Friesengold (German Edition)
wäre das ein echtes Problem. Bei so einem vagen Verdacht.«
»Mir fehlen auch die Leute«, nickte Greven. »Und wenn ich sie hätte, würde ich die halbe Familie von und zu Aldenhausen überwachen. Aber ich habe eine bessere Idee. Hier taucht unser Mann vorerst sowieso nicht auf. Er ist Profi genug, um zu wissen, dass wir nun auf Grönmann aufpassen.«
»Tun wir doch gar nicht?!«
»Das weiß er aber nicht«, brummte Greven. »Vorläufig jedenfalls. Stattdessen werden wir diesmal mit dem Täter mithalten und morgen in aller Frühe ein anderes Haus überwachen.«
»Das werden wir«, meldete sich Häring zu Wort. »Ich habe nämlich den Vorgänger Grönmanns ausfindig gemacht. Er könnte das nächste Opfer sein.«
»Was hast du vor?«, fragte Pütthus. Aber es war natürlich eine rein rhetorische Frage.
13
Leichter Schneefall hatte eingesetzt. Noch war das frei stehende Haus am Husteder Weg gut zu erkennen, und Greven hoffte intensiv, dass sich daran auch nichts ändern würde. Die Meteorologen hatten eine ostfriesische Mischung aus Wolken und Sonnenschein versprochen. Aber vielleicht hatten sie einfach nur den falschen Satelliten befragt. Es wäre nicht das erste Mal. Skeptisch verfolgte Greven einige der dicken Flocken, die lautlos zu Boden fielen. Etwas, das wie eine Sonne aussah, konnte er nicht entdecken.
Um sich nicht zu verraten, hatten sie die Einsatzwagen in den umliegenden Wohngebieten unauffällig abgestellt und waren zu Fuß zu den vereinbarten Verstecken marschiert, die Häring noch am Vorabend am Laptop festgelegt hatte. Um zu ihnen zu gelangen, hatten sie gleich mehrere Umwege in Kauf nehmen müssen, da der Schnee im Gegensatz zu Grönmann kein Geheimnis für sich behalten konnte. Nur seine Kollegen Jaspers und Harding waren schon vor Ort. Sie hatten im Haus übernachtet. Zuerst hatten sie gemurrt, doch dafür brauchten sie sich jetzt nicht im Freien auf die Lauer zu legen.
Greven hatte Häring ermahnt, diesmal auf seinen schicken Anzug zu verzichten. Ansatzweise hatte sein Kollege auch den Rat befolgt, Winterstiefel angezogen und sich für eine Pudelmütze entschieden, die Greven allerdings wie ein Fremdkörper erschien. Ein beigefarbener Trenchcoat rundete sein Outdoor-Outfit und seine Tarnung ab.
Ihr Versteck entpuppte sich als eine junge Fichte, deren Größe gerade ausreichte, ihm und Häring eine halbwegs akzeptable Deckung und eine gute Übersicht über das Gelände zu gewähren. Zwischen ihnen und dem etwa 250 Meter entfernten Haus tanzten munter die Schneeflocken und ließen sich nicht von den Flüchen beeindrucken, die die beiden Ermittler abwechselnd ausstießen. Greven dachte an den Schneevorhang, in den er drei Tage zuvor geraten war. An die Kälte brauchte er nicht zu denken, die schon nach kurzer Zeit in Stiefel und Hosenbeine schlich. Härings Zähne klapperten unrhythmisch vor sich hin, obwohl er immer mehr in sich hineinkroch.
Greven hatte andere körperliche Sorgen und fasste sich ans Knie, das sich heftig gegen das Warten im Schnee zur Wehr setzte. Er hatte sich zwar einen leichten Klappstuhl mitgebracht, der für Jäger gedacht war, aber der konnte sein Knie nur teilweise entlasten und bewahrte es nicht vor der Kälte. Warm hatten es nicht nur Jaspers und Harding, sondern auch Albert Bruns, das mutmaßliche Opfer, das sie am Vorabend in eine kleine Pension umquartiert hatten. Sein Haus, ein kleiner, renovierter und ausgebauter Hof, lag friedlich zwischen den weißen Feldern, Wiesen, Hecken und Gehölzen. Eine wahre Winteridylle. Keine Wagenspur führte zur Straße, als habe an diesem Tag noch niemand das Haus verlassen. Ein schönes Haus, wie Greven schon am Abend festgestellt hatte, obwohl er in der Dunkelheit nur einen flüchtigen Eindruck gewonnen hatte.
Albert Bruns hatte als Architekt gearbeitet und offenbar genug verdient, um sich diesen Alterssitz leisten zu können. Ein charismatischer, groß gewachsener Mann mit vollem Haar, der ihn entfernt an James Stewart erinnerte. Geschieden, zwei längst erwachsene Söhne. Ganze sieben Monate hatte er es mit Thalke ausgehalten, dann war ihm die Beziehung zu teuer und zu anstrengend geworden.
Der Architekt hatte sich einerseits zwar als ausgesprochen kooperativ und auskunftswillig erwiesen, hatte andererseits jedoch keinen blassen Schimmer, was der Täter bei ihm suchen könnte. Die Besitztümer und Werte, die Bruns freimütig aufgezählt hatte, kamen allesamt nicht in Frage. Auch hatte er nicht von Thalkes Erbe
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