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Friedhof der Unschuldigen: Roman (German Edition)

Friedhof der Unschuldigen: Roman (German Edition)

Titel: Friedhof der Unschuldigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Miller
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Baratte. Der Ingenieur.«
    »Ausgezeichnet«, flüstert Lecoeur.
    »Zweckdienlich«, sagt Armand.
    Lecoeur beginnt mit seiner Übersetzung. Er ist offensichtlich sehr viel sprachgewandter, als er eingeräumt hat. Während er spricht, lässt Jean-Baptiste den Blick über die unregelmäßigen Reihen der Bergleute wandern. Es gibt einen, der hervorsticht; er ist größer als die meisten anderen, barhäuptig, sein Blick scheint gelassen über die Gesichter des Triumvirats auf der Kanzel zu gehen. Fast könnte man vermuten, er sei amüsiert, als hätte er dergleichen schon zu oft gesehen, solche Augenblicke schon zu oft miterlebt, um nicht einen Hauch von Absurdität darin zu finden. Ein paar Sekunden lang legt er die Hand auf die Schulter seines viel älteren Vordermanns, und diese Hand ist, obwohl aus zwanzig Metern Entfernung nicht deutlich auszumachen, offenbar nicht so, wie sie sein sollte, sondern auf irgendeine Weise missgestaltet.
    Als Lecoeur fertig ist, steigen die drei die Wendeltreppe hinab, bemüht, nicht übereinanderzupurzeln. Boyer-Duboissons Pfähle und Leinwand werden zu dem ebenen Gelände in der Mitte des Friedhofs getragen. Sobald das erste Zelt errichtet, seine Konstruktion verstanden ist, geht der Aufbau der anderen zügig vonstatten.
    Der Holzhändler trifft mit frischen Scheiten ein. Er besieht sich die Bergleute, schürzt die Lippen, nickt anerkennend. Les Innocents zu beliefern wird das beste Geschäft seines Lebens sein: Sobald die Feuer entzündet sind, werden sie monatelang brennen. Das neue Holz wird dicht neben den Zelten gestapelt. Es ist sowohl wertvoll als auch leicht zu stehlen. Schon hat nachts eine beträchtliche Menge den Weg über die Mauer gefunden.
    Jean-Baptiste inspiziert die Arbeit an den Latrinen, heißt sie gut. Inspiziert jedes Zelt, zupft prüfend an den Seilen. Mehrmals wird er zur Friedhofspforte gerufen, um einen Handelsmann abzufertigen, eine Arbeit, die er schließlich Armand überträgt, dem daran zu liegen scheint.
    Schon beim Ausheben der Latrinen und der Feuergruben haben sie einige hundert oder mehr große Knochen und unzählige Fragmente zutage gefördert, einige kalkweiß, andere grau oder schwarz oder gelb wie Pfifferlinge. Jeanne hebt einen der kleineren Schädel auf, entfernt mit dem Daumen ein Erdklümpchen von seiner Stirn und legt ihn wieder ins Gras, als setzte sie einen Jungvogel ins Nest zurück. Das hat etwas leicht Abstoßendes, doch Jean-Baptiste merkt, dass ihr Beispiel die Männer sehr viel stärker beeindruckt, als es Worte von ihm vermöchten.
    Während er im schwindenden Licht des frühen Abends an ihnen vorbeigeht, versucht er sich ihre Gesichter einzuprägen. Nicht viele sehen ihm in die Augen. Bei denen, die es tun, bleibt er stehen und fragt sie nach ihren Namen. Jacques Everbout, Joos Slabbart, Jan Biloo, Pieter Molendino, Jan Block. Den Mann, der ihm von der Kanzel aus aufgefallen ist, den, der so gelassen zu ihm aufgeblickt hat, findet er nicht. Wer immer er auch ist, er scheint die Gabe zu besitzen, sich nach Belieben unsichtbar machen zu können.
    Als Jean-Baptiste die Brücke auf dem Gut des Comte de S- gebaut hat, hatte er etwa ein Dutzend Männer unter sich – Dienstboten aus Haus und Garten, dazu zwei Maurergesellen und einen Steinmetzmeister aus Troyes. Besonders der Meister gab sich keine Mühe, seinen Unmut über den »Knaben« zu verhehlen, der das Projekt leitete. Die Gesellen waren nicht viel freundlicher, und selbst die Hausdiener kamen und gingen nach Belieben und ließen keine Gelegenheit aus, ihn auf jene Weise zu demütigen, in der es Diener in großen Häusern zu solcher Meisterschaft bringen. Es ist nicht gut, gedemütigt zu werden. Es ist nicht gut, nur dem Namen nach der Herr zu sein. Hier, in Les Innocents, muss er irgendwie seinen Willen durchsetzen, auch wenn er sich seiner selbst insgeheim so unsicher ist, wie er es damals war. Und dennoch hätte er gern, dass sie ihn mögen. Oder wenigstens nicht verachten.
     
    Sobald es so dunkel geworden ist, dass man sich nicht mehr sinnvoll betätigen kann, lassen sich die Männer an den Eingängen ihrer Zelte nieder. Sie haben ein zweites Mal zu essen und auch etwas zu trinken bekommen. Jean-Baptiste – der nur gegessen hat, weil Jeanne, die sich mit Brot und einer Schale neben ihn stellte, darauf bestand – macht mit Lecoeur einen letzten Rundgang. Sie wünschen den Männern eine gute Nacht und bekommen ein paar kehlige Laute zur Antwort. Unmöglich zu ahnen, was sie

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