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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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zugemacht hat, holt sich jetzt Verstärkung.«
    »Vielleicht war es nur der Friedhofswächter«, gab ich zu bedenken.
    Nein, dachte ich: das Monster.
    »Nein, gib mal die Lampe. Gut so. Meine Güte.« Crumley leuchtete die Tür ringsum ab. »Die Scharniere sind natürlich draußen, da kommen wir nicht ran.«
    »Schön«, sagte Henry. »Ich vermute, an diesem Örtchen gibt es nur eine einzige Tür, oder?«
    Crumley funzelte Henry voll ins Gesicht.
    »Was habe ich denn gesagt?« wollte Henry wissen.
    Crumley richtete das Licht woandershin und ging an ihm vorbei, auf die andere Seite des Sarkophags. Er leuchtete mit dem Strahl die ganze Decke ab, den Fußboden, sodann entlang der Fugen und um das kleine Fenster an der Rückseite, das so schmal war, daß höchstens eine Katze hätte hindurchschlüpfen können.
    »Aus dem Fenster hinauszuschreien dürfte unklug sein.«
    »Ich möchte dem nicht begegnen, der dadurch angelockt wird«, kommentierte Henry.
    Crumley drehte sich mit der Taschenlampe im Kreis.
    »Eine andere Tür«, sagte er mehr als einmal. »Es muß eine andere Tür geben!«
    »Muß!« schrie ich.
    Ich spürte das heiße Naß in meinen Augen und die schreckliche Trockenheit in meiner Kehle. Ich bildete mir ein, schwere Schritte zwischen den Grabsteinen zu hören, Schatten, die gekommen waren, um zuzuschlagen, zu vernichten, Gestalten, die mich Clarence nannten und mich töten wollten. Ich stellte mir vor, wie die Tür aufgerissen wurde und wir von einer Tonne Bücher, signierter Fotos und Autogrammkarten ertränkt wurden.
    »Crumley!« Ich riß ihm die Lampe aus der Hand. »Gib mal her!«
    An einer Stelle hatten wir noch nicht nachgeschaut. Ich schielte in den Sarkophag. Dann ging ich näher heran und es verschlug mir den Atem.
    »Da! Diese Dinger! Keine Ahnung, was das ist, Vertiefungen, Mulden, Kerben, was auch immer. So etwas habe ich noch nie in einem Sarg gesehen. Und dort, seht nur, an der Fuge, kommt dort nicht Licht von unten durch? Mensch, los!«
    Ich schwang mich balancierend auf den Rand des steinernen Sarges und schaute mir die glatten, regelmäßigen Formen auf dem Boden genauer an.
    »Paß auf!« rief Crumley.
    »Nein, du !«
    Ich sprang in den Sarkophag hinein.
    Das leise Stöhnen eines gutgeschmierten Mechanismus ertönte. Der Raum erzitterte, als sich unter uns ein Gegengewicht in Bewegung setzte.
    Ich sank mit dem Boden des Sarkophags langsam nach unten. Meine Füße verschmolzen mit der Dunkelheit. Die Beine folgten. Als die Bodenklappe zur Ruhe kam, stand ich schräg auf dem Sargboden.
    »Stufen!« rief ich laut. »Eine Treppe!«
    »Was?« Henry stocherte in die Tiefe. »Tatsächlich!«
    Im horizontalen Zustand hatte der Boden des Sarkophags wie eine lange Reihe halbierter Pyramiden ausgesehen. Jetzt, schräg nach unten geklappt, ergaben sie perfekte Treppenstufen, die in eine tiefer gelegene Begräbnisstätte führten.
    Ich machte einen entschlossenen Schritt nach unten. »Los, kommt schon!«
    »Kommt schon?« Crumley zögerte. »Was zum Teufel ist dort unten?«
    »Was zum Teufel ist dort draußen?« Ich zeigte in Richtung der verriegelten Außentür.
    »Verflucht!« Crumley sprang auf und griff nach Henry. Henry schnellte hoch wie eine Katze.
    Vorsichtig ging ich noch eine Stufe hinunter. Zitternd leuchtete ich mit der Taschenlampe voran. Henry und Crumley kamen fluchend und schnaufend hinterher.
    An die Stufen der Sarkophagklappe schloß sich eine weitere Treppe an, die uns drei Meter tiefer in eine Art Katakombe führte. Nachdem Crumley als letzter die Treppen heruntergekommen war, hob sich der Sargboden mit einem leisen Pfeifen und klappte wieder zu. Ich betrachtete mir die nun geschlossene Decke und entdeckte ein Gegengewicht, das auf halber Höhe zum Stillstand gekommen war. Vom Boden der entschwundenen Treppe hing ein großer Eisenring herab. Man konnte also von unten mit Hilfe des eigenen Körpergewichts die Falltür herunterziehen.
    Die ganze Aktion konnte in wenigen Sekunden bewerkstelligt werden.
    »Mir gefällt es hier ganz und gar nicht!« sagte Henry.
    »Woher willst du das wissen?« stichelte Crumley.
    Henry entgegnete: »Mir gefällt es hier einfach nicht. Hört doch nur!«
    Oben rüttelte der Wind, oder etwas anderes, an der äußeren Tür zur Gruft.
    Crumley schnappte sich die Taschenlampe und fuchtelte wie wild damit herum: »Jetzt gefällt es mir hier auch nicht mehr!«
    Gut drei Meter von uns entfernt befand sich eine Tür in der steinernen Wand. Crumley versuchte es

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