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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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Haie. »Dann rufst du ihn jetzt mal an.«
    Der schaute etwas verdutzt, nahm dann aber das Telefon und wählte Thamsens Nummer.
    »Geht keiner ran.«
    »Dann versuch’s auf dem Handy!«, bestimmte Tom. Er hielt die Beobachtung des Anwohners für sehr wichtig. Vielleicht war es eine heiße Spur in dem Fall, vielleicht die einzige, die sie bisher hatten.
    »Nur die Mailbox.«
    »Dann sprich drauf, er soll sofort hierherkommen.«
     
    Wie erwartet, unterbrach der Anwalt von Ole Lenhardt das Verhör. Thamsen hatte dem Verdächtigen zwar deutlich angemerkt, dass er in den Fall verwickelt war, aber Ole Lenhardt war zu gewieft in seinen Antworten gewesen und nach dem Eintreffen seines Anwaltes hatte er auf dessen Anraten keine Aussagen mehr gemacht. Sie brauchten dringend Beweise, sonst mussten sie den Typen einfach wieder laufen lassen.
    Thamsen wandte sich zum Gehen. »Ich werde noch die anderen Frauen mit einer ähnlichen Krankenakte wie Julia Völler aufsuchen, die mir Dr. Prust genannt hat.«
    Der Husumer Kommissar nickte. Im Prinzip waren die künstlichen Befruchtungen völlig normal bis auf die fehlenden Angaben zu den Vätern oder Samenspendern, aber da zumindest bei Julia Völler ein Bezug zur rechtsradikalen Szene bestanden hatte, konnte es nicht schaden, auch die anderen Patientinnen zu befragen.
    »Melde dich, wenn es etwas Neues gibt.«
    Dirk verließ das Polizeigebäude und schlenderte zu seinem Wagen. Das Wetter war heute außergewöhnlich schön und er hatte keine Lust, sofort ins Büro nach Niebüll zu fahren. Daher fuhr er den Deich hinaus zum Meer. Dort hatte er schon immer gut nachdenken können.
    Er parkte den Wagen und ging ein paar Schritte am Wasser entlang. Heute konnte man nicht so recht nachvollziehen, wie der Dichter der Stadt Husum ihren Beinamen hatte geben können.
    Die graue Stadt am Meer war heute eher als strahlend blau zu bezeichnen, wenngleich ein eisiger Ostwind den Eindruck eines warmen Sommertages zunichtemachte. Thamsen zog den Reißverschluss seiner Jacke bis zum Kinn hoch und steckte seine Hände tief in die Taschen.
    Am Meer hatte er den Eindruck, endlich einmal wieder durchatmen zu können. Daher konnte er zumindest eine Zeile aus dem Gedicht Theodor Storms nachvollziehen: ›Doch hängt mein ganzes Herz an dir.‹ Dirk liebte diese Landschaft ebenso wie der Dichter. Sie war sein Zuhause, hier fühlte er sich wohl und geborgen. Die klare Meeresluft machte den Kopf frei und ließ ihn für einen kurzen Augenblick den Mord, das tote Baby und die hässliche Grimasse Ole Lenhardts vergessen. Er hatte seit Langem einmal wieder das Gefühl, sich selbst zu spüren und nicht nur von den Verbrechen um sich herum gesteuert zu sein. Er blieb stehen und blickte auf das Meer hinaus. Diese endlose Weite beruhigte ihn und erinnerte ihn daran, dass er sein Leben selbst in der Hand hatte. Doch ausgerechnet in diesem Moment summte sein Handy in der Jackentasche.
    »Na endlich.« Es war Haie Ketelsen, der ihn ohne Begrüßung gleich mit den Neuigkeiten aus Ladelund überfiel. Thamsen brauchte einen Augenblick, bis er verstand, was die Beobachtung des Anwohners für den Fall bedeuten könnte.
    »Ich komme gleich, kann aber noch einen Moment dauern. Ich bin in Husum.«
     
    »Wollen wir in der Zwischenzeit mal die anderen Stätten angucken?« Haie rechnete nicht vor einer Stunde mit dem Freund, und wenn sie schon mal in Ladelund waren, dann konnten sie sich auch gleich den anderen Fundort einmal anschauen. Tom nickte, doch Marlene war etwas genervt, da Niklas bereits eine ganze Weile rumquakte, weil er Hunger hatte.
    »Und wickeln müsste ich ihn auch.«
    »Dann frag’ doch mal im Dokumentenhaus. Die haben da bestimmt einen Platz.«
    Während Marlene mit dem Kinderwagen in Richtung Museum abschob, machten sich die beiden Männer über den Feldweg auf zum Schützengraben und dann zum Gedenkstein. Sie nahmen den gleichen Weg wie der Jogger, der die Leiche vor ein paar Tagen gefunden hatte, und wie zig andere, die ebenfalls zur Unglücksstelle strebten.
    Das Dokumentenhaus hingegen war relativ leer. Die Leute kamen augenscheinlich nicht wegen der Gedenkstätte, sondern schlicht und ergreifend wegen der Leichen aus den vergangenen Tagen. Schrecklich, aber wahr.
    Dörte Paulsen war daher auch reichlich verwundert, als sie Marlene im Eingangsbereich der Stätte sah.
    Marlene war es etwas unangenehm, aber Niklas war es egal, wo sie sich befanden. Er hatte Hunger und wollte etwas zu essen. Und zwar

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