Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
Tor zu.
„Schicke deine Probleme weg! Schmücke deine Ängste wie Geschenke!“ Das alte Lied aus Ternopol wehte über den Schrottplatz bis hin zur Stelzenhütte, in der die alte Baba Yaga vielleicht schon tot war, so wie Marusha spürte, dass der Tod sie erreicht hatte. Jetzt war sie am Tor, lag im Schatten der massiven Betonpfeiler, konnte bereits mit den Fingerspitzen das kalte Metall berühren, nur dieses leblose Stück Metall trennte sie von der Freiheit, trennte sie vom Leben, denn hier wartete der Tod auf sie und der Tod hatte eine tiefe, brutale Stimme und der Mann, dem diese Stimme gehörte, aktivierte von seiner Wachturm-Pförtnerloge aus einen Hochleistungsscheinwerfer, der das Tor plötzlich wie eine Bühne beleuchtete und die beinahe mit dem Boden verschmolzene Marusha von der gnädigen Dunkelheit in das tödliche Licht führte.
48. Ein Mädchen taucht auf
„Du bleibst so lange bei Giorgio, bis ich dich wieder abhole“, sagte Tony Braun und drehte sich zu seinem Sohn Jimmy im Fond des Mercedes um.
„Ist schon in Ordnung, Tony.“ Jimmy öffnete die Tür und stieg langsam aus. Er klopfte an die Scheibe der Beifahrertür und Braun ließ das Fenster hinunter.
„Was ich dir noch sagen wollte, Tony“, druckste Jimmy herum und Braun konnte sehen, wie schwer es ihm fiel, die richtigen Worte zu finden. „Es tut mir leid. Ich habe totalen Mist gebaut. Irgendwie bin ich ja doch schuld an Phils Tod.“ Er schniefte lautstark und richtete sich dann auf.
„Kannst dich auf mich verlassen, Tony. Ich werde Giorgio beweisen, dass ich was draufhabe und die Sendung ein Hit wird.“ Er klopfte zum Abschied auf das Autodach und schlurfte schnell weg.
„Netter Junge, Ihr Sohn.“ Klein drückte auf den Startknopf des Motors und der Mercedes setzte sich langsam wieder in Bewegung.
„Ja, das ist er.“ Braun klopfte mit seinen Fingerspitzen auf das Armaturenbrett. „Hoffentlich nimmt er sich den Tod seines Freundes nicht zu sehr zu Herzen.“
„Nun, wenn es sein Freund war, dann wird er sicher traurig sein.“ Der Mercedes schnurrte die breite Straße entlang und Klein schaltete die Scheibenwischer auf die höchste Stufe, um in dem Eisregen wenigstens einige Meter sehen zu können.
„Vielleicht schaffe ich es heute, ein wenig früher zu Hause zu sein. Dann kann ich mit ihm zu Abend essen. Der Junge war die letzten Tage oft allein. Da kommt man schon einmal auf blöde Ideen.“ Mit seinem Sakkoärmel wischte Braun über das Seitenfenster, das sich aber sofort wieder beschlug.
„Nicht dass er Ihre tolle Schallplattensammlung durcheinanderbringt“, sagte Klein und gab Gas, um noch bei Grün über eine Kreuzung zu kommen.
„Wie sieht eigentlich Ihr Privatleben aus, Klein? Was treiben Sie so abends?“, fragte Braun zerstreut und zupfte an dem dicken Pflaster auf seiner Schläfe herum.
Ehe Klein antworten konnte, knisterte sein Funkgerät und eine hektische Stimme ertönte:
„Hier ist der Polizeiposten Linz Altstadt. Bei uns ist ein verletztes ausländisches Mädchen. Es sagt, es ist angeschossen worden. Wenn ich das Mädchen richtig verstanden habe, dann werden oben in einer großen Villa am Römerberg angeblich noch andere Mädchen festgehalten und auch getötet.“
„Hier Braun von der Mordkommission. Bin ganz in der Nähe. Wir übernehmen! Passen Sie auf, dass dem Mädchen nichts passiert. Wir sind gleich da!“, brüllte Braun in das Funkgerät, das knackte und knisterte, dann war die Verbindung abgerissen.
„Klein, tritt auf das Gas! Der Posten meint sicher die Krell-Villa oben am Berg. Wir müssen das Mädchen befragen, noch bevor es ins Spital kommt. Vielleicht haben wir dann endlich den Beweis für die kriminellen Machenschaften oben in dieser Villa.“
Er kurbelte das Seitenfenster nach unten und knallte das Blaulicht auf das Dach des Mercedes. Mit der linken Faust schlug er in seine flache rechte Hand, reckte den Kopf aus dem Fenster und brüllte in den Eisregen: „Diesmal kriegen wir sie alle!“
Aufgrund des rotierenden Blaulichts kamen sie ziemlich schnell vom Hafen in die Altstadt von Linz, trotz der vereisten Straßen gab Klein Vollgas und manchmal rutschte das Heck der langen Limousine weg und der Wagen rutschte bedenklich. Die Straßen waren wie immer verstopft, als sie am späten Nachmittag vom Hauptplatz gegen die Einbahn rasten, auch die Weihnachtsbeleuchtung in den Schaufenstern, die an ihnen vorbeirauschten, wirkte aufdringlich und aggressiv, alles erinnerte an ein
Weitere Kostenlose Bücher