Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
geben noch heute eine Entgegnung heraus! Der Oberstaatsanwalt wird seinen ganzen Einfluss geltend machen, damit diese Journalistin gefeuert wird!“ Wagner machte eine Pause, er schien kurz den Faden verloren zu haben.
„Ich sehe zu, dass ich mit der Journalistin ein Interview bekomme“, versuchte Braun, Wagner zu beruhigen. „Damit können wir die Situation entschärfen.“
„Sehen Sie zu, dass sie alles ins Reine bringen, Braun! Wien hat sich auch schon wieder gemeldet! Der Fall muss aus der Öffentlichkeit verschwinden, Braun! Sorgen Sie dafür, dass keiner mehr darüber spricht!“
Noch ehe Braun antworten konnte, hatte Wagner auch schon aufgelegt und ihm blieb nichts anderes übrig, als bei einem weiteren Espresso zu überlegen, wie er die ganze Sache aus der Welt schaffen konnte.
Ohne anzuklopfen wurde die Tür zu seinem Büro aufgerissen. Ein Mann in einem weißen Arbeitsmantel und einem Sicherheitshelm auf dem Kopf trat in das Zimmer.
„In zwei Tagen muss alles geräumt sein!“, sagte er in einem übertrieben geschäftigen Befehlston und hielt Braun ein Schriftstück unter die Nase. Verständnislos betrachtete Braun zunächst den Mann, dann das Papier.
„Was soll das?“
„Anordnung der Baubehörde“, antwortete der Mann geschäftsmäßig. „Bei der Untersuchung des undichten Daches wurde festgestellt, dass der Bau zu einem großen Teil mit Asbestplatten verkleidet ist.“ Der Mann machte eine vielsagende Pause. „Ich brauche Ihnen ja wohl nicht zu sagen, wie gefährlich Asbest für die Gesundheit ist.“
„Wie? Wir müssen alle weg?“ Braun schüttelte ungläubig den Kopf. Der Tag hätte wahrlich nicht beschissener sein können.
„Alle müssen raus“, pflichtete ihm der Mann bei. „In den nächsten Tagen wird der ganze Turm generalsaniert oder abgerissen. Das werden die genauen Messungen zeigen.“ Zur Unterstreichung seiner Worte klopfte er mit dem Zeigefinger an die Wand.
„Wohin soll die Mordkommission übersiedeln?“, fragte Braun stirnrunzelnd und sah den Mann an. Dieser kratzte sich überlegend an der Wange.
„Das liegt außerhalb meiner Kompetenz“, sagte er schließlich und tippte mit einem Finger auf das Schreiben, das Braun noch immer in der Hand hielt.
„Hier müssen Sie noch unterschreiben! Sie bestätigen, dass ich Sie über die Verlegung informiert habe!“ Als der Mann wieder draußen war, trank Braun noch seinen pechschwarzen Espresso und stieß mit dem Fuß die Verbindungstür auf, die von seinem Büro in das Zimmer seines Partners Gruber führte. Gruber fuhr zusammen, als die Tür gegen die Wand knallte.
„Schon gehört, Gruber, wir müssen uns eine neue Bleibe suchen“, platzte es einfach aus ihm heraus.
Gruber drehte sich langsam zu ihm um und Braun fiel auf, dass er unrasiert war und seine Haare strähnig herunterhingen.
„Hör mal, Braun! Dieser Artikel ist extrem subjektiv. Man muss beide Seiten objektiv darstellen. Nicht einseitig berichten, so wie es hier gemacht wurde. Objektivität ist heute einfach nicht mehr gefragt. Ich meine, ist es richtig, jemanden einzusperren, der nichts verbrochen hat? Subjektiv natürlich nicht, aber objektiv ist es zum Besten desjenigen!“
„Tickst du noch richtig, Gruber. Was soll diese Scheiße?“, grunzte Braun gereizt, denn er hatte kein Wort verstanden. Gruber zuckte bloß mit den Schultern. Braun folgte seinem hektisch umherirrenden Blick und blieb auf den beiden Handys hängen, die auf Grubers Schreibtisch lagen. Eines davon war rosa und das war irgendwie merkwürdig. Doch noch ehe Braun eine Frage dazu stellen konnte, kam Gruber wieder auf den Artikel zu sprechen und redete hektisch weiter.
„Diese Journalistin hat jedes Wort verdreht, damit es in den Stil und das Weltbild der Zeitung passt.“
„Weltbild? Welches Weltbild?“, raunzte Braun. „Die denkt doch überhaupt nicht! Für diese Kim Klinger gibt es nur Schwarz oder Weiß! War nicht meine Idee, dass Gregor Pestalozzi unzurechnungsfähig ist! Dann noch die beschissene Sache mit der schönen Leiche! Die Zeitung ist auf der Seite der Guten! Ich bin also das Böse!“ Braun machte eine theatralische Handbewegung.
„Es fehlt einfach die Objektivität! Der übergeordnete Blick auf die Welt.“ Wie besessen tippte Gruber mit dem Finger auf das Mousepad auf seinem Schreibtisch. „Jeder muss zu einem Retter werden.“
„Du sitzt auf einem anderen Scheißplaneten, Gruber! Ich verstehe überhaupt nicht, was du sagen willst! Ist mir auch egal! Ich
Weitere Kostenlose Bücher