Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
mit dem Rücken zu Kim durch die Tür und telefonierte noch immer. Schnell ließ Kim das Gutachten in ihrer großen Tasche verschwinden, huschte lautlos zum Fenster, blickte nach draußen, versuchte sich zu beruhigen, ihren Herzschlag zu normalisieren, wieder an das Interview zu denken.
„Machen wir weiter!“ Mit müdem Blick steckte Weber das Handy in seine Sakkotasche und erst jetzt fiel ihm auf, dass Kim ihren Platz verlassen hatte und vor dem riesigen Fenster stand. Er warf einen schnellen Blick auf seinen mit Papieren überhäuften Schreibtisch, stellte sich schweigend neben Kim und sie hatte plötzlich das Gefühl, dass er wusste, dass sie das Gutachten eingesteckt hatte.
„Eine wunderbare Aussicht, die Sie da haben“, sagte Kim und gewann allmählich ihre Fassung wieder.
„Ja, nur jetzt wird der Himmel immer düsterer und die Tage sind gezählt.“ Kim warf ihm einen überraschten Blick zu.
„Ist das ein Gedicht?“
„Nein! Das ist nur so dahingesagt. Wo sind wir stehen geblieben?“
„Das Waisenhaus in Ternopol, das Sie errichten wollen“, half ihm Kim wieder auf die Sprünge.
Nachdem das Interview noch eine Weile belanglos dahingeplätschert war, sagte Weber: „Wir machen Schluss für heute! Sie schicken mir doch den Artikel noch zur Freigabe, bevor er gedruckt wird?“ Es klang weniger wie eine Frage als vielmehr wie ein Befehl.
„Natürlich erhalten Sie den Artikel.“ Kim machte eine kleine Pause, während sich in ihrem Kopf die Gedanken zusammenzogen und in eine komplett falsche Richtung davonwanderten.
„Hat Laura Pestalozzi viele Mädchen für Ihre Events engagiert?“, platzte es dann auch aus ihr heraus und Weber starrte sie irritiert an und presste die Lippen zusammen.
„Bitte?“ Wie Kotze stieß er dieses Wort hervor und mehr war nicht von ihm zu hören, doch Kim bemerkte, dass er spontan seine Hände zu Fäusten ballte.
„Fragen wir anders herum. War Lola von Madonna Models auch hier engagiert, wenn Sie Ihre Tagungen hatten? So wie die hübschen Mädchen, die uns immer die Türen öffnen?“ Die Aufnahmefunktion des Handys leuchtete und Kim schob das Gerät näher an Falk Weber heran.
„Ich frage mich schon die ganze Zeit, was das wohl für Events sind, bei denen so viele hübsche junge Mädchen gebraucht werden.“
„Machen Sie, dass Sie verschwinden!“, zischte Weber und warf einen schnellen Blick auf Kims Handy. „Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen!“ Übertrieben schnaufend blickte er auf seine protzige Uhr, die wahrscheinlich mehr gekostet hatte, als Kim in ihrem ganzen Leben verdienen würde. Was bei Kims Lebenserwartung allerdings nicht schwierig war.
Das mit dem Tumor hatte doch sein Gutes, sie brauchte keine Konsequenzen zu befürchten. Bis es so weit war, war sie ja schon tot und überhaupt hatte sie Lola versprochen, sie nicht zu vergessen. Da hieß es jetzt dranbleiben.
„Haben Sie eigentlich schon früher gewusst, dass Lola eigentlich Brigitta heißt und die Tochter des Polizeipräsidenten Wagner ist beziehungsweise war?“
Jetzt ließ sie ihm keine Zeit mehr für eine Antwort.
„Sie hat von sieben Mädchen gesprochen, die alle hier in dieser Villa verschwunden sind. Was sagen Sie dazu?“
Weber saß leblos wie ein Wachsfigur in seinem Stuhl, die blütenweißen Manschetten seines Hemdes ragten zwei Zentimeter aus dem Ärmel seines Nadelstreifanzugs heraus, die goldenen Manschettenknöpfe blitzten, nur sein Adamsapfel oberhalb des seidenen Krawattenknotens hüpfte hektisch auf und ab.
Kim griff nach ihrem Handy, schaltete die Aufnahmefunktion ab, um Weber ein Foto von Lola auf dem Display zu zeigen und erkannte in diesem Augenblick, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie hatte das Mikro abgeschaltet und Weber ergriff die Gelegenheit.
„Verpiss dich, du Journalistenschlampe! Du erhältst nie wieder einen Job, das schwöre ich dir“, flüsterte er und starrte sie hasserfüllt an. „Pass bloß auf, dass es dir nicht genauso geht wie Laura und Lola! Ein Wort an die Öffentlichkeit und ich mache dich fertig! Haben wir uns verstanden?“ Wutentbrannt katapultierte er sich aus seinem Stuhl und pflanzte sich ganz nahe vor Kim auf, um ihr zu zeigen, dass es ihm ernst war. „Ein Wort davon in deiner Zeitung und du wirst bis an dein Lebensende verklagt, du Nutte! Jetzt hau ab, sonst lasse ich dich hinausprügeln!“
Ohne Kim noch weiter zu beachten, ging er an ihr vorbei hinaus auf den breiten Gang mit den riesigen Panoramafenstern und rief einen
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