Friesengold (German Edition)
glaubst nicht an den Zufall.«
»Nicht in diesem Fall. Nein, er hat gewartet, bis sie gegangen ist. Eine zweite Person ist ein großer Unsicherheitsfaktor. Darauf hat er sich nicht eingelassen. Er hat abgewartet und ist dann durch die Hintertür. Was glaubst du, wie lange er gebraucht hat?«
»Für die Nummer mit der Brechstange? Acht Sekunden? Zehn Sekunden?«
»Aber es hat ihm nichts genützt, denn Grönmann war nicht da«, schmunzelte Greven.
»Was mir ein Rätsel ist, denn seine Haushälterin sagte mir, dass Grönmann seit Jahren nicht außer Haus geschlafen hat. Vielleicht ist er gewarnt worden?«
»Da ist er, nämlich von mir«, grinste Greven. »Ich war gestern bei ihm und habe ihn nach Thalke von und zu Aldenhausen befragt.«
»Das hättest du mir ruhig am Telefon sagen können«, murrte Pütthus.
»Stimmt. Aber dann hättest du vielleicht Grönmann die Fragen gestellt, die ich ihm gleich stellen werde. Wo hat er eigentlich die Nacht verbracht?«
»In einem seiner Ferienhäuser am Deich.«
»Tja, Karig Simon legt man nicht so leicht aufs Kreuz. Wo ist er?«
»Im Bus. Auch wir müssen ab und zu eine Aussage protokollieren.«
»Ach was?«
Simon Grönmann saß im Einsatzwagen auf der Bank wie eine Buddha-Statue, entspannt und zufrieden, Zigarre rauchend, souverän, im schwarzen Anzug mit der Goldkette als Farbtupfer. Als wäre nichts geschehen, als wäre er nicht Opfer eines Einbrechers geworden. Greven beobachtete ihn einige Minuten durch die halb geöffnete Tür des Busses, sah, wie gelassen er einen Kollegen vom Raub mit belanglosen Angaben abspeiste. Je länger Greven durch den Türspalt sah, umso klarer wurde ihm, dass er sich zu früh gefreut hatte. Karig Simon legte wirklich niemand so leicht aufs Kreuz, und mit großer Wahrscheinlichkeit auch er nicht. Noch dazu waren die Emotionen auf seiner Seite, denn Grönmann wusste genau, welchem Schicksal er entronnen war. Langsam schob Greven die Tür auf.
»Moin, Gerd, bist du gestern noch gut nach Hause gekommen?«
Etwas in der Art hatte Greven erwartet.
»Es ist noch nicht ausgestanden, Simon. Er wird wiederkommen.«
»Der Einbrecher? Warum sollte er?«
»Sag es mir!«
»Ich verstehe deine Frage nicht. Er hat doch das ganze Haus umgekrempelt. Er hat alles gesehen. Also warum sollte er wiederkommen?«
»Um mit dir zu plaudern, Simon. Um von dir zu erfahren, was du mir verschwiegen hast. Nur stehen unserem Freund ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung, dir gewisse Geheimnisse zu entlocken.«
»Ich weiß von keinen Geheimnissen.« Die Unschuldsmiene, die er dabei zum Besten gab, war bühnenreif, war geeignet, jeden laienhaften Zuschauer zu überzeugen.
»Du weißt, dass ich dir den Arsch gerettet habe, Simon. Wenn ich dich gestern nicht besucht hätte, würdest du jetzt aufgeschlitzt in deinem teuren Wohnzimmer liegen. Also überleg’s dir noch mal und weih uns in das große Familiengeheimnis ein. Und denk daran: Er kommt wieder.«
Der dicke Mann aber dachte nicht daran. Er beharrte auf seiner Unschuldmiene und fügte sogar noch eine Spur Überheblichkeit hinzu. Greven hatte keine Handhabe. Offiziell war Grönmann das Opfer eines Einbruchs. Mehr nicht.
»Du musst wissen, was du tust.«
»Das weiß ich«, sagte Grönmann mit einem Ton, der vermuten ließ, dass er es tatsächlich wusste. Greven hatte keine Ahnung, was es sein könnte, aber nach allem, was er über Karig Simon wusste, durfte der seinen kleinen nächtlichen Ausflug genutzt haben, um eine Antwort auf sein Problem zu finden.
»Nur, weil mich deine Erklärung interessiert: Warum hast du eigentlich vergangene Nacht in einer Ferienwohnung verbracht. In einer ungeheizten noch dazu?«
»Um sie zu testen«, antwortete Grönmann. »Das habe ich deinen Kollegen bereits zu Protokoll gegeben. Außerdem war sie natürlich geheizt, denn ich hatte diesen Test schon seit Tagen geplant.«
»Natürlich«, kommentierte Greven. »Bis bald, Simon. Wird bestimmt nicht lange dauern.«
»Viel Erfolg. Hoffentlich erwischst du den Kerl.«
Greven ging zurück ins Haus, wo ihn Pütthus und Häring mit erwartungsvollen Blicken empfingen.
»Und? Was sagt dein alter dörflicher Freund?«
»Nichts. Der ist aalglatt. Der weiß genau, um was es geht, der steckt da mittendrin. Aber an den kommen wir nicht so leicht ran. Ach ja, er plant irgendetwas, denn er will nicht noch einmal unerwarteten Besuch bekommen.«
»Sollen wir ihn überwachen lassen?«, stöhnte Pütthus. »Bei unserer Personalstärke
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