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Friesenherz

Friesenherz

Titel: Friesenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janna Hagedorn
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Aufregung und die mürrische Enttäuschung gleichzeitig. War etwa mit meinem Kind etwas nicht in Ordnung?
    »Keine Sorge«, sagte Frau Rosenkötter-Linsenbold, »mit Ihrem Kind ist alles in Ordnung.«
    Ich atmete auf. Aber meine langnamige Kollegin sprach schon weiter. Der Ton ihrer Stimme verhieß nichts Gutes. »Trotzdem gibt es da etwas, das mir Sorgen macht. Und das ich gerne mit Ihnen besprechen würde.«
    »Haben Sie sonst nichts vor in Ihrem Urlaub?«, schnauzte ich sie missgelaunt an. Gleichzeitig machte mich die Tatsache nervös, dass sie ausgerechnet in der unterrichtsfreien Zeit zum Hörer griff. Das bedeutete, dass sie ein ernstes Anliegen hatte und es sich für einen ruhigen Moment aufgespart hatte. Mit Lehrern kannte ich mich immerhin aus. Im Gegensatz zu erotischen Affären.
    Frau Rosenkötter-Linsenbold ging nicht auf meine patzige Bemerkung ein.
    »Ronja ist in den letzten Wochen sehr unregelmäßig zum Unterricht erschienen. Sie hat mir versichert, eine schriftliche Entschuldigung komme nach und sie habe verschiedene Arzttermine wahrnehmen müssen. Wissen Sie etwas davon?«
    »Arzttermine?«, gab ich verblüfft zurück.
    »Sehen Sie«, sagte Frau Rosenkötter-Linsenbold, und ein wenig Triumph schwang in ihrer Stimme mit, »hab ich mir doch gedacht, dass da etwas faul ist. Und das ist ja sozusagen nur die Spitze des Eisberges.«
    »Welcher Eisberg?«, fragte ich lahm und ärgerte mich über mich selbst. Immer nur die Bälle zurückspielen, die der Gegner einem vorlegte, so konnte man kein Match gewinnen. Weder auf dem Tennisplatz noch unter Lehrern.
    »Ich wollte da schon längst mal mit Ihnen drüber sprechen, weil ich den Eindruck habe, dass Ronja doch einige private Probleme hat. Diese ganz spezielle Verschlossenheit, dieser Wandel in ihrer Persönlichkeit …«
    »Frau Rosenkötter-Linsenbold?«
    »Ja, bitte?«
    »Ronja ist sechzehn«, sagte ich mit Nachdruck, als würde das alles erklären. Aber tat es das nicht auch? Ronja war nicht magersüchtig, ritzte keine Muster in ihre Unterarme, nahm meines Wissens keine Drogen. Sie war einfach nur in der Umbauphase.
    »Natürlich spielt das Alter eine Rolle«, lenkte Frau Rosenkötter- Linsenbold ein. »Aber mein Eindruck ist, dass Ronja sich zuneh mend in ihrer eigenen Fantasiewelt isoliert. Den Kontakt zu Gleich altrigen verliert. Ich frage mich nur, ob sie in ihrem Elternhaus genügend Rückhalt …«
    »Meine liebe Frau Rosenbold, äh, Linsenkötter«, gab ich spitz zurück, »ich würde Ihnen dringend mal eine Fortbildung in Ge sprächsführung empfehlen. Nur so, als Tipp unter Kollegen. Bei uns am Kollegium hat das jedenfalls viel in Gang gesetzt, in der Eltern arbeit. Die Art und Weise, wie Sie mir hier unterstellen …«
    »Ich unterstelle Ihnen gar nichts. Ich frage nur nach. Wissen Sie was, wollen wir das Gespräch nicht lieber unter vier Augen fortsetzen? Vielleicht gleich morgen Vormittag? Wo Sie doch auch gerade frei haben?«
    »Tut mir leid«, sagte ich, »da bin ich verhindert. Ich bin zurzeit an der Nordsee.«
    »Ah«, sagte Frau Rosenkötter-Linsenbold, und zum ersten Mal schwang so etwas wie kollegiales Verständnis in ihrer Stimme mit, »diese Bodenbrüter-Studienfahrt? Vom Natur- und Umweltver band Nordniedersachsen-Südholstein? Da ist auch ein Kollege von uns mit dabei …«
    »Nein«, gab ich kleinlaut zurück, »eher … Wellness.«
    Es blieb einen Moment still in der Leitung. »Aha«, sagte sie schließlich, »Wellness. Nun, es ist ja auch für berufstätige Mütter von Vorteil, wenn sie ab und an ihre persönlichen Ressourcen auf laden. Allein schon wegen der permanenten Burn-out-Gefahr in unserem Beruf.«
    Geschafft. Nun hatte sie mich innerhalb von zwei Sätzen von einer geschätzten Kollegin zu einer überforderten Mutter mit Ehe problemen, Burn-out-Risiko und einer neurotischen Tochter degra diert. Möglicherweise hatte sie auch ein Seminar in Gesprächsführung besucht. Nur ein anderes als ich.
    »Gut«, sagte sie. »Oder vielmehr nicht so gut. Dann sprechen wir aber auf jeden Fall nächste Woche, wenn Sie wieder im Lande sind.«
    Ich ließ das Handy sinken und starrte auf das Büfett. Zwei Rentnerinnen auf Gesundheitssohlen, beige von Kopf bis Fuß, luden sich Matjesheringe auf und trugen sie dann zu ihren Plätzen, wobei sie die Teller mit zwei Händen festhielten. Sie erinnerten mich an ältere Vögel, die mit letzter Kraft Nahrung in ein Nest schleppten. Plötzlich tat es mir leid, dass ich Ronjas SMS gestern so brüsk

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