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Friedliche Zeiten - Erzählung

Friedliche Zeiten - Erzählung

Titel: Friedliche Zeiten - Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rotbuch-Verlag
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Karosserielackierer bekam; der Herr Jeglinsky lachte aber nur, wenn sie mit ihrem Blechschaden in den Hof seiner Werkstatt kam, und wenn er uns auf der Straße begegnete, mußte er auch immer lachen, der Vater sagte, statt sich ins Fäustchen zu lachen, könnte er uns einen Vorzugspreis machen. Ich hatte es nicht so gern, neben der Mutter vorn im Auto zu sitzen, weil das Auto manchmal plötzlich bremste und ich es nicht mochte, wie es sich anhört, wenn es kracht. Es hört sich viel lauter an, als man glauben möchte; es hört sich fast an, als wäre das Krachen und Knirschen nicht außen am Blech, sondern in einem selbst innen drin, und ich konnte nie glauben, daß niemandem etwas passiert war; die Mutter fing nach dem Krachen und Knirschen an zu weinen und sagte, das sind die Nerven, ich bin mit den Nerven runter; dann stieg sie aus, und wenn sie einen Vordermann angefahren hatte, stieg der auch aus, alle gingen um die Autos herum, aber es war meistens nicht sehr viel mehr passiert als Kratzer und Dellen, obwohl es so gekracht hatte, daß ich dachte, ich fliege mit dem Kopf durch die Scheibe.
    Nur war es diesmal anders, weil es sonst immer tagsüber war, und abends lagen wir meistens in den Betten, anstatt mit der Mutter wegzufahren, den Vater zu verlassen und vielleicht nicht mehr wiederzukommen. Wasa hatte ihre Puppe mitgenommen, als sie gehört hatte, daß wir vielleicht nicht wiederkommen, an meiner Puppe war der eine Arm abgegangen, und ich mochte keine Puppe ohne Arm mitnehmen, außerdem war es eine Ostpuppe, und ich hätte lieber eine Westpuppe gehabt, ich dachte, wenn ich die kaputte Ostpuppe hierlasse, kriege ich vielleicht eine Westpuppe neu und mit beiden Armen. Dann fuhren wir los, aus dem Vorort hinaus auf die Landstraße. Zuerst fuhren wir in ein Kornfeld, wir stiegen alle aus, gingen einmal um das Auto herum, Flori wachte auf und sagte sehr verschlafen, sind wir jetzt tot, aber es hatte nicht einmal gekracht, weil das Kornfeld weich war, wir waren nicht tot, sondern stiegen dann nur wieder ein und fuhren rückwärts aus dem Kornfeld raus. Beim zweiten Kornfeld blieben wir im Auto sitzen, und Wasa sagte, ach Mama, was machst du denn bloß für Sachen. Die Mutter sagte, daß sie jetzt zu ihrer Mutter fahren würde, aber wir wußten, daß das nicht stimmen konnte, dazwischen war die Stacheldrahtgrenze, da konnte man nicht einfach durch und in das Land hinein, sondern wurde sofort erschossen; und ich glaubte auch nicht, daß sie wirklich zu ihrer Mutter wollte, weil sie sehr oft sagte, daß sie sich mit ihrer Mutter nicht gut vertragen hätte und daß sie nicht so werden wollte wie ihre Mutter, obwohl sie solches Heimweh hätte; ist es nicht traurig, sagte sie, daß man so schreckliches Heimweh hat, obwohl man weiß, daß man sich mit seiner Mutter nicht gut verträgt; und wir fanden es auch traurig und sagten, daß wir uns mit unserer Mutter immer gut vertragen würden. Ich glaubte also nicht, daß wir wieder zurück in den Osten fahren würden, nur wußte ich nicht, wohin sonst; aber sie fuhr auf einer Landstraße eine Weile so vor sich hin, und dann kam eine riesige Brücke. Als wir auf der Brücke waren, schluchzte die Mutter und sagte, Kinder, das ist der Rhein, jetzt fahre ich in den Rhein. Ich sagte sehr schnell, Mama, nicht, und sie sagte, keine Angst, Kinder, ich nehme euch mit.
    Ich saß vorne, und Wasa saß hinten, weil sie aufpassen mußte, daß Flori im Schlaf nicht von der Rückbank fiel, aber wir hörten es beide, daß sie sagte, keine Angst, Kinder, ich nehme euch mit, und wenn die Mutter schluchzte und im Schluchzen sagte, keine Angst, Kinder, dann bekam ich immer sofort Angst, weil dann meistens etwas Furchtbares passierte, ich bekam also auf der Brücke sofort solche Angst, daß ich innen ganz hohl davon wurde, und in den Ohren drehte sich ein unangenehmes Geräusch, weil die Mutter jetzt vorhatte, nicht nur jung, sondern sofort zu sterben.
    Wasa ging schon in die zweite Klasse und wollte nicht mitgenommen werden in den Rhein, sie sagte mit einer ganz fremden, hohen Stimme, nicht, Mama, bitte nicht, aber die Mutter bog auf der Brücke schräg ab und zielte genau auf das Brückengeländer. Ich wartete jeden Tag darauf, endlich in die Schule zu kommen, weil ich nicht mehr allein in den Kindergarten wollte, nachdem Wasa schon in der Schule war, und ich wollte auch nicht mitgenommen werden, und als die Mutter abbog, mitten auf dieser Brücke, wußte ich plötzlich, ich will so sehr nicht

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