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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Denk
positiv. Dreh es um.«
    »Rocky«,
sagte ich. »Die Überreste, die deine Jungs da aus dem Keller geholt haben, das
war mal meine Freundin. Ich hab gedacht, sie wäre auf und davon, würde es sich
in England gutgehen lassen, glücklich und zufrieden. Verzeih mir, wenn es mir
schwerfällt, da eine positive Seite zu sehen.«
    Rocky
seufzte. »Okay«, sagte er. »In Ordnung. Soll ich dir ein bisschen auf die
Sprünge helfen?«
    »Du
könntest mir keine größere Freude machen.«
    »Du hast
einen guten Ruf bei den Kollegen, Frank, einen tollen Ruf, bis auf eine
Kleinigkeit: Es heißt, du neigst zu Alleingängen. Dass du es - wie soll ich
sagen? - mit den Vorschriften nicht immer ganz so genau nimmst, wie du
solltest. Der Koffer ist ein gutes Beispiel dafür. Und den hohen Tieren sind
Teamplayer um einiges lieber als einsame Helden. Einzelgänger sind nur beliebt,
wenn sie Mel Gibson heißen. Wenn du dich während einer Ermittlung wie dieser,
die dich verständlicherweise stark belastet, richtig verhältst, wenn du allen
zeigst, dass du dich für das Team einsetzen kannst, dann steigen deine Aktien
gewaltig. Denk langfristig. Kannst du mir folgen?«
    Ich
lächelte ihn breit und strahlend an, nur um ihm keine reinzuhauen. »Das ist
eine ordentliche Portion gemischter Klischee-Salat, Rocky. Das muss ich alles
erst mal verdauen.«
    Er beäugte
mich einen Moment. Als er von meinem Gesicht nichts ablesen konnte, zuckte er
mit den Schultern. »Wie du meinst. Wollte dir bloß einen Rat geben.« Er zog die
Aufschläge seines Jacketts gerade. »Du hörst von mir«, sagte er so, dass es
ganz dezent nach Warnung klang, und dann nahm er seine schnieke Aktentasche und
schritt nach draußen.
    Ich hatte
nicht die Absicht, mich so bald von der Stelle zu bewegen. Ich wusste schon,
dass ich mir den Rest des Wochenendes freinehmen würde. Ein Grund war Rocky.
Er und seine Kollegen würden die nächsten zwei Tage am Faithful Place
herumspringen wie eine Meute Terrier auf Speed, in Ecken herumschnüffeln, bei
manchen die Nasen in heikle Zonen stecken und allen gehörig auf den Geist
gehen. Ich musste den Leuten hier zeigen, dass ich mit denen nichts zu tun
hatte.
    Der zweite
Grund war wieder Rocky, bloß aus einem anderen Blickwinkel. Er kam mir, was
mich anging, ein klitzekleines bisschen misstrauisch vor, und wenn ich ihm
vierundzwanzig Stunden lang nicht in die Quere kam, könnte das erheblich dazu
beitragen, dass er es bei mir ebenso hielt. Wenn man jemanden anschaut, den man
in jungen Jahren kennengelernt hat, sieht man immer den Menschen, den man
damals kannte, und Rocky sah noch immer einen hitzigen jungen Burschen, der
Sachen entweder schnell erledigte oder gar nicht. Er würde nicht auf die Idee
kommen, dass ich vielleicht inzwischen geduldiger geworden war, so wie er seine
Geltungssucht besser in den Griff bekommen hatte. Wer jagen will wie ein
braves kleines hechelndes Hündchen, das sich sofort auf die Fährte stürzt,
kaum dass es von der Leine gelassen wird, arbeitet beim Morddezernat. Wer zur
Undercoverabteilung will, und das wollte ich immer, lernt so zu jagen, wie es
Raubkatzen machen: sich auf die Lauer legen, in Deckung bleiben und lautlos Zentimeter
für Zentimeter anschleichen, selbst wenn es noch so lange dauert.
    Der dritte
Grund schäumte vermutlich gerade in Dalkey vor lauter Wut auf mich. Irgendwann
in Kürze würde ich mit ihr reden müssen und, Gott steh uns allen bei, mit
Olivia, aber ein Mann hat seine Grenzen. Ich betrinke mich nie, aber nach
diesem Tag hatte ich meiner Meinung nach alles Recht der Welt, im Laufe des
Abends herauszufinden, wie viel ich vertragen konnte, ehe ich umkippte. Ich
fing den Blick des Barmanns auf und sagte: »Ich nehm noch eins.«
    Der Pub
hatte sich geleert, wahrscheinlich als Reaktion auf Rocky. Nach einer Weile
deutete der Barmann mit einem Kopfnicken zur Tür. »Freund von Ihnen?«
    Ich sagte:
»So würde ich es nicht ausdrücken.«
    »Hab Sie
hier noch nie gesehen.«
    »Wundert
mich nicht.«
    »Gehören
Sie vielleicht zu den Mackeys am Faithful Place?« Die Augen. »Lange
Geschichte«, sagte ich.
    »Ach so«,
sagte der Barmann, als würde er alles verstehen, was es über mich zu wissen
gab, »die haben wir alle«, und hielt mit gekonntem Schwung ein Glas unter den
Zapfhahn.
     
    Das letzte
Mal berührt hatten Rosie Daly und ich uns an einem Freitag, neun Tage vor der
Stunde null. In der Stadt war es an dem Abend frisch und kalt und voll, die
Weihnachtsbeleuchtung strahlte in

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