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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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die größten Meister bewundern zu können, von der Oper Grauns, der überall vergötterten Astrua. »Schade«, fügte er hinzu, »daß ich nicht gewußt habe, welche Musikenthusiastin auf Trotha weilt; ich hätte sonst Emanuel Bach um einige gute Stücke gebeten, die wir zusammen hätten spielen können.«
    »Sagen Sie, Herr Kammergerichtsrat« -- Antonies Stimme zitterte leise -- »sind Sie mit Herrn Bach bekannt?«
    »Mehr als das, meine Gnädige, Ich bin sogar mit ihm befreundet!«
    »Ist er auch ein Genie? Ebenso groß wie sein Vater?«
    »Nein, das nicht! Er ist ein bedeutender Künstler, aber seinem Vater kommt er nie gleich. Das könnte man eher von seinem ältesten Bruder, Friedemann, sagen, wenn dieser nicht von zu unstetem Charakter und zu exzentrischer Natur wäre!«
    »Mein Gott!« stammelte Antonie und unterdrückte mit gespanntester Kraft die gewaltsame Bewegung ihres Innern. »Ach, das habe ich gar nicht gewußt, daß er einen älteren Bruder hat. -- Kennen Sie ihn?«
    »Was man so kennen heißt, mein Fräulein: nein! Aber ich habe ihn gesehen, als er auf Befehl des Königs mit seinem Vater in Potsdam war, und ich werde mich ewig eines Orgelkonzertes erinnern, bei dem man wirklich nicht wußte, wem von beiden der Lorbeer gebührte!«
    Ohnmächtig glitt Antonie vom Sessel.
    Sie mußte mehrere Tage das Bett hüten, und nun öffnete sich endlich ihr gequältes Herz vor ihrer mütterlichen Freundin, der Frau von Eichstädt.
    Von ihr über das Vorgefallene in Kenntnis gesetzt, machte Friedrich der Kranken den gewünschten Besuch, lehnte aber ihre Bitte, Näheres über Friedemann Bach zu berichten, entschieden ab. »Zürnen Sie mir nicht, mein liebes Fräulein«, bat er, »aber wenn ich alles von ihm sagte, würde ich Ihrem Gesundheitszustand wie Ihrem Herzen zuviel zumuten. Außerdem kann ich deshalb nicht offen sein, weil ich selbst Partei in der Sache bin.«
    Das Mädchen sah ihn fragend an: »Sie selbst Partei in der Sache?«
    »Ja, Antonie! Und ich will Ihnen sagen, warum mein Herz Partei ist: -- Ich liebe Sie! Ich hätte vielleicht nie den Mut gehabt, es Ihnen zu offenbaren, doch ich tu's, damit Sie mich nicht zwingen sollen, Dinge zu erzählen, die Ihnen Friedemann entfremden müssen. Eins kann ich Ihnen aber sagen: er lebt ganz in Ihrer Nähe, als Oberorganist und Musikdirektor in Halle; es geht ihm also gut.«
    In Antonies Innern flutete es auf und ab, aber sie beruhigte sich schnell und reichte ihrem bedrückten Gegenüber die Hand: »Ich achte Sie hoch, Friedrich, und meine innige Verehrung haben Sie. Ob ich Sie allerdings lieben kann, das weiß ich nicht! Ich muß erst wieder leben, atmen lernen. -- Ja, Friedemann Bach war mir einst sehr teuer. Aber längst hat die inzwischen Erwachsene einsehen gelernt, daß eine Kinderliebe, so tief und wahr sie auch sein möge, sich wesentlich von jener Liebe unterscheidet, die eine Frau nur einmal im Leben zu vergeben hat. Ich kann es ehrlich aussprechen: so liebe ich Friedemann Bach nicht! Und jetzt, da ich weiß, daß er frei ist, fühle ich erst, wie weit wir voneinander entfernt sind. Je mehr er steigt und glänzt, je beruhigter werde ich sein; denn das Glück hat ihn dann schadlos gehalten. Mein Wunsch ist nur der, daß er ein Mädchen finden möchte, das für ihn paßt und das gegen die Schranken dieser Welt nicht zu freveln braucht, wenn es sein Weib wird.«
    »Können Sie mir das aufrichtig versichern, Antonie?«
    »Das kann ich, Friedrich!«
    »Nun denn: Friedemanns Bruder Emanuel liebt die Primadonna der Berliner Oper, die berühmte Astrua, die ebenso groß in der Kunst wie schön als Weib ist. Aber auch Friedemann verliebte sich beim ersten Sehen in sie, und er wird wegen seines größeren Talentes offen von ihr begünstigt. Ich hab's aus Emanuels eigenem Munde, der sich oft bitter über beide beklagte. Sie steht in intimem Briefwechsel mit Friedemann, auch haben sie sich, wie es scheint, schon einige Male wiedergesehen.«
    Antonie stand langsam auf. Mit einem stolzen Lächeln legte sie den Arm auf die Schulter Friedrichs und sah ihm in die Augen: »Ich glaube, Friedrich, ich -- achte ihn sogar nicht mehr! Ich werde meinem lieben Freunde nicht mehr ohnmächtig werden!«
    Friedrich verabschiedete sich, und die Zurückbleibende fuhr mit einer wegwischenden Bewegung der Hand über die Stirne: »Nach zwei Tagen schon wieder in Freiheit! Und nie einen Versuch gemacht, mich zu finden ... und ich habe so lange um ihn geweint! -- Antonie ... und nun:

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