Friedhof New York
sich beinahe lautlos auf den linken der zwei vom Mittelgang abzweigenden Schlafsäle zu.
Beide waren mit Schiebetüren versehen worden.
Chato zog sie auf. Sie rollte unten in der Schiene und gab dabei ein leises Summen ab.
Dann war ihre Sicht frei!
Unbeweglich standen die beiden Männer auf der Schwelle und beobachteten. Trotz der vorhandenen Größe waren die Räume nur als Schlafkammern eingerichtet worden. Allerdings befand sich genügend Platz zwischen den zweistöckigen Betten, um auch die Spinde aufzustellen, in denen die Kleidung der Arbeiter hing.
Hier und da stand eine kleine Konsole. Unter der Fensterreihe gruppierten sich die Kochgelegenheiten. Auf einer grün angestrichenen Gartenbank lagen Kleidungsstücke.
Vor die Fenster waren Rollos gezogen worden. Die Arbeiter schliefen in ihren einfachen Betten. Auch als sich die beiden Männer in Bewegung setzten und in den Raum hineingingen, richtete sich kein Körper auf.
Sie betraten eine bekannte, ihnen aber trotzdem fremd vorkommende Welt. Chato war es, der neben einem Bett stehenblieb, seinen Arm hob und ihn um den Rand der oberen Matratze legte. Nicht weit von seinen Fingern entfernt schimmerte das Gesicht des schlafenden Indianers. Der Mann lag auf der Seite. Er hatte ein Bein angezogen, den rechten Arm ausgestreckt, dessen Hand zur Faust geballt und lag mit seinem Kopf auf seinem Arm. Der Mund stand offen. Über die Lippen drangen leise Schnarchgeräusche. Die Augen hielt er geschlossen, aber die Lider bewegten sich trotzdem zuckend. Für Suko und Chato ein Zeichen, daß der Mann zwar schlief, aber träumte.
Der Indianer senkte den Kopf. »Jericho hat es geschafft«, flüsterte er.
»Durch die Träume der Menschen hat er seine eigene Welt des Grauens aufgebaut. Sie werden hindurcheilen, das Grauen erleben, das sich in ihrem Unterbewußtsein widerspiegelt.«
»Willst du ihn wecken?«
»Ich spiele mit dem Gedanken.«
»Was wird passieren?«
»Zumindest wird eine Traumwelt zusammenbrechen. Ein Teil des Ganzen, nehme ich an.«
»Womit Jericho gewarnt wäre.«
»Auch das.«
»Er würde kommen.«
Chato nickte. »Oder seine Helfer schicken, die Todesboten.«
»Es gibt noch eine Alternative«, sagte Suko leise. »Er wird versuchen, uns in seine Alptraumwelt hineinzuzerren. Das ist keine Theorie von mir, das haben John und ich erlebt. Ich wundere mich sowieso, daß es so ruhig geblieben ist. Als wir in der Wüstenstadt in das Haus der Schlafenden eindrangen, da veränderte sich die normale Welt plötzlich und wurde zu einem irrealen Traumgebilde, in dem wir uns wiederfanden. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, daß dies wieder passieren würde. Mich überrascht diese Ruhe eigentlich.«
»Freu dich nur nicht zu früh.«
»Das bestimmt nicht.«
Ohne einen Entschluß gefaßt zu haben, verließ Chato das Bett des Schlafenden und durchschritt den großen Raum. Auch diesmal bewegte er sich sehr leise und vorsichtig, blieb jedoch an jedem einzelnen Bett stehen, schaute sich die Schläfer an und erlebte die unterschiedlichsten Reaktionen.
Einige schliefen relativ ruhig. Andere wiederum bewegten ihre Körper und Glieder im Schlaf. Dann gab es eine Gruppe, die nicht an sich halten konnte, weil die Träume einfach zu wild und schlimm waren. Sie wälzten sich auf ihren Laken umher, sie flüsterten, ächzten und stöhnten. Hin und wieder drangen zischelnde Worte aus ihren Mündern, die von Chato nicht zu verstehen waren.
Bei einem Arbeiter war es besonders schlimm. Neben dessen Bett blieb der Apache stehen. Mit einem knappen Wink holte er Suko zu sich heran. »Schau dir das an.«
Er hatte dabei auf das Gesicht gedeutet. Die Augen bewegten sich. Sie waren tränenschwer, und das Wasser konnte von ihnen nicht mehr gehalten werden. Es fand seinen Weg und rollte in dünnen, feuchten Bahnen an ihren Wangen entlang nach unten. Der Schlafende hatte sich auf den Rücken gedreht, wo er allerdings nicht still lag, immer wieder zuckte, als wollte er im nächsten Moment auf die Beine springen.
»Er leidet.«
Suko nickte nur.
»Hast du etwas dagegen, wenn ich bei ihm den Anfang mache? Ich möchte seine Traumwelt zerstören.«
»Das ist zumindest einen Versuch wert.« Suko dachte auch nicht an die Folgen. Er wollte nur, daß sie in diesem verfluchten Fall vorankamen und ihn zu einem Ende brachten. Aber zu einem Ende, das für sie günstig aussah und den Dämon Jericho endgültig zerstörte.
Für einen Moment dachte er auch an John Sinclair. Er konnte nur hoffen,
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