Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
nickte.
      Der Kellner servierte das Bestellte und unterbrach dadurch ihre Unterhaltung. Tom löffelte langsam die Sahne von seinem Eisbecher und überlegte, wie die Begegnung mit Marlene verlaufen könnte. Ob er in der Lage sein würde, die Distanz zwischen ihnen zu überwinden? Er war sich unsicher.
      Nachdenklich blickte er auf das Bananensplit. Er liebte diesen Eisklassiker seit seiner Kindheit. Wenn er mit seinem Großvater am Sonntag ins Café gegangen war, hatte er sich immer diese Köstlichkeit bestellt. Sein Opa hatte ihn oft aufgefordert, doch auch einmal einen anderen Eisbecher auszuprobieren, ansonsten könne er doch gar nicht beurteilen, ob er nicht etwas anderes lieber essen würde. Aber Tom hatte jedes Mal nur mit dem Kopf geschüttelt und geantwortet, ihm könne sowieso nichts besser schmecken als diese Kombination aus zart schmelzendem Vanilleeis, reifen Bananen, luftig geschlagener Sahne und dickflüssiger Schokoladensoße. Irgendwie beruhigte ihn diese süße Erinnerung, und er schloss die Augen, während er die Eiscreme auf seiner Zunge schmelzen ließ.
      Haie war froh, dass der Freund für den Moment anscheinend ihr letztes Gesprächthema vergessen zu haben schien, und nutzte die Gelegenheit, die Unterhaltung wieder in ihre ursprünglichen Bahnen zu lenken.
      »Vielleicht hat aber auch Ulf etwas mit Kallis Tod zu tun.«
      »Inwiefern?« Tom tauchte langsam aus seiner Gedankenwelt auf und warf ihm einen forschenden Blick zu.
      »Na, vielleicht konnte er es nicht mehr ertragen, wie sein Vater seine Mutter gequält hat.«
      »Du meinst, der Sohn hat …?«
      Haie nickte. Seiner Ansicht nach würde das auch den Selbstmord erklären. Wahrscheinlich hatte Sophie Carstensen selbst den Verdacht gehegt, Ulf habe seinen Vater umgebracht, oder es sogar gewusst.
      »Ich hab mal gelesen, dass Opfer von Gewalttaten häufig die Schuld für das an ihnen begangene Verbrechen bei sich selbst suchen.« Unter Umständen verhielt es sich bei der Frau seines ehemaligen Schulkollegen ähnlich. Wie sonst hatte sie all die Jahre die Schläge und Quälereien ihres Mannes ertragen können? Sie musste sich selbst für den Auslöser seiner Wutattacken gehalten haben.
      »Und wenn dem so war, dann hat sie sich unter Garantie jetzt auch schuldig dafür gefühlt, dass der eigene Sohn ihretwegen zum Mörder geworden war.«
      Tom nickte. Haies Ausführungen klangen plausibel.
      »Ich kann allerdings nicht verstehen, wie sie das über Jahre hinweg ertragen konnte«, bemerkte er und kratzte die letzten Restes des Bananensplits von seinem Teller.
      Das konnte der Freund auch nicht. Was ihm jedoch noch wesentlich mehr zu schaffen machte, war die Tatsache, wie sein alter Schulfreund überhaupt in der Lage gewesen war, sich an seiner eigenen Frau zu vergreifen. Nicht im Traum hätte er Kalli so etwas zugetraut.
      »Manchmal kann man sich in einem Menschen schon sehr täuschen«, murmelte er.

17

    Nachdem Thamsen das Verhör beendet hatte, war er zum Bahnhof gefahren, um sich etwas zu essen zu kaufen.
      Nun saß er an seinem Schreibtisch und blätterte abermals zwischen den Seiten des Obduktionsberichtes, während er nebenbei Pommes und Currywurst aß.
      Ulf Carstensen hatte er erneut laufen lassen müssen. Immer wieder hatte dieser beteuert, nichts mit dem Mord an seinem Vater zu tun zu haben, und da keinerlei Beweise gegen ihn vorlagen, war ihm nichts anderes übrig geblieben, als den Verdächtigen nach mehr als zwei Stunden zu verabschieden. Obwohl der Sohn ihnen das Geständnis seiner Mutter übergeben hatte, glaubte er nicht daran, dass Sophie Carstensen die Mörderin ihres Mannes war. Natürlich hätte sie ihn einfach überfahren können, sie besaß zumindest einen Führerschein und war nach Ulf Carstensens Angaben auch hin und wieder Auto gefahren. Wie aber sollte die zierliche Frau, zumal sie noch durch die letzten Misshandlungen in ihrer Bewegungsfreiheit außerordentlich eingeschränkt gewesen war, den schweren Körper des Opfers in das Maisfeld gehievt haben? Das erschien ihm beinahe unmöglich.
      Vielmehr hatte er nach wie vor den Verdacht, der Sohn selbst könne etwas mit dem Tod des Vaters zu tun haben. Vielleicht hatte er das Schriftstück gefälscht, nachdem er die Mutter auf dem Dachboden fand. Immerhin hatte er es ihnen nicht gleich, sondern erst einen Tag später überreicht. Blieb also genügend Zeit, solch ein Schriftstück anzufertigen. Außerdem besaß Ulf

Weitere Kostenlose Bücher