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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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gestorben?«
    »Ich weiß nur, daß man sie nicht in die Leichenhalle gegenüber gebracht hat.«
    »Vielleicht in ein Krankenhaus?«
    »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
    »Nicht alles, Herr Pfarrer, aber so einiges …«
    Ich stellte mich an das Fenster des Pfarrhauses und blickte hinaus auf die Einfahrt und den gepflasterten Hof.
    »Sollte ich noch einmal zurückkommen, erzählen Sie mir dann die gleiche Geschichte?«
    »Ich hätte Ihnen überhaupt nichts erzählen sollen! Ich habe mein Beichtgelübde gebrochen!«
    »Von dem, was Sie mir erzählt haben, wurde Ihnen nichts vertraulich mitgeteilt. Sie haben es selbst gesehen. Und nun hat es Ihnen gut getan, mir alles zu beichten.«
    »Gehen Sie jetzt.« Der Priester seufzte, füllte sich noch einen Schluck ins Glas und kippte ihn hinunter. Seine Wangen wollten noch immer keine Farbe annehmen. Er versank eher noch schiefer in seinem fleischlichen Körper. »Ich bin sehr müde.«
    Ich öffnete die Tür zur Sakristei und blickte durch den kleinen Flur auf den Altar, der vor Gold, Silber und Edelsteinen hell funkelte.
    »Wie kommt es, daß eine so bescheidene Kirche so reich ausgestattet ist?« fragte ich. »Allein mit dem Taufstein könnte man einen Kardinal finanzieren oder einen Papst wählen lassen.«
    »Es gab einmal eine Zeit«, sagte Pfarrer Kelly und schaute gedankenverloren in sein leeres Glas, »da hätte ich Sie auf dem direkten Weg in die Hölle geschickt.«
    Das Glas entglitt seinen Fingern. Er machte keine Anstalten, die Scherben aufzusammeln. »Auf Wiedersehen«, sagte ich.
    Dann trat ich hinaus ins helle Sonnenlicht.
    Auf der gegenüberliegenden Seite zweier leerer Hinterhöfe und eines dritten, der auf der Rückseite der Kirche gen Norden verlief, standen Unkraut und lange Gräser und wilder Klee und verblühte Sonnenblumen, die im warmen Wind mit den Köpfen nickten. Direkt dahinter erhob sich ein zweistöckiges, weißverkleidetes Haus, dessen Namen in unbeleuchteter Neonschrift über dem Eingang zu lesen stand: HOLLYHOCK HOUSE S ANATORIUM .
    Auf dem Pfad zwischen dem Unkraut sah ich zwei Gespenster. Eine Frau, die eine andere an der Hand führte; sie entfernten sich langsam.
    »Eine Schauspielerin«, hatte Pfarrer Kelly gesagt. »An den Namen kann ich mich nicht mehr erinnern.«
    Die Gräser, die den Pfad säumten, bewegten sich mit trockenem Rascheln im Wind.
    Eine der Gespensterfrauen kam allein zurück; sie weinte.
    »Constance …?« rief ich leise.
     

62
     
    Ich ging die Gower Street hinunter und schaute drüben beim Studio durch das Eingangstor.
    Hitler in seinem unterirdischen Bunker während der letzten Tage des Dritten Reiches, dachte ich.
    Rom brennt lichterloh, und Nero sucht noch mehr Fackeln.
    Marc Aurel schlitzt sich in der Wanne die Pulsadern auf und läßt das Leben entweichen.
    Und das alles nur, weil irgendwo irgendwer Befehle brüllt, Anstreicher mit zuviel Farbe und Männer mit riesigen Staubsaugern anheuert, die mit dem verdächtig aufgewirbelten Staub kurzen Prozeß machen.
    Nur ein einziges Tor zum Studio war offen. Dort standen drei Mann vom Wachpersonal, die das Kommen und Gehen der Maler und Saubermänner kontrollierten und sich dabei jedes Gesicht genau ansahen.
    Stanislau Groc saß hinter dem Tor in seinem leuchtendroten Morgan, ließ den Motor aufheulen und rief aufbrausend: »Ich will raus!«
    »Nein, Sir«, sagte der Wachmann gelassen. »Befehl von oben. In den nächsten beiden Stunden darf niemand das Studiogelände verlassen.«
    »Aber ich bin ein freier Bürger der Stadt Los Angeles und kein Untertan dieses verfluchten Fürstentums hier!«
    »Soll das etwa heißen«, sagte ich durch das Torgatter, »daß ich nicht mehr heraus darf, wenn ich einmal drin bin?«
    Der Wachmann legte den Finger an den Schirm seiner Mütze und sprach mich mit Namen an. »Sie dürfen hinein und heraus, Sir. Anweisung von oben.«
    »Seltsam«, wunderte ich mich. »Warum gerade ich?«
    »Verdammt noch mal!« Groc machte Anstalten, aus seinem Wagen zu klettern.
    Ich betrat das Gelände durch die kleine Tür im großen Gittertor und machte die Beifahrertür von Grocs Morgan auf.
    »Würden Sie mich zu Maggies Schneideraum bringen? Bis Sie wieder zurück sind, werden Sie wahrscheinlich hinausgelassen.«
    »Nein. Wir sitzen in der Falle«, sagte Groc. »Dieses Schiff geht schon seit einer Woche unter, und es gibt keine Rettungsboote. Laufen Sie weg, sonst müssen Sie mit ersaufen!«
    »Aber, aber«, sagte der Wachmann seelenruhig.

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