French, Tana
los. Nach ein paar Sekunden hörte
ich hinter mir, wie sich Kevins Schritte in Bewegung setzten, langsam, in die
andere Richtung.
8
ich schlief ein paar stunden in meinem Auto - ich war viel zu
betrunken, als dass mich irgendein Taxifahrer mitgenommen hätte, aber längst
nicht betrunken genug, um dem Wahn zu verfallen, es wäre eine gute Idee, bei
meiner Ma an die Tür zu klopfen. Ich wachte mit einem Geschmack im Mund auf,
als wäre irgendwas da drin eines schrecklichen Todes gestorben, und es war so
ein frostiger, trüber Morgen, an dem einem die Feuchtigkeit bis in die Knochen
kriecht. Ich brauchte gut zwanzig Minuten, um meine Nackenmuskeln zu
entkrampfen.
Die
Straßen waren glänzend nass und leer, Glocken läuteten zur Frühmesse, ohne
dass irgendwer groß darauf achtete. Ich fand ein deprimierendes Café voll mit
deprimierten Osteuropäern und genehmigte mir ein nahrhaftes Frühstück: pappige
Muffins, eine Handvoll Nurofen und einen Eimer Kaffee. Als ich das Gefühl
hatte, wahrscheinlich unter dem Limit zu sein, fuhr ich nach Hause, stopfte die
Klamotten, die ich seit Freitagmorgen trug, in die Waschmaschine, stellte mich
unter eine sehr heiße Dusche und überlegte meinen nächsten Schritt.
Dieser
Fall war für mich so abgeschlossen, wie es ein Fall nur sein kann. Sollte Rocky
doch meinetwegen damit machen, was er wollte. Er mochte ja selbst an seinen
besten Tagen ein nerviger kleiner Schwätzer sein, aber ausnahmsweise kam mir
seine Besessenheit, besser als alle anderen zu sein, gerade recht: Früher oder
später würde er Rosie Gerechtigkeit verschaffen, falls es welche zu
verschaffen gab. Er würde mich sogar über alle wichtigen Entwicklungen auf dem
Laufenden halten - wenn auch nicht unbedingt aus altruistischen Gründen, aber
das war mir egal. In nicht ganz anderthalb Tagen hatte ich von meiner Familie
schon wieder dermaßen die Nase voll, dass es für weitere zweiundzwanzig Jahre
reichte. An dem Morgen unter der Dusche hätte ich meine Seele an den Teufel
verwettet, dass mich keine zehn Pferde noch einmal zum Faithful Place bringen
könnten.
Ich hatte
bloß noch ein paar offene Fragen zu klären, bevor ich diesen ganzen Schlamassel
wieder zurück in den Höllenkreis befördern konnte, aus dem er gekommen war.
Ich halte »Trauerarbeit« zwar für einen bildungsbürgerlichen Quatsch, der
erfunden wurde, um Psychiatern ihre Nobelkutschen zu finanzieren, aber
trotzdem: Ich musste mit Sicherheit wissen, ob das da im Keller von Nummer 16
tatsächlich Rosie gewesen war, ich musste wissen, wie sie gestorben war, und
ich musste wissen, ob Rocky und seine Jungs irgendeinen Hinweis darauf hatten,
wo sie in der Nacht damals hingewollt hatte, ehe jemand sie daran hinderte. Ich
hatte mein ganzes Erwachsenenleben damit verbracht, um eine Narbe herum zu
wachsen, die die Form von Rosies Abwesenheit hatte. Der Gedanke, dieses
wulstige Narbengewebe endlich loszuwerden, hatte mich schwindelig gemacht und
dermaßen aus dem Lot gebracht, dass ich etwas so sagenhaft Idiotisches tun
konnte, wie mich mit meinen Geschwistern zu besaufen, eine Vorstellung, die
mich nur zwei Tage vorher noch veranlasst hätte, schreiend Reißaus zu nehmen.
Ich fand, es wäre eine gute Idee, mir erst mal wieder einen klaren Kopf zu
verschaffen, ehe ich irgendeine Dummheit anstellte, die mit Amputation enden
konnte.
Ich zog
mir frische Sachen an und ging raus auf den Balkon, wo ich mir eine Zigarette
anzündete und Rocky anrief.
»Frank«,
sagte er mit einem sorgsam austarierten Maß an Höflichkeit, um mir zu verstehen
zu geben, dass er nicht froh darüber war, von mir zu hören. »Was kann ich für
dich tun?«
Ich legte
ein verlegenes Grinsen in meine Stimme. »Ich weiß, du hast viel um die Ohren,
Rocky, aber ich hatte gehofft, du könntest mir einen Gefallen tun.«
»Liebend
gern, alter Junge, aber ich bin ein bisschen -«
Alter
Junge? »Dann komm ich gleich zur Sache«, sagte ich. »Mein
reizender Kumpel aus der Undercoverabteilung, Yeates - du kennst ihn?«
»Flüchtig.«
»Ein
echter Spaßvogel, nicht? Wir sind gestern Abend was trinken gegangen, ich hab
ihm von der Geschichte hier erzählt, und er behauptet steif und fest, meine
Freundin hätte mich sitzenlassen. Jedenfalls, um es kurz zu machen und um dir
zu ersparen, wie tief gekränkt ich bin, dass ein Kollege von mir meine
erotische Anziehungskraft in Zweifel zieht, ich habe um hundert Mäuse gewettet,
dass Rosie mich nicht abserviert hat. Falls du irgendwas hast,
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