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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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offensichtlich gelungen -, ist
bei ihm unten durch. Wer sein Interesse wachhält, wird belohnt. Mir ist schon
vieles vorgeworfen worden, aber noch nie, dass ich langweilig bin.
    Von meiner
Wohnung bis zur Rechtsmedizin ist es zu Fuß ein Katzensprung; ich gehe die
Quays runter, hinten am Busbahnhof vorbei, und schon bin ich an dem schönen,
über hundert Jahre alten roten Backsteinbau. Ich habe nicht oft Gelegenheit,
es zu betreten, doch für gewöhnlich macht mich der Gedanke an das Gebäude froh,
so wie es mich froh macht, dass das Morddezernat in der Dubliner Burg
untergebracht ist: Was wir tun, fließt durch das Herz dieser Stadt wie ein
Fluss, wir haben die guten Teile ihrer Geschichte und Architektur verdient. An
dem Tag konnte es mich allerdings nicht aufheitern. Irgendwo da drin, bei
Cooper, der jedes noch erhaltene Stück von ihr wog und maß und untersuchte,
befand sich eine junge Frau, die Rosie sein konnte.
    Cooper kam
zum Empfang, als ich nach ihm fragte, doch wie die meisten Leute an diesem
Wochenende war er nicht begeistert, mich zu sehen. »Detective Kennedy«,
erklärte er, wobei er den Namen so behutsam aussprach, als würde er schlecht
schmecken, »hat mich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie seinem
Ermittlungsteam nicht angehören und keinerlei Informationen über den Fall
benötigen.«
    Und das,
nachdem ich ihn zum Bier eingeladen hatte. Der undankbare kleine Scheißer.
»Detective Kennedy sollte sich dringend ein bisschen weniger wichtig nehmen«,
sagte ich. »Ich muss seinem kleinen Team nicht
angehören, um mich für den Fall zu interessieren. Es ist ein interessanter
Fall. Und ... na ja, es wäre mir lieb, wenn sich das nicht rumspricht, aber
falls es sich bei dem Opfer um die Frau handelt, von der wir glauben, dass sie
es ist, bin ich mit ihr zusammen aufgewachsen.«
    Coopers
glänzende kleine Augen funkelten prompt auf, genau wie ich erwartet hatte.
»Tatsächlich?«
    Ich senkte
den Blick und gab mich zögerlich, um seine Neugier zu kitzeln. »Genau
genommen«, sagte ich, während ich meinen Daumennagel inspizierte, »war ich, als
wir Jugendliche waren, eine Weile mit ihr zusammen.«
    Er biss
an: Seine Brauen schnellten hoch bis zum Haaransatz, und das Funkeln in seinen
Augen wurde heller. Wenn er nicht ganz offensichtlich den perfekten Job für
sich gefunden hätte, hätte ich mich besorgt gefragt, was der Typ wohl in seiner
Freizeit trieb. »Daher«, sagte ich, »können Sie sich bestimmt vorstellen, dass
ich wirklich gern wüsste, was mit ihr passiert ist - das heißt natürlich nur,
wenn Sie im Moment nicht zu beschäftigt sind. Was Kennedy nicht weiß, macht ihn
nicht heiß.«
    Coopers
Mundwinkel zuckten, was bei ihm schon fast ein Lächeln ist. Er sagte: »Kommen
Sie herein.«
    Lange
Korridore, elegantes Treppenhaus, ganz passable alte Aquarelle an den Wänden -
irgendwer hatte dazwischen Girlanden mit künstlichen Tannennadeln aufgehängt,
um eine dezente Balance zwischen festlich und pietätvoll zu erreichen. Sogar
der eigentliche Obduktionssaal, ein langer Raum mit Stuck an der Decke und
hohen Fenstern, wäre schön, wenn da nicht ein paar Kleinigkeiten wären: die
trübe, kühle Luft, der Geruch, die nüchternen Fliesen auf dem Boden, die Reihen
von Stahlschubfächern entlang einer Wand. Auf einem Schild zwischen den Fächern
stand in säuberlicher Prägeschrift:
    füsse nach vorn, namensetikett ans
kopfende.
    Cooper
spitzte nachdenklich den Mund, betrachtete die Fächer und fuhr mit einem
Finger an der Reihe entlang, ein Auge halb geschlossen. »Unsere neue
Unbekannte«, sagte er. »Ah, hier.« Er trat auf ein Schubfach zu und zog es mit
einer langen, schwungvollen Bewegung auf.
    Bei der
Undercoverarbeit lernst du schon sehr früh, einen Schalter umzulegen. Es wird
mit der Zeit einfacher, vielleicht zu einfach: Ein Klicken, irgendwo in deinem
Kopf, und die ganze Szene entfaltet sich in einiger Entfernung auf einer hübschen
kleinen Leinwand in Technicolor, während du zusiehst und deine Strategien
planst und den Figuren ab und an einen Stups gibst, wachsam und konzentriert
und so sicher wie ein General. Diejenigen, die den Schalter nicht so schnell
finden, landen in anderen Abteilungen oder unter der Erde. Diesen Schalter
legte ich jetzt um und sah hin.
    Die
Knochen waren perfekt auf ihrem Metallbett angeordnet; fast künstlerisch, wie
das ultimative Puzzle. Cooper und sein Team hatten sie irgendwie gesäubert,
doch sie waren noch immer bräunlich und wirkten fettig, bis

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