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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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fuchtelte mit dem Hörer durch die Luft und schnaufte wie wild.
    »Roy?« sagte Shipway.
    »Sein Atmen.«
    »Was? Man kann doch niemanden am Atmen erkennen. Wie das denn?«
    Ich knallte den Hörer auf und blieb einen Moment mit geschlossenen Augen stehen. Dann packte ich ihn wieder und versuchte am falschen Ende der Muschel zu wählen. »Wie funktioniert dieses verdammte Ding?« schrie ich.
    »Wen rufen Sie an?«
    »Ein Taxi.«
    »Wo wollen Sie hin? Ich fahre Sie.«
    »Nach Illinois, herrje, Green Town!«
    »Das ist dreitausend Kilometer entfernt!«
    »Dann«, sagte ich wie betäubt und legte die Muschel wieder auf den Tisch, »müssen wir uns ranhalten.«
     

29
     
    Tom Shipway setzte mich vor dem Studio ab.
    Kurz nach zwei Uhr rannte ich durch Green Town. Die ganze Stadt war frisch mit weißer Farbe gestrichen und wartete darauf, daß ich an Türen klopfte und durch Spitzenvorhänge spähte. Als ich den Gehsteig vor dem Haus meiner längst verstorbenen Großeltern entlangschritt, stob Blütenpollen mit dem Wind heran. Vögel flatterten vom Dach auf, während ich die Stufen emporstieg.
    Tränen stiegen mir in die Augen, indes ich an die Buntglasscheibe der Eingangstür pochte.
    Alles blieb still. Ich merkte, daß ich es nicht richtig angestellt hatte. Wenn ein Junge einen anderen zum Spielen abholt, dann klopft er nicht an die Tür. Ich ging zurück in den Vorgarten, suchte mir einen kleinen Kieselstein und schleuderte ihn fest gegen die Seitenwand des Hauses.
    Stille. Das Haus stand schweigend im Novembersonnenlicht.
    »Was?« fragte ich das Giebelfenster. »Wirklich tot?«
    Und dann ging die Tür auf. Ein Schatten stand dort und lugte hinaus.
    »Wirklich?« rief ich. Als die Innentür geöffnet wurde, stolperte ich über die Veranda. Noch einmal schrie ich: »Wirklich?« und fiel in Elmo Crumleys Arme.
    »Alles in Ordnung«, sagte er und hielt mich fest, »falls du mich suchst.«
    Er zog mich ins Innere des Hauses und schloß die Tür; ich gab unartikulierte Laute von mir.
    »Hey, immer mit der Ruhe.« Er schüttelte mich an den Ellbogen.
    Durch meine beschlagenen Brillenfenster konnte ich ihn kaum erkennen. »Was machst du denn hier?«
    »Du hast mich doch herbestellt. Ich sollte mich überall ein bißchen umsehen und dich dann hier treffen, stimmt’s? Nein, du erinnerst dich nicht mehr daran. Himmelherrgott, habt ihr denn hier nichts Anständiges zu bieten?«
    Crumley wühlte im Kühlschrank herum und brachte mir ein Erdnußplätzchen und ein Glas Milch. Da saß ich nun, kauend und schluckend, und sagte ein ums andere Mal: »Danke, daß du gekommen bist.«
    »Halt die Klappe«, sagte Crumley. »Ich sehe doch, daß es dir mies geht. Was zum Teufel machen wir nun? Angenommen, alles ist in Ordnung. Niemand weiß, daß du Roys Leiche gesehen hast – beziehungsweise das, was wie Roys Leiche aussah, stimmt doch? Wie sieht dein weiteres Programm aus?«
    »Ich muß mich sofort bei meinem neuen Projekt melden. Ich bin versetzt worden. Keine Monsterfilme mehr. Ich arbeite jetzt mit Fritz und Jesus.«
    Crumley lachte: »So sollten sie den Film nennen. Soll ich noch eine Weile länger wie ein blöder Tourist hier herumlungern?«
    »Du mußt ihn finden, Crumley. Wenn ich anfange, an Roys Tod zu glauben, dann drehe ich durch! Falls er nicht tot ist, dann versteckt er sich irgendwo und hat Angst. Du mußt ihm noch mehr Angst einjagen, damit er aus seinem Versteck herauskommt, bevor er ein für allemal richtig umgelegt wird. Oder, oder – er ist wirklich tot, dann hat ihn jemand umgebracht. Er hätte sich nie selbst aufgehängt, niemals. Dann muß sein Mörder hier irgendwo sein. Dann mußt du seinen Mörder finden. Den Kerl, der den Kopf unseres Monsters zertrümmert, den roten Tonschädel eingeschlagen hat, dann Roy in die Arme gelaufen ist und ihn aufgeknüpft hat. Crumley, du mußt Roy finden, bevor sie ihn umbringen; oder, wenn er tot ist, seinen Mörder.«
    »Das ist ja eine tolle Auswahl.«
    »Versuche es bei den Autogrammjäger-Agenturen, ja? Vielleicht kennt dort jemand Clarence, seinen Nachnamen, seine Adresse. Clarence. Und dann versuch dein Glück beim Brown Derby. Der Oberkellner unterhält sich nicht mit Typen wie mir. Er weiß garantiert, wer das Monster ist. Er oder Clarence, einer verhilft uns zu des Rätsels Lösung, führt uns zu dem Mörder, der schon zugeschlagen hat oder jede Minute zuschlagen kann!«
    »Das sind wenigstens Anhaltspunkte.« Crumley senkte die Stimme, in der Hoffnung, auch ich würde

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