Friedhof der Verfluchten
Wagen bekam Fahrt, und ich erreichte eine Stelle, die wesentlich trockener war als die übrige Umgebung.
Hier ging es besser. Sogar Reifenspuren sah ich, sie waren mit meinen identisch! Demnach musste mein alter Herr diesen Weg hier gefahren sein.
Weit allerdings nicht mehr, denn die Spuren hörten plötzlich auf. Auch ich wurde aufgehalten. Unfreiwillig, wobei ich das Gefühl hatte, gegen eine unsichtbare Mauer gefahren zu sein.
Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen, und da ich mich nicht angeschnallt hatte, fiel ich auch wieder nach vorn und prallte gegen das harte Lenkrad. Für einen Moment blieb ich sitzen und dachte darüber nach, was mich gestoppt haben konnte.
Da gab es eigentlich nur eine Erklärung. Ich hatte den Rand der Stadt erreicht.
Und ich entdeckte noch mehr. Die Kühlerschnauze des Wagens war nicht mehr zu sehen. Es gab sie nicht, einfach weg, verschwunden. Direkt vor mir konnte ich zu Boden schauen.
Das war wirklich ein unwahrscheinliches Phänomen. Schon jetzt gab mir diese geheimnisvolle Stadt Rätsel auf. Obwohl sie vor meiner Nase lag, konnte ich sie noch immer nicht sehen. Ich musste die »Trennwand« durchbrechen.
Aber nicht mit dem Wagen, sondern zu Fuß. Ich verließ den Jeep. Eine sichere Waffe, um eine Bresche in die Abtrennung zu schlagen, besaß ich in meinem Kreuz. Ich streifte mir die Silberkette über den Kopf und streckte den Arm vor, in dessen Faust ich jetzt meine wertvollste Errungenschaft hielt.
Die Schritte wurden kürzer, als ich mich dem Ziel näherte. Innerlich vibrierte ich vor Spannung. Es musste etwas geschehen, dessen war ich mir sicher. Zwei Magien trafen hart aufeinander, eine davon blieb bestimmt auf der Strecke.
Plötzlich war es soweit! Der Schlag traf meine Hand, pflanzte sich fort bis zu meiner Schulter. Noch in der gleichen Sekunde vernahm ich ein wildes Brausen, das zu einem Sog wurde, und ich verlor den Kontakt mit dem sumpfigen Boden.
Auf einmal schwebte ich waagerecht in der Luft, schaute in einen riesigen Trichter hinein, an dessen Ende ich einen wirbelnden Sog erkannte, der sich immer schneller drehte und auf den ich kurzerhand zuraste, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Brigadoon schlug zu. Und ich wurde ihr Opfer!
***
Weder Modesty Blaine noch Lee J. Floren wussten von der geheimnisvollen Frau, die eine wichtige Rolle beim Untergang von Brigadoon gespielt hatte.
Es war Angela, die Tochter des Grafen, die damals dem Dorfmob zum Opfer gefallen war. Und jetzt lebte sie. Als Geist… Sie schien die beiden Menschen überhaupt nicht zu sehen, sondern bewegte sich lautlos weiter, schwebte über die Gräber hinweg und ging so, dass sie Modesty Blaine und Lee J. Floren passieren musste. Die beiden bekamen vor Staunen den Mund nicht mehr zu. Es war aber auch Furcht, die sich auf ihren Gesichtern widerspiegelte. Angst vor dem Unheimlichen, das ihnen da begegnete und gegen das sie nichts unternehmen konnten.
Auch der Zombie ging nicht mehr weiter. Im Gegenteil, er zog sich zurück, ließ sich kurzerhand auf die Knie fallen und suchte Deckung, um von der seltsamen Geisterscheinung nicht gesehen zu werden.
»Wer kann das sein?« hauchte Modesty, die als erste die Sprache zurückgefunden hatte.
»Ich weiß nicht…« Lee J. Floren drehte seinen Kopf, damit er mit den Augen die Laufrichtung der Geisterscheinung verfolgen konnte. Das seltsame Mädchen schritt nahe an ihnen vorbei, so dass sie es genau erkennen konnten.
Es hatte blonde Haare, die bis auf die Schultern fielen. Dazu trug es ein einfaches weißes Kleid, schon fast an ein Totenhemd erinnernd, das die Schultern frei ließ. Schuhe oder Sandalen hatte das Mädchen nicht an. Auch die Lippen besaßen keine Farbe, ebenso wenig die Augen. Sie wirkten stumpf und glanzlos. Aber das Mädchen oder die seltsame Erscheinung begann zu sprechen. Und zwar so laut, dass auch die beiden Menschen die Worte verstehen konnten.
»Brigadoon ist zurückgekehrt. Der Fluch hat sich erfüllt. Der Fluch meines Vaters, den ich nun noch mal erleben muss. Noch einmal werde ich sterben, noch einmal in dieser Zeit leben, um als Untote zurückzukehren. Die Vergangenheit wird zur Gegenwart, die Zukunft ist vorbei. Dämonische Horden werden über mich herfallen, und der Totengräber wartet bereits auf mein Ende.«
Floren stieß Modesty Blaine an. »Verdammt!« zischte er. »Hören Sie doch, die Stimme, das ist die gleiche, die wir schon einmal vernommen haben. Merken Sie das?«
»Ja, aber seien sie still!« Modestys
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