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Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
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Geständnis bewegen sollte. Da konnte er die Zwischenzeit tatsächlich nutzen, um diesem interessanten Hinweis nachzugehen.
      »Also, haben Sie irgendeine Vermutung, wer diese Briefe an Sophie Carstensen geschrieben haben könnte?«
      »Na, ihr Liebhaber«, entgegnete Haie.
      »Ach, darauf wäre ich gar nicht gekommen«, kommentierte Thamsen die vorwitzige Antwort. »Und haben Sie vielleicht auch eine Idee, wer dieser Mann war?«
      Das wusste leider keiner von ihnen. Sie hatten sich zwar schon den Kopf zermartert, und Haie ging nach wie vor davon aus, dass es sich bei diesem Tati um einen Schulfreund, zumindest aber um jemanden aus dem Dorf handeln musste, einen konkreten Namen konnte er allerdings nicht nennen.
      »Scheint auf jeden Fall eine sprachgewandte Person gewesen zu sein. Ich könnte den Brief mal einem unserer Profiler geben, vielleicht kann der mehr über den Schreiberling sagen. ›Ich bin ganz Dein Eigen, so ganz auf immer Dein.‹ Hört sich richtig poetisch an.«
      Marlene durchfuhr plötzlich ein Geistesblitz. »Das ist ein Gedicht von Storm«, stammelte sie aufgeregt und griff nach den beiden Schriftstücken. Sie versuchte, sich auf die wenigen Zeilen zu konzentrieren.
      »Irgendwas mit Seele und Herz, aber ich krieg das nicht mehr zusammen. Ich glaube, …«
      »Storm? Theodor Storm?«, fuhr Haie nun unvermittelt dazwischen. Er wirkte mit einem Mal völlig aufgelöst. Mit fahrigen Fingern zog er das alte Klassenfoto, das er bei ihrem Einbruch entwendet hatte, aus seiner Jackentasche.
      »Es gab da einen in unserer Klasse, der war vollkommen vernarrt in Storm, konnte sämtliche Gedichte auswendig und hat ständig die alten Wälzer mit sich rumgeschleppt. Hier«, er deutete auf einen hochgewachsenen Jungen in der hintersten Reihe, »Martin.«
      »Martin?«
      Thamsen warf einen forschenden Blick auf die leicht vergilbte Schwarz-Weiß-Fotografie. Ihm war der Zusammenhang zwischen den in Reih und Glied stehenden Schülern und den vor ihm liegenden Schriftstücken noch nicht ganz klar. Ihm fehlte der Bezug zwischen dem hünenhaften schwarzhaarigen Jungen und der misshandelten Ehefrau des ermordeten Landwirts. Er hatte nicht, wie die drei Freunde, sämtliche Liebesbekundungen an Sophie Carstensen gelesen, wusste nichts von ihren zahlreichen Verehrern und konnte deshalb den aufgeregten, bruchstückhaften Erklärungen nicht ganz folgen.
      Haie hingegen war nun voll und ganz in seinem Element. Seine Antwort war bereits die schnell kombinierte Schlussfolgerung ihrer brisanten Entdeckung.
      »Tati«, ordnete er, ohne auch nur dem kleinsten Raum für eventuell aufkeimende Zweifel in seiner Stimme Platz zu geben, den Kosenamen aus den Liebesbriefen dem ehemaligen Mitschüler zu.

21

    Thamsen hielt sich an keine Geschwindigkeitsbegrenzung, und Tom riskierte einige Bußstrafen und Punkte in Flensburg, als er versuchte, dem dunklen Kombi des Kommissars über die Landstraße Richtung Autobahn zu folgen.
      Auf der A7 herrschte ungewöhnlich dichter Verkehr – Lkw an Lkw reihte sich auf der rechten Spur, und die dadurch scheinbar unendliche Wagenkolonne sorgte auf der linken Fahrspur für eine lange Schlange überholender Pkws.
      Die drei hatten eigentlich erwartet, dass Thamsen die Seitenscheibe seines Wagens hinunterlassen und ein Blaulicht auf dem Dach positionieren würde, welches die anderen Autofahrer veranlassen würde, ihnen freie Fahrt zu gewähren. Stattdessen jedoch drängelte er sich durch den zäh fließenden Verkehr, fuhr dicht auf, betätigte die Lichthupe, bremste, gab Gas.
      Marlene war heilfroh gewesen, als der Kommissar sich geweigert hatte, sie in seinem Wagen mitzunehmen. Thamsen war ohnehin nicht besonders davon angetan, dass sie ihn begleiten wollten, und hatte nur zugestimmt, da Haie Ketelsen die Zusammenhänge zwischen dem Verdächtigen und der Familie Carstensen nun einmal am besten bekannt waren.
      »Aber Sie halten sich zurück. Die Fragen stelle ich«, hatte er die Freunde ermahnt, die daraufhin artig nickten.
      Er nahm wieder die letzte Abfahrt vor der Hochbrücke und fuhr den ihm bekannten Weg. Im Rückspiegel sah er, wie Tom Meissner ihm folgte.
      Hoffentlich behindern sie nicht das Gespräch, dachte er. Vielleicht war es doch ein Fehler, sie mitzunehmen. Aber jetzt war es zu spät. Das beeindruckende Gebäude erhob sich bereits zu seiner Linken, er parkte seinen Wagen am gegenüberliegenden Straßenrand.
      »Dr.

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