French, Tana
aber mein Boss macht da
niemals mit.«
Der Boss
vom Morddezernat ist in der Tat nicht mein größter Fan, aber ich bezweifelte,
dass Rocky das wusste. Ich zog eine Augenbraue hoch und tat amüsiert. »Dein
Boss traut dir nicht zu, ein eigenes Team zusammenzustellen?«
»Doch,
aber ich muss meine Entscheidung begründen können. Liefer mir irgendwas
Handfestes, was ich ihm bieten kann, Frank. Lass doch mal ein paar von diesen
erstklassigen Informationen hören. Hatte Rose Daly irgendwelche Feinde?«
Wie wir
beide wussten, würde mir der Hinweis darauf, dass ich bereits eine ganze Menge
verraten hatte, wenig nützen. »Nicht, dass ich wüsste. Das war mit ein Grund,
warum ich nie auf den Gedanken gekommen bin, sie könnte tot sein.«
Er blickte
skeptisch. »Was denn, war sie eine Idiotin?«
Ich sagte
mit einem freundlichen Unterton, der ihn im Unklaren ließ, ob ich einen Witz
machte: »Sie war wesentlich cleverer, als du es je sein wirst.«
»Langweilig?«
»Absolut
nicht.«
»Hässlich?«
»Die
schärfste Braut in der ganzen Nachbarschaft. Was traust du mir denn für einen
Geschmack zu?«
»Dann
hatte sie garantiert Feinde. Eine Langweilerin oder eine Schreckschraube würde
vielleicht niemandem auf den Senkel gehen, aber wenn eine Frau Köpfchen und
Persönlichkeit hat und noch dazu toll aussieht, macht sie zwangsläufig
irgendwann jemanden sauer.« Er blickte mich neugierig über sein Bier hinweg an.
»Die rosarote Brille ist nicht dein Stil, Frank. Du musst richtig verrückt nach
ihr gewesen sein, was?«
Gefährliche
Gewässer. »Erste Liebe«, sagte ich achselzuckend. »Lange her. Ich hab sie
wahrscheinlich idealisiert, zugegeben, aber sie war wirklich ein nettes
Mädchen. Mir fällt keiner ein, der mit ihr ein Problem gehabt hätte.«
»Keine
Exfreunde mit Rachegelüsten? Keine Zickenkriege?«
»Rosie und
ich waren ein paar Jahre zusammen, Rocky. Seit wir sechzehn waren. Ich glaube,
sie hatte vor mir ein paar Freunde, aber das war Kinderkram: Händchenhalten im
Kino, den Namen des anderen auf den Tisch in der Schule schreiben, nach drei
Wochen Schluss machen, weil die Bindung zu intensiv wird.«
»Namen?«
Er hatte
seinen glänzenden Detective-Stift in der Hand. Irgendwelche armen Teufel
würden unerwünschten Besuch kriegen. »Martin Hearne, wurde damals auch Zippy
genannt, obwohl er heute vielleicht nicht mehr drauf hört. Wohnte in Nummer
sieben, durfte sich ganz kurze Zeit, als wir ungefähr fünfzehn waren, Rosies
Freund nennen. Davor war sie mit einem gewissen Colm zusammen, der mit uns zur
Schule ging, bis seine Eltern zurück in die Provinz zogen, und als wir ungefähr
acht waren, hat sie Larry Sweeney von der Smith's Road geküsst, als eine Art
Mutprobe. Ich bezweifle ernsthaft, dass einer von denen noch nach ihr
geschmachtet hat.«
»Keine
neidischen Freundinnen?«
»Neidisch
auf was? Rosie war nicht der Femme-fatale-Typ; sie hat nicht mit den Freunden
von anderen Mädels geflirtet. Und ich mag ja unwahrscheinlich sexy sein, aber
selbst wenn jemand gewusst hätte, dass wir zusammen waren, was keiner wusste,
bezweifele ich, dass irgendein Mädchen Rosie kaltgemacht hat, bloß um meinen
heißen Körper in die Hände zu kriegen.«
Rocky
grunzte. »Da geb ich dir recht. Aber, Frank, du musst mir mehr geben. Was du
mir bisher erzählt hast, hätte ich auch von jedem Tratschweib im Radius von
einer Meile erfahren können. Wenn ich dich bei meinem Boss durchboxen will,
brauch ich was Genaueres. Liefer mir ein paar Motive oder die pikanten
Geheimnisse des Opfers oder - Ah, ich hab ne Idee.« Er schnippte mit den
Fingern, zeigte auf mich. »Erzähl mir haarklein von der Nacht, in der ihr zwei
verabredet wart. Die Erinnerungen eines Augenzeugen. Dann sehen wir, wies weitergeht.«
Anders
ausgedrückt: Wo warst du am Abend des Fünfzehnten, Kleiner? Ich war mir nicht
sicher, ob er mich ernsthaft für so blöd hielt, dass ich das nicht merkte. »In
Ordnung«, sagte ich. »Die Nacht von Sonntag auf Montag, vom fünfzehnten auf den
sechzehnten Dezember 1985. Um ungefähr zwanzig Minuten vor Mitternacht verließ
ich mein Elternhaus, Faithful Place Nummer acht, und begab mich ans Ende der
Straße, wo ich so gegen zwölf mit Rose Daly verabredet war, je nachdem, wann
unsere Familien zu Bett gingen und wir Gelegenheit hatten, uns unbemerkt
davonzuschleichen. Ich blieb bis gegen fünf oder sechs Uhr früh dort — den
exakten Zeitpunkt kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich verließ meinen Standort
nur
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