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Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Titel: Friedo Behuetun 02 - Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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sie einmal einen Plan gehabt, erinnerte er sich. Eine Riesentöle in der Breiten Gasse oder in der Karolinenstraße einen Riesenhaufen machen lassen, genau dann, wenn dort viel los ist. Und mit versteckten Kameras beobachten, wie der Haufen breit getreten wird, was die Leute daraus machen. Sie hatten den Film nie gedreht. Behütuns humpelte hinüber zum Bordstein und versuchte, seinen Schuh an der Kante zu säubern, das Gröbste wenigstens abzustreifen. Unglaublich, wie das stank.
    Aber er hatte auch einmal etwas Erfreuliches mit einem Hund erlebt, der kackte. In einer neuen Sparkasse. Das Institut war ja bekannt für seine sich immer ganz hervorragend ins Ensemble einfügende Bauweise. In eine solche Sparkasse, noch nagelneu und frisch eröffnet, war – wo genau war das noch? Er konnte sich nicht mehr erinnern – ein Punk mit seinem jungen Hund gekommen, einem Schäferhund. Der sträubte sich und wollte da nicht rein, der Punk zog an der Leine, unten braunes Elend, oben grünes Haar, dazwischen lauter Nieten. Und mitten in der Halle passierte es dann: Der Welpe kackte auf den neuen Marmorboden. Großer brauner Haufen.
    Die Aufregung war groß, nicht bei dem Punk, doch bei den Leuten. Bis endlich ein alter Bürger kam und trocken sagte: »Ganz brav gemacht. Der kleine, junge Hund hat ein ganz großes Gespür für Architektur.« Danach herrschte Schweigen in der Bank. Ganz große Genugtuung hatte Behütuns nach dieser Geschichte gespürt.
    Jetzt aber verspürte er Ekel, der Schmodder ging nicht ab, die Leute schauten schon. Was tun? Es gab keine andere Möglichkeit. Behütuns zog den Schuh aus, ging wieder hinein, im Strumpf die Treppe hoch bis in den dritten Stock. Und jetzt, wo abwaschen? Im Waschbecken? Der Spüle? In der Badewanne? Wo überhaupt das ekelhafte Ding mal absetzen? Er holte einen Eimer, zog sich Handschuhe an und spülte dann den Schuh ab. Ganz schwierig geht das, wenn man da nicht hinsehen will, und das wollte er nicht, denn es hob ihn. Der Eimer kam auf den Balkon, die Bürste in den Abfall und gleich mit hinunter. Jetzt stank es tatsächlich im Treppenhaus. Aber stank es denn wirklich? Manchmal hatte Friedo Behütuns den Eindruck, dass es mit manchen, vor allem unangenehmen Gerüchen so ist wie mit dem Summen von Fliegen: Wenn du sie schon längst erschlagen hast, summt es dir immer noch im Ohr. Behütuns hatte das Gefühl, als klebte ihm der schmierige Gestank des Haufens fest in der Nase.
    In der geöffneten Haustüre schnäuzte er sich. Dieser Geruch musste doch endlich raus! Der Haufen war inzwischen in alle Richtungen vertragen, bis zu den übernächsten Häusern sah man die Schleif- und Abwischspuren auf dem Gehsteig. Nein, so ein Film würde nicht sehr appetitlich werden, aber sicher gut. Die Tauben pickten. Mahlzeit. Und jetzt zu einem Presssack? Ja, das geht. Die Welt hat Licht und Schattenseiten, und wer das nicht sieht, ist blind. Und außerdem: Was ist der Presssack morgen?
    Auf seiner Fahrt hinaus dachte er noch einmal an die Geschichte mit dem Film und so auch an einen zweiten, den sie drehen wollten, einen Kassenschlager, wie sie gemeint hatten. Als Schüler waren sie öfter abends auf die Bergkirchweih gefahren, rüber nach Erlangen. Ein großes Volksfest in der Nachbarstadt. Der Berch. Und dort am Berg, unter den großen Bäumen, hatte ein Pissoir gestanden wie aus alter Zeit, ein Wellblechschuppen, grüne Ölfarbe, innen umlaufend eine Dachrinne zum Pinkeln, oben ein Lüftungs- oder Sehschlitz. Dort standen sie in Zweier-, manchmal auch in Dreierreihen, viele noch mit ihrem Maßkrug in der Hand, damit er ja nicht wegkam, ja, das Pfand war teuer, und pinkelten. Doch nicht nur das: Die einen kotzten in die Rinne, die anderen knabberten am Hähnchenfuß beim Pinkeln, man hat es ja nicht in der Hand, wenn’s einen treibt und man zum Wasserlassen muss. Da war es oftmals besser, in der zweiten oder dritten Reihe zu stehen und zu pinkeln, denn vorne wurde man von hinten nass. Das Beste aber waren die Kommentare und das, was dort gesprochen wurde, nein: gelallt. Wegschmeißen konnte man sich da. Ihr Plan war damals, in jeder Ecke oben eine Kamera zu installieren und dann das Treiben aufzuzeichnen. Daraus dann nur die besten Szenen … Wenn das kein Kassenschlager wäre, dachten sie. Ach ja, die Jugend, war das lange her. Jetzt war er Polizist, wie kam das eigentlich?
    Inzwischen saß Kommissar Behütuns bei seinem ersten Dunklen, hatte sich tatsächlich eine Scheibe Presssack geholt,

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