Freu dich des Lebens
begossener Pudel und fuhr mehrere Stunden ziellos um die Stadt herum. Zuletzt entschloss ich mich, noch einmal zurückzugehen und dem Ladenbesitzer unsere Einstellung zum mindesten zu erklären.
Als ich hinkam und den Laden betrat, wechselte ich wie gewohnt einen Gruß mit dem Mann an der Eisbar und auch mit dem Verkäufer. Dann ging ich zum Besitzer.
Dieser lächelte mir freundlich zu und hieß mich willkommen. Hierauf erteilte er mir einen doppelt so großen Auftrag wie sonst. Verwundert sah ich ihn an und fragte, was denn seit meinem Besuch vor wenigen Stunden passiert sei. Er zeigte auf den jungen Mann an der Eisbar und erklärte, dieser sei nach meinem Weggang zu ihm gekommen und hätte ihm erzählt, ich sei einer der wenigen Vertreter, die sich die Mühe nähmen, ihm und den anderen Angestellten im Laden einen guten Tag zu wünschen, und wenn einer von allen seinen Auftrag verdiene, dann sei ich es. Der Besitzer war damit einverstanden und blieb fortan ein treuer Kunde. Und ich habe seither nie mehr vergessen, dass es zu den wichtigsten Eigenschaften eines Vertreters - und überhaupt jedes Menschen - gehört, sich aufrichtig für die anderen zu interessieren.«
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass einem sogar die begehrtesten und meistbeschäftigten Leute ihre Aufmerksamkeit und ihre Zeit schenken, wenn man sich ehrlich für sie interessiert.
Vor Jahren leitete ich am Institut für Kunst und Wissenschaften in Brooklyn einen Kurs für junge Schriftsteller, und wir hätten gerne einige der bekanntesten Autoren gebeten, uns von ihren Erfahrungen zu erzählen.
Also schrieben wir ihnen, wie sehr wir ihre Werke bewunderten und wie viel uns daran gelegen wäre, ihre Ratschläge zu hören, um hinter das Geheimnis ihres Erfolges zu kommen.
Jeder Brief wurde von ungefähr hundertfünfzig Studenten unterzeichnet. Wir schrieben ihnen auch, wir wären uns absolut bewusst, wie viel sie zu tun hätten, und wir hätten volles Verständnis dafür, dass es ihnen vielleicht nicht möglich sei, noch zusätzlich einen Vortrag zu halten. Dann legten wir unserem Brief eine Liste mit Fragen über sie selbst und ihre Arbeitsweise bei, die sie auch schriftlich beantworten konnten. Das gefiel ihnen. Wem würde es nicht gefallen? Und sie kamen einer nach dem anderen nach Brooklyn gereist, um uns behilflich zu sein.
Mit genau der gleichen Methode brachte ich eine Reihe höherer Regierungsbeamter und andere prominente Persönlichkeiten dazu, vor den Schülern meiner Rednerkurse zu sprechen.
Wir alle, seien wir nun Fabrikarbeiter oder Büroangestellte oder Menschen von königlichem Geblüt, haben es gern, wenn man uns bewundert. Nehmen wir als Beispiel den deutschen Kaiser. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war er wahrscheinlich der meistgehasste Mann der Welt. Selbst sein eigenes Volk kehrte sich gegen ihn, als er nach Holland floh, um seine Haut zu retten. Der Hass war so groß, dass Millionen von Leuten ihn am liebsten gevierteilt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt hätten.
Mitten in dieser Woge des Zorns und des Hasses schrieb ein kleiner Junge dem Kaiser einen einfachen, aufrichtigen Brief. Aus jedem Wort sprach ehrliche Bewunderung. Er werde seinen Kaiser immer lieben, was auch die Leute sagen mochten, beteuerte der kleine Briefschreiber.
Der Kaiser war von diesen Worten zutiefst gerührt und lud den Knaben ein, ihn zu besuchen. Dieser kam in Begleitung seiner Mutter, die der Kaiser dann später heiratete. Der Junge brauchte nicht erst aus einem Buch zu lernen, wie man Freunde gewinnt, er wusste es instinktiv.
Wenn wir Freunde gewinnen wollen, dann müssen wir für die anderen etwas tun - etwas, das von uns Zeit, Mühe, Selbstlosigkeit und Aufmerksamkeit fordert. Als der Herzog von Windsor noch Prinz von Wales und britischer Thronanwärter war, wurde er auf eine Reise nach Südamerika geschickt. Ehe er abfuhr, lernte er monatelang Spanisch, um seine öffentlichen Ansprachen in der Sprache des Gastlands zu halten. Das trug ihm bei den Südamerikanern außerordentliche Beliebtheit ein.
Während Jahren gab ich mir Mühe, die Geburtstage meiner Freunde herauszubekommen. Wie man das fertig bringt? Obschon ich nicht das geringste von Astrologie halte, fragte ich den anderen zunächst einmal, ob er daran glaube, dass der Geburtstag eines Menschen einen Einfluss auf seinen Charakter und seine Veranlagung habe.
Im Verlauf des Gesprächs erkundigte ich mich dann, in welchem Monat und an welchem Tag er selber geboren wurde.
Weitere Kostenlose Bücher