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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Schließlich machen
wir das ja nicht aus Spaß. Wenn mein Dad sich wegen der ganzen Sache mit uns
nicht so total bescheuert aufgeführt hätte, wären wir nie auf die Idee gekommen.
Wieso? Hast du welche?«
    »Keine
Spur. Kevin und Jackie sind die Einzigen, die mich vermissen werden. Ich schick
ihnen irgendwas Hübsches von meinem ersten Lohn, dann freuen sie sich. Wirst du
deine Familie vermissen, ist es deswegen? Oder die Mädels?«
    Sie dachte
einen Moment darüber nach. »Die Mädels, ja, ganz bestimmt. Und meine Familie,
ein bisschen. Aber ... ich weiß seit einer Ewigkeit, dass ich irgendwann
ausziehe. Bevor wir mit der Schule fertig wurden, haben Imelda und ich schon
darüber geredet, vielleicht nach London zu gehen, bis ...« Ein flüchtiges
seitliches Grinsen in meine Richtung. »Bis uns beiden ein noch besserer Plan
eingefallen ist. Egal, was passiert, früher oder später wäre ich sowieso
abgehauen. Du nicht auch?«
    Sie sparte
sich die Frage, ob ich meine Familie vermissen würde. »Ja«, sagte ich — ich war
nicht sicher, ob das stimmte oder nicht, aber genau das wollten wir beide
hören. »Ich wäre abgehauen, so oder so. Aber so wie jetzt gefällt es mir am
besten.«
    Wieder die
Andeutung eines Lächelns, noch immer kein ganzes. »Mir auch.«
    Ich
fragte: »Was hast du denn dann? Seit du dich hingesetzt hast, benimmst du dich
komisch.«
    Jetzt war
Rosie voll da. »Musst du gerade sagen. Du bist so gut drauf wie Oscar aus der
Mülltonne -«
    »Ich bin
flatterig, weil du flatterig bist. Ich hab gedacht, du würdest dich tierisch
über die Fahrkarten freuen, und stattdessen —«
    »Schwachsinn.
Du warst schon so, als du reingekommen bist. Du hättest dem Blödmann vorhin
doch am liebsten eine reingehauen -«
    »Du doch
auch. Hast du's dir anders überlegt? Ist das der Grund?«
    »Wenn du
mit mir Schluss machen willst, Francis Mackey, dann benimm dich wie ein Mann
und tu es. Versuch nicht, mir deine Drecksarbeit aufzuhalsen.«
    Wir
funkelten einander eine Sekunde lang an, haarscharf vor einem handfesten Streit.
Dann stieß Rosie die Luft aus, ließ sich gegen die Lehne der Bank sinken und
pflügte sich mit den Händen durchs Haar. Sie sagte: »Ich sag dir, was los ist,
Francis. Wir zwei sind nervös, weil wir Angst haben, uns zu überschätzen.«
    Ich sagte:
»Du redest Blödsinn.«
    »Nein, tu
ich nicht. Wir zwei wollen nach London und die Musikbranche erobern, drunter
tun wir's nicht. Wir malochen nicht mehr in irgendwelchen Fabriken, vielen
herzlichen Dank, nicht unser Stil, wir werden für Rockgruppen arbeiten. Was
würde deine Mammy dazu sagen, wenn sie es wüsste?«
    »Sie würde
wissen wollen, für wen zum Teufel ich mich halte. Dann würde sie mir eine
schallern, mich einen dummen Trottel nennen und sagen, ich soll gefälligst
wieder auf den Teppich kommen. Es würde laut werden.«
    »Und das«,
sagte Rosie und hob ihr Glas in meine Richtung, »das ist der Grund, warum wir
flatterig sind, Francis. So gut wie alle, die wir kennen, würden das Gleiche
sagen: Sie würden sagen, wir überschätzen uns. Wenn wir uns von dem Mist
beeindrucken lassen, schreien wir uns irgendwann nur noch an und machen uns
gegenseitig unglücklich. Deshalb müssen wir zur Vernunft kommen und zwar
schnell. Klar?«
    Insgeheim
macht es mich noch immer stolz, wie Rosie und ich uns geliebt haben. Wir hatten
sonst niemanden, von dem wir hätten lernen können - weder ihre noch meine
Eltern waren leuchtende Beispiele für erfolgreiche Beziehungen -, daher
lernten wir Folgendes voneinander: Wenn jemand, den du liebst, dich braucht,
kannst du dein aufbrausendes Temperament zügeln, du kannst die namenlosen
Dinge, die dir eine Heidenangst einjagen, in den Griff bekommen, du kannst dich
wie ein Erwachsener benehmen statt wie der Cromagnon-Teenager, der du bist, du
kannst zig Dinge tun, die du nie für möglich gehalten hättest. Ich sagte: »Komm
her.« Ich fuhr mit den Händen an Rosies Armen hoch und streichelte ihre Wangen,
und sie beugte sich vor und drückte die Stirn gegen meine, so dass der Rest der
Welt hinter dem leuchtenden, dichten Gewirr ihrer Haare verschwand. »Du hast
total recht. Tut mir leid, dass ich ein Idiot war.«
    »Kann
sein, dass wir die Sache in den Sand setzen, aber es gibt keinen Grund, warum
wir nicht unser Bestes versuchen sollten.«
    Ich sagte:
»Du bist eine kluge Frau, weißt du das?«
    Rosie
betrachtete mich, war mir so nah, dass ich die goldenen Flecken im Grün ihrer
Augen sehen konnte, die

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