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Friesenschnee

Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Dann reckte er seinen Daumen hoch zum Zeichen der verbindlichen Bestellung.
    Jetzt nickte der alte Kämpe aufgeregt, als wenn er aufgerüttelt worden wäre.
    Erleichtert ließ sich Olli wieder auf dem Barhocker nieder und genoss das Gefühl, endlich verstanden worden zu sein. Als sich Nöffi mit einem Long-Drink-Glas zu den Eiswürfeln in Bewegung setzte, riss er mit seinem nassen Geschirrhandtuch zwei halbgezapfte Biere unter dem Zapfhahn weg, die klirrend auf dem Boden zerschellten.
    Sein Sitznachbar hüllte sich in Schweigen, er schien das schon öfter mitbekommen zu haben.
    Zeitungen lagen leider nicht aus, und so stierte Olli einfach nur durstig vor sich hin auf den Tresen. Irgendwann wurde ihm die Zeit zu lang. Er drehte sich zum Wirt um, der sein Gesicht bereits wieder krampfhaft verzerrt hatte, als wenn er der Belastung der Bestellung kaum noch länger standhalten könnte. Zumindest den Rum hatte er inzwischen über die Eiswürfel gegossen, und jetzt tröpfelte er mit angestrengter Miene akribisch die Cola hinzu. Skeptisch kontrollierte er in kurzen Abständen immer wieder den Füllstand.
    Mein Gott, dachte sich Olli, der zieht sich bestimmt mit der Kneifzange die Unterhose an.
    Irgendwann war es jedoch vollbracht. Prompt folgte Nöffis fleischiger Zeigefinger, der auf den von der Zapfanlage verbauten Zugriff zu seinem Tresenplatz hinwies. »Sie sind zum ersten Mal hier, richtig? Schauen Sie einmal, um den Biertropf komme ich immer so schlecht herum. Können Sie den Rum-Schuss nicht von der Seite zu sich nehmen?«
    Das konnte Olli natürlich, und der Wirt quittierte es mit einem dankbaren Lächeln. Er lehnte sich an den Tresen und wischte sich ob der gelungenen Auslieferung mit dem Geschirrhandtuch den Schweiß von der Stirn. Nun ja, essen würde Olli hier nichts.
    Sein Sitznachbar konnte sein Lachen kaum noch verbergen, als er Olli zuprostete. »Prost, ich bin Hans-Harald.« Nachdem sich Olli ebenfalls kurz vorgestellt hatte, hob Hans-Harald seine Handfläche über den Kopf. Das war für den Wirt das Signal, ein großes Bier einzuschenken. Der Mann hinter der Theke hatte nicht nur ein echtes Hörproblem, er war auch nicht mehr der Jüngste. Sicherlich gab es für Erdenkinder erstrebenswertere Orte, als in einem verlassenen Tanzsaal hinter einem Tresen seine Rente aufbessern zu müssen.
    Olli verspürte immer noch stechenden Durst, der durch den kleinen Long-Drink in keinster Weise gelöscht war. So bedeutete er dem Wirt mit der gleichen Handbewegung wie Hans-Harald über dem Kopf, dass er jetzt auch ein großes Bier ordern wollte.
    Nöffi sah ihn rätselnd an. »Mein Herr, möchten Sie etwas bestellen?«
    Jetzt übernahm Hans-Harald lautstark die Antwort. »Ja, das möchte er. Genau das Gleiche wie ich, also insgesamt zwei Halbe.«
    Der Wirt reagierte darauf mit Tränen in den Augen. »Nicht so laut, Hans-Harald. Denke an die anderen Gäste. Einfach die Hand über den Kopf halten, das reicht. Das machen alle hier so.« Er wendete seinen tadelnden Blick von Olli ab und bewegte sich über die unter seinen Sohlen knirschenden Glassplitter mit zwei großen Biergläsern auf den Zapfhahn zu. Ungefragt begann er die Vorzüge seines Etablissements zu preisen. »Ich gebe alles für meine lieben Gäste. Ich führe nur Biere aus Heimatbestand, dazu Markencola und Edellimo. Vino und Prosecco grundsätzlich nur aus Frankreich. Qualität wird bei mir groß geschrieben. Deswegen auch der gute Zulauf.« Nicht ohne Stolz wies er auf das Dosenkabinett hinter seinem Rücken, das die einschlägigen Marken repräsentieren sollte.
    Ollis mechanisches Nicken quittierte der Wirt mit einem kurzen, dankbaren Blick. Dann blickte er flehend zum Zapfhahn, um den Bierdurchfluss zu erhöhen. Premium-Bier, stand auf einem kleinen Reiter. Was tatsächlich aus seinem Zapfhahn rann, das schien keine Sau zu wissen, vermutlich nicht einmal er selbst. Sollte sich Patrick Immel in dieser Kaschemme tatsächlich wohl fühlen?
    Wenig später bekam Olli mit einem Augenzwinkern vom ächzenden Wirt endlich seinen Halben unter die Nase geschoben.
    Sein Sitznachbar prostete ihm zu. »Willkommen im Club!«
    Das verstand Olli nicht, aber er prostete beschwingt zurück. »In welchem Club auch immer. Bleibt es denn heute beim Totentanz?«
    Hans-Harald beschwichtigte ihn. »Abwarten. Meistens kommt um diese Zeit noch einmal Leben in die Bude, wenn die Shops schließen und die tanzwütigen Verkäuferinnen und Friseusen hier hereinschießen. Du kannst das Bier

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