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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Spaß vermasselt, als Sie die Leiche fanden und niemandem davon erzählten. Ich hatte gehofft, Sie würden schreiend durch die Straßen laufen. Statt dessen haben Sie dichtgehalten. Ich mußte den einen oder anderen Anruf tätigen, um die Studioleute auf den Friedhof zu lotsen. Dann aber war die Hölle los! Das reinste Pandämonium.«
    »Sind Sie auch der Urheber der anderen Nachricht, die Roy und mich zum Brown Derby lockte, damit wir das Monster zu sehen bekamen?«
    »Der bin ich.«
    »Und das alles«, sagte ich wie gelähmt, »nur aus Jux?«
    »Nicht ganz. Wie Sie vielleicht wissen, sitzt das Studio quer über der riesigen Erdspalte, die unter dem Namen San-Andreas-Spalte bekannt ist, ein Riß in der Erdkruste, der für Erdbeben geradezu prädestiniert ist. Ich spürte die Beben schon vor Monaten. Also stellte ich die Leiter auf und erweckte die Toten – und ließ auch sozusagen meine Bezahlung anheben.«
    »Erpressung«, flüsterte Crumley in meinem Hinterkopf.
    Groc genoß seine eigenen Enthüllungen sichtlich: »Auf diese Weise konnte ich Manny, Doc, J. C, praktisch jeden erschrecken, das Monster inbegriffen!«
    »Das Monster? Sie wollten das Monster erschrecken?«
    »Warum auch nicht? Die ganze Meute, den ganzen Haufen! Alle schön zahlen lassen, solange sie nicht herausfinden, daß ich hinter all dem stecke. Einen Aufstand anzetteln, den Zaster einstecken und dann nichts wie weg!«
    »Das bedeutet, mein Gott, daß Sie alles über Arbuthnots Vergangenheit wissen, auch über seinen Tod. Wurde er vergiftet? Ist es das?«
    »Ach«, winkte Groc ab. »Theorien, Spekulation.«
    »Wie viele Leute wissen, daß Sie die Weltreise gebucht haben?«
    »Nur Sie, Sie armer, trauriger, dem Untergang geweihter Junge. Aber ich vermute, daß jemand Lunte gerochen hat. Warum sollte sonst das Haupttor verschlossen sein und ich hier in der Falle sitzen?«
    »Stimmt«, sagte ich. »Gerade vorhin haben sie das Grab von Jesus mit dem anderen Plunder hinausgeschafft. Sie brauchen eine Leiche, die mit auf die Reise geht.«
    »Mich«, sagte Groc plötzlich sehr nüchtern.
    Ein Wagen des Studiowachdienstes schob sich neben uns.
    Ein Wachmann lehnte sich heraus.
    »Manny Leiber sucht Sie.«
    Groc sackte zusammen, sein Fleisch in sein Blut, sein Blut in seine Seele und seine Seele in das große Nichts.
    »Das wär’s dann wohl«, flüsterte Groc.
    Ich dachte an Mannys Büro, an den Spiegel hinter dem Schreibtisch und an die Katakomben auf der anderen Seite des Spiegels.
    »Halten Sie an und hauen Sie ab«, sagte ich.
    »Sie Narr«, sagte Groc. »Wie weit würde ich wohl kommen?« Er packte meine Hand mit zitternden Fingern. »Sie sind ein Schwachkopf, aber ein liebenswerter Schwachkopf. Nein, jeder, der von jetzt an mit mir gesehen wird, wird mit mir den Mahlstrom hinabgezogen, wenn sie an der Kette ziehen. Nehmen Sie das.«
    Er schob seine Aktentasche auf den Sitz zu mir herüber, öffnete sie kurz und machte sie sofort wieder zu. Ich sah gebündelte Hundertdollarscheine aufblitzen.
    »Greifen Sie zu«, sagte Groc. »Ich habe jetzt keine Verwendung mehr dafür. Verstecken Sie es schnell. Geld auf der hohen Kante, bis an Ihr Lebensende.«
    »Nein, vielen Dank.«
    Er schubste sie erneut gegen mein Bein. Ich schreckte zurück, als wäre mir ein Dolch aus Eis ins Knie gedrungen.
    »Schwachkopf«, sagte er. »Aber ein liebenswerter Schwachkopf.«
    Ich stieg aus.
    Das Polizeiauto, das mit brummendem Motor weiterkroch, hupte einmal kurz. Groc warf einen gehetzten Blick dorthin, dann betrachtete er sich meine Ohren, meine Augenlider, mein Kinn.
    »Ihre Haut wird noch an die, sagen wir, dreißig Jahre ohne Ausbesserungsarbeiten auskommen, plus minus ein Jahr.«
    Dicker Schleim sammelte sich um seinen Mund. Er verdrehte die Augen, packte das Steuer mit saugenden, grabbelnden Fingern und brauste davon.
    Der Polizeiwagen bog um die Ecke, und sein Wagen fuhr hinterher. Ein kleiner Leichenzug, auf dem Weg zur Mauer am hinteren Studiogelände.
     

63
     
    Ich kletterte die Stiegen zu Maggie Botwins Reptilienpalast empor. Den Namen hatte er wegen der vielen herausgeschnittenen Szenen, der sich kringelnden Filmschnipsel erhalten, die sich im Abfalleimer oder auf dem Fußboden schlängelten.
    Der kleine Raum lag verlassen da. Die alten Gespenster waren geflohen. Die Schlangen hatten sich in die Erde und woandershin verzogen.
    Ich stand vor den leeren Regalen und schaute hilflos um mich, bis ich endlich den Zettel entdeckte, der oben auf der verstummten

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