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Friedhofskind (German Edition)

Friedhofskind (German Edition)

Titel: Friedhofskind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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hastig die Tür zu seiner Zelle auf, raffte achtlos ein paar Habseligkeiten zusammen und warf sich im Laufen seinen schweren Umhang über die Schultern. Auf dem Weg zum Stall kam es ihm so vor, als würden sich die in den Fels gehauenen Flure verengen und seine klaustrophobische Angst noch schüren.
    Beim Verlassen des Dormitoriums spürte er, dass sich die Luft weiter abgekühlt hatte. Der Wind trieb mit lautem Heulen die Wolken vor sich her und ließ die kahlen Zweige der Bäume hin- und herpeitschen. Seine Mitbrüder verweilten noch in der Klosterkirche, eingehüllt in die geheiligte Wärme des Hauptschiffs.
    Viviën zog seinen Umhang enger und betrat die Stallungen. Er sattelte ein Pferd, stieg auf und durchritt im Trab den Innenhof von San Michele. Dicke, nasse Schneeflocken legten sich schwer auf seine Schultern und durchdrangen den Wollstoff seines Umhangs. Doch nicht die Kälte ließ ihn frösteln, sondern seine Gedanken. Er war darauf gefasst, jeden Augenblick in einen Hinterhalt zu geraten.
    Als er den Durchgang in der Umfriedungsmauer fast erreicht hatte, kam ihm ein Mönch entgegen, die Kapuze seiner Kutte tief ins Gesicht gezogen. Er schlug sie zurück und enthüllte einen langen rabenschwarzen Vollbart und zwei erstaunte Augen. Es war Pater Geraldo da Pinerolo, der Cellerar des Klosters.
    »Wo willst du hin, Bruder?«, fragte er. »Kehr lieber um, bevor das Unwetter losbricht.«
    Viviën erwiderte nichts und ritt weiter dem Ausgang entgegen, innerlich betete er, dass es noch rechtzeitig genug für eine Flucht war … Doch am Tor erwartete ihn schon ein Karren, der von zwei Pferden, so dunkel wie die Nacht, gezogen wurde. Auf dem Bock saß ein einzelner Mann, ein Abgesandter des Todes. Viviën ritt scheinbar unbekümmert an ihm vorbei, das Gesicht unter der Kapuze verborgen und sorgfältig darauf bedacht, nicht dem Blick des Kutschers zu begegnen.
    Geraldo hingegen, der Viviën hinterhergeblickt hatte, näherte sich dem Fremden und musterte ihn genau: Der Mann war hochgewachsen und kräftig, er trug einen großen Hut und einen schwarzen Umhang. Auf den ersten Blick hatte er nichts Auffälliges an sich, doch als Geraldo ihm ins Gesicht sah, konnte er seinen Blick nicht von ihm lösen: Es war blutrot, und die Lippen darin waren zu einem teuflischen Grinsen verzerrt.
    »Satan!«, stieß der Kellermeister aus und wich entsetzt zurück.
    Inzwischen hatte Viviën seinem Pferd die Sporen gegeben und preschte im Galopp den Abhang hinunter auf das Susatal zu. Er musste so schnell wie möglich von hier verschwinden, doch der mit Schlamm vermischte Schnee machte den Pfad unwegsam und zwang ihn zur Vorsicht.
    Nun erkannte der unheimliche Kutscher den Fliehenden, wütend trieb er seine Pferde an und machte sich mit seinem Wagen an die Verfolgung.
    »Bleibt stehen, Viviën de Narbonne!«, schrie er. »Ihr könnt Euch nicht auf ewig vor der Heiligen Vehme verbergen!«
    Viviën drehte sich nicht einmal um, während in seinem Kopf tausend Gedanken durcheinanderwirbelten. Hinter sich hörte er die Räder des Karrens, der immer näher kam. Er hatte ihn beinahe erreicht! Wie konnte er auf einem so gefährlichen Pfad nur so schnell fahren? Das waren keine Pferde, sondern Dämonen geradewegs aus der Hölle!
    Die Worte seines Verfolgers ließen keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Abgesandten der Freirichter handelte. Die Erleuchteten wollten das Buch! Und sie würden alles dafür tun, um es in ihren Besitz zu bringen. Sie würden ihn foltern, bis er vor Schmerz wahnsinnig würde, allein um das Wissen zu erlangen und zu lernen, wie man aus der Weisheit der Engel schöpfen konnte. Dann besser sterben!
    Mit Tränen in den Augen packte er die Zügel fester und trieb den Zelter an. Dabei geriet das Pferd zu nahe an den Rand des Abhangs, und das vom Schneeregen aufgeweichte Erdreich gab unter seinem Gewicht nach.
    Das Tier rutschte ab und Viviën mit ihm, gemeinsam stürzten sie die Bergflanke hinab. Die Schreie des Mönchs während des Sturzes vermischten sich mit dem entsetzten Wiehern des Pferdes und hallten lange nach, bis sie sich im Heulen des Sturms verloren.
    Der Karren hielt an. Der unheimliche Kutscher stieg vom Bock und suchte mit Blicken die Schlucht ab. Nun gibt es nur noch einen Menschen, der davon weiß, nämlich Ignazio da Toledo, dachte er. Wir müssen ihn finden.
    Er legte die rechte Hand an sein Gesicht und berührte etwas, das zu kalt und zu hart war für ein menschliches Antlitz. Beinahe widerwillig

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