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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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von wegen. Sagenhaft!«
    »Ich wußte, daß es Ihnen gefallen würde. Roy gab mir Ihre Geschichten zu lesen. Mars, Atlantis, und die Sache, die Sie über Jules Verne geschrieben haben. Großartig, was?«
    Er machte eine einladende Geste. Ich ging umher, schaute mir alles an, mußte alles anfassen. Die großen viktorianischen Sessel mit den Messingbeschlägen, mit rotem Samt überzogen, auf dem Schiffsboden festgeschraubt. Von der Decke glänzte das Periskop aus Messing. Die Orgel mit den riesigen Orgelpfeifen stand mitten im Raum. Und direkt dahinter war ein Fenster, umgewandelt in ein ovales U-Boot-Kabinenfenster, hinter dessen Glas tropische Fische in allen Größen und Farben vorbeischwammen.
    »Sehen Sie sich um!« sagte Tom Shipway. »Nur zu!«
    Ich ging in die Knie und spähte durch das Periskop.
    »Es funktioniert!« sagte ich. »Wir befinden uns unter Wasser! Jedenfalls sieht es so aus! Haben Sie das alles gebaut? Sie sind ein Genie.«
    »Ja.«
    »Weiß … weiß Ihre Vermieterin, was Sie mit der Wohnung angestellt haben?«
    »Wenn sie das wüßte, würde sie mich umbringen. Ich lasse sie unter keinen Umständen herein.«
    Shipway berührte einen Knopf an der Wand.
    Draußen im grünlichen Meerwasser kamen Schatten in Bewegung.
    Eine Art bedrohliche, wild herumzappelnde Riesenspinne wurde an die Wand projiziert.
    »Der Krake! Nemos Gegenspieler! Ich bin begeistert!«
    »Schon gut. Setzen Sie sich. Was ist überhaupt los? Wo ist Roy? Warum haben diese Penner hier wie Dingos gehaust und warum haben sie sich wie die Hyänen davongeschlichen?«
    »Roy? Ach ja.« Die Wucht der Erinnerung stürzte auf mich nieder. Ich ließ mich schwer in den Sessel fallen. »Meine Güte, Roy. Was ist hier in der vergangenen Nacht passiert?«
    Shipway bewegte sich langsam im Zimmer umher und beschrieb mir, was er gesehen hatte.
    »Haben Sie jemals Rick Orsatti in L. A. herumschleichen sehen, damals, vor Jahren? Diesen Gauner?«
    »Er war in so einer Gang …«
    »Genau der. Einmal, vor einigen Jahren, sah ich sechs schwarzgekleidete Typen aus einer Gasse herauskommen, ein Typ führte sie an. Sie huschten herum wie Ratten, in Leder oder in Seidenklamotten, alle friedhoffarben, das Haar ölig nach hinten gekämmt, bleichgesichtig. Nein, eher wie Otter, wie schwarze Wiesel. Geräuschlos vorangleitend, wie Schlangen, gefährlich, feindselig, wie schwarzer Rauch aus einem Schornstein kamen sie gequollen. Tja, genau so war das letzte Nacht. Ich roch ein Parfüm, das war so stark, daß es durch die Türritzen drang.«
    Doc Phillips!
    »… und ich schaute hinaus und sah diese großen Kanalratten Unterlagen herausschleppen und Dinosaurier, Bilder, Skulpturen, Entwürfe, Fotografien. Sie blitzten mich aus ihren kleinen Augenwinkeln an. Ich machte die Tür wieder zu und beobachtete sie durch den Spion, wie sie auf ihren schwarzen Gummischleichern an meiner Tür vorbeihasteten. Ich hörte sie eine halbe Stunde lang herumschleichen. Dann hörte das Geflüster auf. Als ich die Tür wieder aufmachte, sah ich einen leeren Flur, und eine Welle dieses verdammten Parfüms schlug über mir zusammen. Haben die Kerle Roy umgebracht?«
    Ich zuckte zusammen. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Die sahen aus wie Bestattungstypen, deshalb. Wenn sie schon Roys Wohnung niedermachen, warum sollten sie nicht auch Roy umlegen? Hey!« Shipway unterbrach sich, als er mein Gesicht sah. »Ich wollte nicht … aber, ich meine, ist Roy –?«
    »Tot? Ja. Nein. Vielleicht. Jemand so Lebendiges wie Roy kann nicht einfach sterben!«
    Ich erzählte ihm von Atelier 13, den vernichteten Städten, von dem aufgeknüpften Körper.
    »Roy würde so etwas nie tun.«
    »Vielleicht hat es ihm jemand angetan.«
    »Roy würde für keinen von diesen Sauhunden stillhalten. Verflucht nochmal!« Aus einem von Tom Shipways Augen rollte eine Träne. »Ich kenne Roy! Er hat mir geholfen, mein erstes U-Boot zu bauen. Da!«
    An der Wand hing eine Miniatur-Nautilus, gut zwanzig Zentimeter lang; der Traum eines jeden Kunststudenten an der High School.
    »Roy kann einfach nicht tot sein!«
    Plötzlich klingelte irgendwo in Nemos unterseeischen Kabinen ein Telefon.
    Shipway griff nach einer großen Muschelschale. Ich mußte lachen, hörte aber sofort wieder damit auf.
    »Ja?« raunte er in die Muschel, und dann: »Wer ist dran?«
    Ich riß ihm den Hörer ziemlich heftig aus der Hand und brüllte hinein. Ein Lebensschrei. Ich hörte, wie jemand weit weg atmete.
    »Roy!«
    Klick. Stille. Summmmmm.
    Ich

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