
tristen Zimmer, Hollys goldblonder Kopf und ihre rubinrote Strickjacke, das
Dunkelgrün von Shays Pullover und der blauschwarze Schimmer seiner Haare. Er
hatte einen Fußhocker unter den Tisch geschoben, damit Hollys Füße nicht
baumelten. Der Hocker sah aus wie das Neuste im ganzen Raum.
    Das
reizende Bild währte nicht mal eine Sekunde. Dann zuckten sie zusammen wie zwei
schuldbewusste Teenager, die beim Kiffen erwischt wurden. Holly sagte: »Wir
machen Mathe! Onkel Shay hilft mir.«
    Sie war
knallrot und das personifizierte schlechte Gewissen, was mich beruhigte: Ich
hatte schon befürchtet, sie wäre dabei, sich in eine eiskalte Superspionin zu
verwandeln. Ich sagte: »Richtig, das hast du mir erzählt. Wie läuft's denn?«
    »Ganz
gut.« Sie schielte rasch zu Shay hinüber, aber der beobachtete mich aufmerksam
und völlig ausdruckslos.
    »Prima.«
Ich schlenderte zu ihnen rüber und warf einen beiläufigen Blick über ihre
Schultern. »Sieht gut aus, muss ich schon sagen. Hast du dich auch bei deinem
Onkel bedankt?«
    »Klar.
Schon oft.«
    Ich zog
eine Augenbraue hoch und sah Shay an, der sagte: »Hat sie. Wirklich.«
    »Na, das
hör ich gern. Ich halte nämlich viel von guten Manieren.«
    Holly
hüpfte fast von ihrem Stuhl vor lauter Unsicherheit. »Daddy ...«
    Ich sagte:
»Holly, Schätzchen, geh runter und mach deine Hausaufgaben unten bei Nana
fertig. Wenn sie wissen will, wo dein Onkel Shay und ich bleiben, sag ihr, wir
unterhalten uns ein bisschen und kommen gleich nach. Okay?«
    »Okay.«
Sie fing an, ihre Sachen in die Schultasche zu räumen, langsam. »Sonst sag ich
ihr nichts. Richtig?«
    Sie hätte
jeden von uns beiden meinen können. Ich sagte: »Richtig. Das weiß ich doch,
Liebes. Wir beide unterhalten uns später. Und jetzt ab mit dir. Schnell.«
    Holly
packte die restlichen Sachen ein und blickte noch einmal zwischen uns hin und
her - schon allein das Durcheinander widersprüchlicher Gefühle auf ihrem
Gesicht, während

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